G 410 20
oft Nachrichten über kolonialen Bergbau übertrieben.
So wurden aus dem kleinen leichten Fünf-Stempel-
Pochwerk für die Kassama-Grube in Ostafrika in der
zeitung fünf Pochwerke mit Stampfern und Lauge-
werken. Ein Teil des Publikums aber mag dadurch
getäuscht werden und es ist dies häufig ein Grund,
warum sich vorsichtige deutsche Kapitalisten ablehnend
kolonialen Unternehmungen gegenüber verhalten, was
in den Kolonien sehr bedauert wird. Es wäre deshalb
zu wünschen, daß sich die bedeutenderen Zeitungen
bei Wiedergabe und Verbreitung solcher sensationellen
Nachrichten größere Zurückhaltung auferlegten.
1 1
Im Anschluß an das Referat beschloß die Tech-
nische Kommission folgenden Aufruf an deutsche
Prospektoren im In= und Auslande zur Betäti-
gung in Deutsch-Ost= und -Westafrika zu erlassen:
Während in Deutsch-üdwestafrika, angeregt
durch die Funde von Diamanten, Zinnerz und Gold,
seit Jahren eine rege Schürftätigkeit besteht und die
Produkte des Bergbaues im Jahre 1910 bereits eine
Ausfuhr von über 33 Millionen Mark ergaben, fehlt
es in Deutsch-Ostafrika und Deutsch-Westafrika an
Prospektoren.
In Deutsch-Ostafrika bilden die gesunden Hoch-
länder des Seengebietes am sogenannten zentralafrika-
nischen sowie diejenigen am ostafrikanischen Graben
versprechende Gebiete, namentlich für Gold, Kupfer,
Zinn und Rohle und sind mittels der bis Tabora
fertiggestellten zentralbahn bequemer als früher zu
erreichen. Die Ausfuhr aus Deutsch-Ostafrika an
Mineralien betrug im letzten Jahre nahe an 1½ Mil-
lionen Mark, davon nahezu 1 Million allein an Gold.
In Togo findet sich Goldquarz und Alluvialgold,
in Kamerun Glimmer, Kohlen, erdölhaltige Schiefer,
Soolquellen, auch besteht Aussicht auf Zinnerg in
gleicher Formation wie im zinnerzreichen Nigeria.
Neu-Kamerun eunthält hauptsächlich Granit und
kristallene Schiefer, über die Bodenschätze ist noch
nichts bekannt.
zur Erleichterung erstattet das Kolonial-Wirt-
schaftliche Komitec bis auf weiteres gut empfohlenen
Prospektoren, die sich über die erforderliche Erfahrung
auszuweisen vermögen und hinsichtlich ihrer persönlichen
Verhältnisse den in dem Schutzggebiet bestehenden
Landungsvorschriften genügen, die Rosten der See—
reise II. Klasse nach einem Hafen von Deutsch-
Ost= oder -Westafrika.
Drahtlose Telegraphie mit und in den
Kolonien.
Graf von Arco, Direktor der Gesellschaft für
drahtlose Telegraphie, machte über drahtlose Tele-
graphie mit und in den Kolonien u. a. folgende
Mitteilungen:
Für die Versuche, einen drahtlosen Verkehr nach
den Kolonien herzustellen, ist in Togo eine Empfangs-
station mit großer Antenne errichtet und die Versuchs-
station der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie in
Nauen sehr erheblich vergrößert und verstärkt worden.
Die Versuche hatiten Anfang dieses Jahres begonnen
und waren in vollem Gange. In der Budget-Kom-
mission des Reichstages teilte der Staatssekretär des
Reichopostamtes mit, daß es bei den Vorversuchen
kürzlich gelungen sei, Teile der von Nauen gegebenen
Nachrichten bei der provisorischen Empfangsstation in
Togo aufzunehmen.
