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Deutsch-Südwestafrika.
Ein Erkundungsritt in das Kaukau-Veld.
Von Hauptmann Miüller.
(Mit einer Kartenskizze und 8 Abbildungen.)
Von Grootfontein über Otjituo nach
Karakuwisa.
Nachdem am 24. August vor. Is. die 1. Kom-
pagnie vom Gouverneur besichtigt worden war,
trat sie am Nachmittag den Marsch von Groot-
fontein nach Otjituo an, das am 25. erreicht
wurde.
Hier blieben die Fahrzeuge, sämtliche Pferde
und Manltiere und einige Leute zurück. Dafür
wurden ein Polizeiwachtmeister und zwei Ein-
geborene vom Bezirksamt Grootfontein auf Ka-
melen beritten gemacht.
Am 26. erfolgte der Weitermarsch den Omu-
ramba abwärts. In den ersten Tagen ging es
ziemlich flott vorwärts. Späterhin bei Rüdiger-
Bley wurde das Vorwärtskommen durch dichten
Dornbusch, der sich eng wie eine Mauer zu-
sammenschloß, erschwert. Das Reiten war hier
unmöglich und es mußten ganze Strecken zu Fuß
zurückgelegt werden.
Ahnlich war es zwischen Kano-Vley und
Kawino-Vley. Glücklicherweise hatten hier die
Frachtfahrer, die nach Blockfontein fuhren, mit
ihren Fahrzeugen schon gut Bresche geschlagen,
sonst wäre es nicht möglich gewesen, die rund
180 km betragende Durststrecke Otjituo —Ka-
rakuwisa bis zum 1. September zurückzulegen.
(Wenn die Richtwege benutzt werden, die manch-
mal schwer zu finden sind, ist die Entfernung
kürzer.)
Die Weide für Kamele war außerordentlich
schlecht. Alle Bäume und Büsche waren kahl,
die Tiere haben kaum ein grünes Blatt in das
Maul bekommen. Die Pferdeweide war überall gut.
Besonders fiel auf, daß in dem großen Wild-
reservat, welches von Buschmann-Pütz bis nach
Karakuwisa heranreicht, außer Perlhühnern gar
kein Wild gesehen wurde.
Das Gelände zwischen Karakuwisa
und Kauara.
Karakuwisa liegt in einer kurzen, von
steilen Abhängen begrenzten sackartigen Seiten-
abzweigung des Omuramba-u-Omatako.
Während der Omuramba einen zwar dichten,
aber von südlicheren Teilen des Landes nicht
abweichenden Busch= und Baumbestand hat, zeigt
das Gelände östlich Karakuwisa einen für das
südwestafrikanische Auge ganz fremden Charakter.
Ein 80 km breiter Laubwald zieht sich bis
Kauara hin und gewährt dem Auge des
Reisenden einen prächtigen abwechslungsreichen
Anblick.
Hier ist es junges Stangenholz, das an eine
deutsche Eichenschonung erinnert, dort wieder,
wo das Laubdach etwas dichter wird, glaubt
man unter den herrlichen Buchen der Insel
Rügen zu reiten. Besonders sind es die mäch-
tigen Exemplare der Copaifera coelosperma
Benth., einer Verwandten der im Amboland
überaus häufigen Copaifera Mopane, die mit
ihren wunderbaren sattgrünen Laubkronen dem
Walde das Gepräge geben. Die Bäume hatten
bei nicht wenigen Exemplaren eine solche Stärke,
daß es dreier Leute bedurfte, um sie mit aus-
gestreckten Armen umfassen zu können.
Die Krone, welche sich zu dreifacher Höhe
über dem gelben glatten Stamm erhebt, könnte
mit ihrem weitverzweigten Astwerk einer ganzen
Buschmannswerft Schutz gegen Sonne und Regen
gewähren.
Der im großen Omuramba häufige Omum-=
borombonga (Combretum primigenium) ver-
schwindet und keine Acacia horrida-Giraffae oder
detinens erinnert an Südwestafrika. Als alten
Bekannten treffen wir nur das Gelbholz. Zahl-
reiche Berg-Sandseringen (I Kai-Baum — Burkea
africana), hohe schlanke Bäume mit doppelt ge-
fiederter Belaubung, begleiten uns auf unserem
Weg.
Lautlos ziehen wir weiter. Vornweg unsere
Führer zu Fuß im schlanken Trab. Eben und
weich ist der Boden. Hier und da liegt ein
Baumstamm über den Weg, sonst hindert nichts
den eilenden Tritt des Kamels. Keine Maus
hat hier gewühlt, kein Erdmännchen hat den
Boden durchfurcht. Nur die großen Höhlen des
Schakals und der Hyäne treffen wir an.
Dort steht ein wilder Apfelsinenbaum (Strych-
nos innoca), dessen Früchte aber noch zu grün
sind, um das Buschmannsherz zu reizen. Dafür
springen die gelben Burschen oftmals seitwärts
in die Büsche, um sich das schmackhafte Harz des
Ulka zu holen.
Auch die Mangetti-Frucht (Herero-Omungette)
des Ricinodendron Rauthanüi, die neuerdings
zur Olgewinnung ausgenutzt werden soll, findet
sich in den Sammeltäschchen unserer Führer.
In dem weichen Sande hebt sich die Wagen-
spur aus dem Jahre 1906 nur noch ganz schwach
ab. Oberflächlich von hellgrauner Färbung, ist
der Boden mit einer ganz feinen staubartigen
Humuserde gemischt. Uberall dringt dieser Staub
durch; wir unterscheiden uns in der Farbe bald
nicht mehr von unseren Eingeborenen.
Für Fahrzeuge ist das Gelände nach allen
Richtungen hin ohne Schwierigkeit zu passieren.