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5 KW. Dementsprechend haben auch beide Schirm-
antennen eine geringere Höhe, nämlich nur 85 m.
Die Entfernung der beiden Stationen voneinander be-
trägt etwa 450 km. Beide Stationen haben als Küsten-
stationen die Aufgabe, den Verkehr mit den vorbei-
fahrenden Schiffen herzustellen, anderseits sollen sie
bei Tag und Nacht auch einen gegenseitigen Verkehr
ermöglichen. Swakopmund ist ganz fertiggestellt und
scheint den gestellten Anforderungen vollkommen zu ge-
nügen; in Lüderitzbucht fehlt noch ein Apparat für die
Stromlieferung, so daß die Erprobung als Sendestation
noch aussteht.
Die Signale der bereits in Betrieb befindlichen
Station Duala können zeitweise unter günstigen Ver-
hältnissen bei Nacht sogar in dem 3000 km entfernten
Swakopmund aufgenommen werden. Als RKüsten-
station nach einem Schiffe hin konnte Swakopmund
bisher nur einmal erprobt werden. Es gelang dabei,
bei Nacht bis auf 3800 km Telegramme dem Dampfer
„Prinz Regent“ der Deutschen Ost-Afrika-Linie zu über-
mitteln.
In Ostafrika stehen bekanntlich seit Jahr und
Tag die beiden Stationen am Victoria-Nyansa, nämlich
Muansa am südlichen und Bukoba am westlichen Ufer,
in ständigem guten Verkehr. Muansa hat 5 KW im
Luftdraht, Bukoba nur 2½ KW. Die Telegramme der
Station Muansa können bei Tage in Daressalam von
Schiffen ausgenommen werden, obgleich die 810 km
große Entfernung über bergiges Land führt.
Ein großes Stationsprojekt für die Südsee-
Kolonien geht seiner Vollendung entgegen. Es wird
geplant, ein gemeinschaftliches Unternehmen der Deutsch-
Niederländischen Telegraphen-Gesellschaft und der Tele-
funken-Gesellschaft zu gründen, welches den Betrieb
dieser Stationen übernehmen soll. Das Netz wird aus
folgenden Einzelstationen bestehen: Jap, Rabaul,
Nauru und Apia.
Die englische Regierung ist hinter den deutschen
Bestrebungen keineswegs zurückgeblieben. Vor etwa
einem Monat erhielt die Marconi-Gesellschaft von der
englischen Regierung den Aufstrag, an folgenden sechs
Stellen Groß-Stationen zu errichten: In London,
Cypern, Aden, Bangalore (Indien), Pretoria
(Südafrika) und Singapore.
Jede dieser Stationen wird von der englischen
Regierung mit 1,2 Millionen Mark bezahlt, ein Preis,
in den nicht eingeschlossen sind das Baugrundstück, die
Fundamentierungen und die Stationsgebäude. Anßer-
dem soll die Gesellschaft die ersten 28 Jahre 10 v. H.
der erzielten Einnahmen erhalten. Der Aertrag wird
dem Parlament jetzt vorgelegt werden. Dieses groß-
zügige Projekt ist von weittragender politischer und
strategischer Bedeutung für das britische Weltreich, nicht
minder bedeutungsvoll aber auch für die Marconi-
Gesellschaft. Diese wird aus den ihr bewilligten sehr
hohen Preisen einen derartigen Gewinn erzielen, daß
sie an anderen ihr wichtig erscheinenden Stellen auf
eigene Rechnung neue Stationen errichten kann, die
dann ihrerseits dieses Weltnetz erweitern und ergänzen.
Und in der Tat hat die Marconi--Gesellschaft in letzter
Zeit bereits verschiedenen Regierungen, wie z. B. der
portugiesischen. Anerbietungen auf Stationserrichtungen
gemacht, zu welchen sie nur auf Grund dieser in Aus-
sicht stehenden Gewinne in der Lage war, so daß
einige sehr wichtig gelegene spanische und portu-
giesische Küstenstationen das Netz bei der Fertig-
stellung sofort erweitern werden.
Das englische drahtlose Riesennetz wird vor einem
eventuellen später folgenden deutschen stets den großen
Vorteil voraushaben, daß es als größte Entfernungen
nur solche von annähernd 3000 km enthält, während
auf deutscher Seite iufolge des Mangels an politischen
Stützpunkten Entfernungen von 6000 km überwunden
werden müssen.