Am 30. Märgz 12 Uhr mittags erfolgte das Unglück
des Turmeinsturzes. Oierdurch sind die vielver-
sprechenden Versuche auf 4 bis 6 Monate unterbrochen
worden, bis ein neues Bauwerk das umgestürzte ersetzt
hat. Die Turmkonstruktion bestand bekanntlich aus
zwei Teilen, nämlich aus dem alten 100 m hohen
Turm, welcher unten auf einem Kugelgelenk aufstand
und in 75 m Höhe durch drei Spannstangen gehalten
wurde. Auf dieses Bauwerk war ein zweiter 100 m
hoher Turm wesentlich leichterer Konstruktion im Laufe
des verflossenen Sommers aufgesetzt worden. Sein
Fußpunkt stand auf dem oberen Ende des alten Turmes
unter Zwischenschaltung eines Kugelgelenkes. Der neue
obere Turm war im Gegensatz zum unteren Turm
mit 3—3 Spannstangen verankert, von denen die drei
untersten ziemlich dicht über dem Fußpunkt des oberen
Turmes angriffen. Beide Türme waren gegen Erde
bzw. gegeneinander durch Glaskörper isoliert. Der
Einsturg des Turmes erfolgte bei etwa 27m Wind-
stärke, welche als höchste Windstärke dieses Lages in
dem Observatorium Lindenberg festgestellt wurde. Ein
um diese Zeit vom Turm seitlich siehender Beamter
sah, daß eine der drei Spannstangen des oberen
Turmes auf der Windseite riß, der obere Turm un-
mittelbar darauf einknickte und gleich darauf, sich über-
schlagend, nach der Leeseite herabstür zte. Der fallende
Turm beschrieb einen Bogen über die Stationshänser
hinweg, in denen zur fraglichen Zeit etwa 40 Beamte
und Arbeiter sich aufhielten. Obgleich er die gesamte
Antennc, d. h. mehrere Kilometer 4 mm starke Phos-
phorbronzedrähte, und die noch unversehrten Spann-
stangen mit sich über die Dächer der Häuser hinweg
herabriß, sind merkwürdigerweise weder Menschen noch
Baulichkeiten beschädigt worden. Im Niederschlagen
zertrümmerte er die eine der drei Spannstangen des
unteren Turmes, und zwar diejenige auf der Leeseite.
Der untere Turm wurde durch die noch immer erheb-
liche Windstärke noch etwa sieben Minuten lang aufrecht
erhalten. Als der Mind nachließ, zog das Gewicht
der beiden unverletzten Spannstangen den Turm nach
der Windseite herüber. Er stürzte gleichfalls um.
Ein so hohes Bauwerk, wie dieser 200 m-Turm,
bei dem außerdem auch noch auf besondere elektrische
Anforderungen Rücksicht genommen werden muß, ist
und bleibt leider stets nicht ganz ungefährlich.
Ubrigens sind ähnliche Unfälle im vorigen Jahre
bei der großen Empfangsstation in Togo mehrfach
eingetreten. Seitdem aber die dortigen Konstruktionen
erheblich verstärkt sind, halten die Türme gut.
Die Einführung der drahtlosen Telegraphie in den
Kolonien ist in erfreulicher Weise fortgeschritten.
An der afrikanischen Westküste sind im Auftrage
der Reichspost folgende Rüstenstationen fertiggestellt
worden:
In Kamerun die Station Duala, mit dem
Oauptzweck, den Verkehr mit den vorbeifahrenden
Schiffen auf große Entfernungen herzustellen. Die
Station besitzt eine eigene Gleichstrom-Zentrale mit
einem langsam laufenden Petroleum-Motor von 40 PS.
Die Schirmantenne wird von einem 100 m hohen
eisernen Gittermast getragen. Die zugeführte Hoch-
frequenz-Energie beträgt 7.5 KW. Die atmosphärischen
Störungen an dieser Stelle sind etwa ebenso stark wie
in Togo. Die Telegramme von Duala werden in der
nur 1000 km entfernten großen Empfangsstation in
Togo klar und stark aufgenommen.
In Südwest sind zwei etwas kleinere Küsten-
stationen im Auftrag der Reichspostverwaltung fertig-
gestellt worden, nämlich eine südlichere in Lüderitz=
bucht und eine nördliche in Swakopmund. Beide
Stationen erhalten ihre elektrische Energie aus dem
Stadtnetz. Ihre Sendeapparate sind etwas kleiner
und liefern der Antenne eine Hochfrequenz-Energie von