Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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oft Nachrichten über kolonialen Bergbau übertrieben. 
So wurden aus dem kleinen leichten Fünf-Stempel- 
Pochwerk für die Kassama-Grube in Ostafrika in der 
zeitung fünf Pochwerke mit Stampfern und Lauge- 
werken. Ein Teil des Publikums aber mag dadurch 
getäuscht werden und es ist dies häufig ein Grund, 
warum sich vorsichtige deutsche Kapitalisten ablehnend 
kolonialen Unternehmungen gegenüber verhalten, was 
in den Kolonien sehr bedauert wird. Es wäre deshalb 
zu wünschen, daß sich die bedeutenderen Zeitungen 
bei Wiedergabe und Verbreitung solcher sensationellen 
Nachrichten größere Zurückhaltung auferlegten. 
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Im Anschluß an das Referat beschloß die Tech- 
nische Kommission folgenden Aufruf an deutsche 
Prospektoren im In= und Auslande zur Betäti- 
gung in Deutsch-Ost= und -Westafrika zu erlassen: 
Während in Deutsch-üdwestafrika, angeregt 
durch die Funde von Diamanten, Zinnerz und Gold, 
seit Jahren eine rege Schürftätigkeit besteht und die 
Produkte des Bergbaues im Jahre 1910 bereits eine 
Ausfuhr von über 33 Millionen Mark ergaben, fehlt 
es in Deutsch-Ostafrika und Deutsch-Westafrika an 
Prospektoren. 
In Deutsch-Ostafrika bilden die gesunden Hoch- 
länder des Seengebietes am sogenannten zentralafrika- 
nischen sowie diejenigen am ostafrikanischen Graben 
versprechende Gebiete, namentlich für Gold, Kupfer, 
Zinn und Rohle und sind mittels der bis Tabora 
fertiggestellten zentralbahn bequemer als früher zu 
erreichen. Die Ausfuhr aus Deutsch-Ostafrika an 
Mineralien betrug im letzten Jahre nahe an 1½ Mil- 
lionen Mark, davon nahezu 1 Million allein an Gold. 
In Togo findet sich Goldquarz und Alluvialgold, 
in Kamerun Glimmer, Kohlen, erdölhaltige Schiefer, 
Soolquellen, auch besteht Aussicht auf Zinnerg in 
gleicher Formation wie im zinnerzreichen Nigeria. 
Neu-Kamerun eunthält hauptsächlich Granit und 
kristallene Schiefer, über die Bodenschätze ist noch 
nichts bekannt. 
zur Erleichterung erstattet das Kolonial-Wirt- 
schaftliche Komitec bis auf weiteres gut empfohlenen 
Prospektoren, die sich über die erforderliche Erfahrung 
auszuweisen vermögen und hinsichtlich ihrer persönlichen 
Verhältnisse den in dem Schutzggebiet bestehenden 
Landungsvorschriften genügen, die Rosten der See— 
reise II. Klasse nach einem Hafen von Deutsch- 
Ost= oder -Westafrika. 
Drahtlose Telegraphie mit und in den 
Kolonien. 
Graf von Arco, Direktor der Gesellschaft für 
drahtlose Telegraphie, machte über drahtlose Tele- 
graphie mit und in den Kolonien u. a. folgende 
Mitteilungen: 
Für die Versuche, einen drahtlosen Verkehr nach 
den Kolonien herzustellen, ist in Togo eine Empfangs- 
station mit großer Antenne errichtet und die Versuchs- 
station der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie in 
Nauen sehr erheblich vergrößert und verstärkt worden. 
Die Versuche hatiten Anfang dieses Jahres begonnen 
und waren in vollem Gange. In der Budget-Kom- 
mission des Reichstages teilte der Staatssekretär des 
Reichopostamtes mit, daß es bei den Vorversuchen 
kürzlich gelungen sei, Teile der von Nauen gegebenen 
Nachrichten bei der provisorischen Empfangsstation in 
Togo aufzunehmen. 