Daß in absehbarer Zeit eine drahtlose Telegraphie
auf 6000 km mit ebenso großer Sicherheit möglich sein
wird wie heute auf 3000 km, ist wohl bestimmt zu
erhofsen. Die Stationen werden aber etwa viermal
so teuer werden wie diesenigen für die halbe Ent-
fernung. Jedenfalls wird es gut sein, darauf zu
achten, daß neben dem britischen Weltnetz in absehbarer
Zeit ein konkurrierendes deutsches errichtet wird.
Automobilverkehr in den Kolonien.
Regierungsbaumeister Pflug-Berlin erstattete
über die Verwendung von Kraftfahrzengen in
den Kolonien einen Bericht, dem wir folgendes
entnehmen:
Der Verwendung von Kraftfahrzeugen in den
Kolonien stehen große Schwierigkeiten entgegen. Das
Kolonial-Wirtschaftliche Komitee hat bereits im Jahre
1904 einen Preis für ein deutsches Tropen-Automobil
ausgesetzt, leider vergeblich. Inzwischen sind zwar
einige Erfolge erzielt worden; bei weiteren Versuchen
muß aber doch mit Vorsicht vorgegangen werden,
wenn nicht Fehlschläge eintreten sollen, die der Sache
schaden.
Es kann keine Rede davon sein, daß ein Kraft-
fahrgeugverkehr hinsichtlich Leistungsfähigkeit mit einer
Eisenbahn in Wettbewerb treten kann. Die Eisenbahn
dient dem konzentrierten Lastenverkehr; der Vorzug
des Automobils liegt in seiner Beweglichkeit und Unab-
hängigkeit; alle Versuche, in den Kolonien mit Kraft-
wagen die Eisenbahn nachzuahmen, sind gescheitert.
Eisenbahn und Automobil sollen sich nicht Konkurrenz
machen, sondern sich gegenseitig ergängen. An Stellen,
wo ohne übermäßige Kosten eine brauchbare Straße
hergestellt werden kann, kommt das Automobil als
Zubringer für die Bahn, manchmal auch als Vorläufer
einer später zu bauenden Bahn in Frage.
Wenn man erörtern will, ob irgendwo der Anuto-
mobilbetrieb Aussicht auf Einbürgerung hat, so hat
man in erster Linie nach der Beschaffenheit der Wege
und Brücken zu fragen. Auf schlechten Straßen kann
es keinen Automobilverkehr in nennenswertem Umfange
geben. Nächst Aufklärung der Straßenverhältnisse sind
Feststellungen über Vorhandensein und Preis von Be-
triebsstoffen besonders wichtig. Nach den Betriebs-
stoffen hat man sich bei der Wahl der Betriebsart
zu richten. In Frage kommt nur der Betrieb mit
Dampfmaschine oder Verbrennungsmotor; elektrischer
Betrieb scheidet wegen Fehlens von Ladestationen und
wegen des großen Batteriegewichtes aus.
Mit Dampfautomobilen hat Oberleutnant Troost
in unseren Kolonien zuerst einen Versuch gemacht; das
Fahrzeug blieb aber vor Swakopmund im Sande
stecken. Im Jahre 1904 im Kongostaat angestellte
Versuche mit Thornycroft Dampflastzügen scheiterten
gleichfalls wegen des zu großen Fahrzeuggewichtes.
Im Rongostaat wurden dann mit Dampfautomobilen,
Bauart Goldschmidt, bessere Erfolge erzielt, wodurch
unsere Kolonialverwaltung sich im Jahre 1906 veranlaßt
sah, einen kleinen Dampflastwagen für Togo bei einer
deutschen Automobilfabrik zu bestellen. Das Fahrzeug
konnte aber nicht abgenommen werden, weil es sich
bei der Abnahmeprüfung zeigte, daß das Gesamtgewicht
mit 1 Tonne Nutzlast 34100 kg betrug, während es nach
dem Vertrage nur 2100 kg betragen sollte; auch waren
Aktionsradius und Fahrgeschwindigkeit kleiner als ver-
traglich vereinbart.