Am 30. Märgz 12 Uhr mittags erfolgte das Unglück 
des Turmeinsturzes. Oierdurch sind die vielver- 
  
sprechenden Versuche auf 4 bis 6 Monate unterbrochen 
worden, bis ein neues Bauwerk das umgestürzte ersetzt 
hat. Die Turmkonstruktion bestand bekanntlich aus 
zwei Teilen, nämlich aus dem alten 100 m hohen 
Turm, welcher unten auf einem Kugelgelenk aufstand 
und in 75 m Höhe durch drei Spannstangen gehalten 
wurde. Auf dieses Bauwerk war ein zweiter 100 m 
hoher Turm wesentlich leichterer Konstruktion im Laufe 
des verflossenen Sommers aufgesetzt worden. Sein 
Fußpunkt stand auf dem oberen Ende des alten Turmes 
unter Zwischenschaltung eines Kugelgelenkes. Der neue 
obere Turm war im Gegensatz zum unteren Turm 
mit 3—3 Spannstangen verankert, von denen die drei 
untersten ziemlich dicht über dem Fußpunkt des oberen 
Turmes angriffen. Beide Türme waren gegen Erde 
bzw. gegeneinander durch Glaskörper isoliert. Der 
Einsturg des Turmes erfolgte bei etwa 27m Wind- 
stärke, welche als höchste Windstärke dieses Lages in 
dem Observatorium Lindenberg festgestellt wurde. Ein 
um diese Zeit vom Turm seitlich siehender Beamter 
sah, daß eine der drei Spannstangen des oberen 
Turmes auf der Windseite riß, der obere Turm un- 
mittelbar darauf einknickte und gleich darauf, sich über- 
schlagend, nach der Leeseite herabstür zte. Der fallende 
Turm beschrieb einen Bogen über die Stationshänser 
hinweg, in denen zur fraglichen Zeit etwa 40 Beamte 
und Arbeiter sich aufhielten. Obgleich er die gesamte 
Antennc, d. h. mehrere Kilometer 4 mm starke Phos- 
phorbronzedrähte, und die noch unversehrten Spann- 
stangen mit sich über die Dächer der Häuser hinweg 
herabriß, sind merkwürdigerweise weder Menschen noch 
Baulichkeiten beschädigt worden. Im Niederschlagen 
zertrümmerte er die eine der drei Spannstangen des 
unteren Turmes, und zwar diejenige auf der Leeseite. 
Der untere Turm wurde durch die noch immer erheb- 
liche Windstärke noch etwa sieben Minuten lang aufrecht 
erhalten. Als der Mind nachließ, zog das Gewicht 
der beiden unverletzten Spannstangen den Turm nach 
der Windseite herüber. Er stürzte gleichfalls um. 
Ein so hohes Bauwerk, wie dieser 200 m-Turm, 
bei dem außerdem auch noch auf besondere elektrische 
Anforderungen Rücksicht genommen werden muß, ist 
und bleibt leider stets nicht ganz ungefährlich. 
Ubrigens sind ähnliche Unfälle im vorigen Jahre 
bei der großen Empfangsstation in Togo mehrfach 
eingetreten. Seitdem aber die dortigen Konstruktionen 
erheblich verstärkt sind, halten die Türme gut. 
Die Einführung der drahtlosen Telegraphie in den 
Kolonien ist in erfreulicher Weise fortgeschritten. 
An der afrikanischen Westküste sind im Auftrage 
der Reichspost folgende Rüstenstationen fertiggestellt 
worden: 
In Kamerun die Station Duala, mit dem 
Oauptzweck, den Verkehr mit den vorbeifahrenden 
Schiffen auf große Entfernungen herzustellen. Die 
Station besitzt eine eigene Gleichstrom-Zentrale mit 
einem langsam laufenden Petroleum-Motor von 40 PS. 
Die Schirmantenne wird von einem 100 m hohen 
eisernen Gittermast getragen. Die zugeführte Hoch- 
frequenz-Energie beträgt 7.5 KW. Die atmosphärischen 
Störungen an dieser Stelle sind etwa ebenso stark wie 
in Togo. Die Telegramme von Duala werden in der 
nur 1000 km entfernten großen Empfangsstation in 
Togo klar und stark aufgenommen. 
In Südwest sind zwei etwas kleinere Küsten- 
stationen im Auftrag der Reichspostverwaltung fertig- 
gestellt worden, nämlich eine südlichere in Lüderitz= 
bucht und eine nördliche in Swakopmund. Beide 
Stationen erhalten ihre elektrische Energie aus dem 
Stadtnetz. Ihre Sendeapparate sind etwas kleiner 
und liefern der Antenne eine Hochfrequenz-Energie von
	        
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