Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Hhölzer in die Hand, so weiß er zunächst nichts 
damit anzutngen. 
Wie komisch benimmt er sich, wenn ihm ein 
Spiegel vorgehalten wird. Nicht anders wie ein 
Affe, der zunächst nachsieht, was hinter dem 
Spiegel stech und dann anfängt, mit den Händen 
im Gesicht Herumzuklauben, um sich schön zu 
machen. Ein urkomisches Bild! 
Von deutscher Seite sind zwar Vorkehrungen 
getroffen, daß dieses jungfräuliche Land vorläufig 
noch unberührt bleibt. Aber von anderer Seite 
her sest die moderne Kultur ein. Unsere Nach- 
barn haben mit den Buichleuten bereits Handels- 
begiehungen angeknüpft. 
Wenn es bei der Kürze der Zeit auch nicht 
möglich war, eingehendere ethnologische Studien 
zu treiben, so möchte ich doch einiges, was ich 
anders beobachtet habe, als ich es bisher aus 
Reiseberichten kannte, und alles, was mir sonst 
noch interessant schien, nicht unerwähnt lassen. 
Passarge schätzt die Zahl der im Kaukau-Veld 
lebenden Buschmänner auf etwa 300. 
Es ist gewiß ungemein schwer, bei so zerstreut 
wohnenden, vagabundierenden Menschen auch nur 
zu einer annähernd wahrscheinlichen Schätzung 
zu gelangen, wenn nicht besondere Umstände dies 
begünstigen. 
Dies war auf dem Erkundungsritt der Fall. 
Seit 1906 hatte kein Weißer mehr das Land 
Lbetreten. Ebenso wie das Wild, wenn es nicht 
beunruhigt wird, aus seinem Versteck heraustritt, 
so auch die Bewohner des Busches. Von Jahr 
zu Jahr werden sie vertrauter und schließlich 
legen sie ihre Werften in unmittelbarer Nähe 
der Wesserstelle an. 
Nun näherte sich die Patrouille lautlos, denn 
weich und elastisch tritt das Kamel. Kein 
Klappern der Ausrüstung, kein Schreien des 
Tieres schreckte den Buschmann vorzeitig aus 
seinem Windschirm auf. Plötzlich sah er sich auf 
allen Seiten von weißen Männern umgeben. 
Es gab kein Entrinnen mehr. Schnell hatten 
die Führer verbreitet, daß wir in friedlicher Ab- 
sicht kommen und leicht war es, einen Uberblick 
über die Kopfzahl der Bewohner zu gewinnen. 
Hier lasse ich die Namen der bewohnten 
Plätze mit der ungefähren Einwohnerzahl folgen: 
Karakuwi.isfee 150 Köpfe 
(einschl. Weiber und Kinder) 
AchatzchüKa . 40 
Gugüssen.......70 
Bogara........70 
Kauara 200 
Geitza v Z v v v v v v 30 
Gaunnr 50 
Gautscha... 30 
Zusammen 630 Köpfe 
# #u r u # Ei“ 
  
Uber die Größenverhältnisse kann ich nur das 
sagen: Es sind mir unter all den Buschmann- 
stämmen, die ich in Koes, Arahoab, Aminuis, 
Gobabis und Rietfontein-Nord gesehen habe, 
niemals so große Männer zu Gesicht gekommen 
wie im Kankau-Veld. Leider ist es verabsäumt 
worden, Messungen vorzunehmen, um die Durch- 
schnittsgröße festzustellen. 
Wie von einer Seite behauptet wird, soll im 
Norden bereits eine Rassenvermischung zwischen 
Ovambo und Buschleuten stattgefunden haben, 
und baumlange Buschleute sollen infolgedessen 
dort nichts Außergewöhnliches sein. 
Auch Kaufmann gibt an, daß der Stamm 
bei Gam fast durchweg aus verhältnismäßig 
großen Leuten besteht, die auch nach gründlicher 
Wäsche eine etwas dunklere Färbung aufweisen. 
Letztere habe ich im nördlichen Kankau-Veld 
nicht beobachtet. Wenn hier wirklich schon Bluts- 
vermischungen vorgekommen sein sollten, so dürften 
dies große Ausnahmen sein. Im allgemeinen 
halte ich die Kungleute für rassenecht. 
Die Weiber sind alle klein und mit wenigen 
Ausnahmen von einer derartig ausgesprochenen 
Häßlichkeit, wie man sie nur bei Buschleuten 
findet. 
Es kommen auch Pygmäengestalten vor. Einen 
auffallend kleinen Menschen, der vollkommen aus- 
gewachsen war, sah ich in Karakuwisa. Er 
war nicht viel größer als unser Militärgewehr 
und maß 1,40 m. Aber auch dies ist eine Aus- 
nahme. 
Sehr selten sind jedoch mißgestaltete Personen, 
denn im allgemeinen sollen die Buschmänner solche 
Kinder, die mit einem Gebrechen behaftet sind 
oder nicht ernährt werden können, aussetzen. 
Nun ist allerdings das Kaukau-Veld reich an 
Feldkost. Der Ernährungszustand der Buschleute 
und die reiche Kinderschar, die in jeder Werft zu 
finden ist, läßt darauf schließen, daß es ihnen 
selbst in dem letzten so regenarmen Jahre nicht 
schlecht gegangen sein kann. 
Diese gute und reichliche Nahrung scheint mir 
aber der wahre Grund der auffallenden Größe 
und guten Körperentwicklung zu sein und nicht 
Blutvermischung. Wenn man hier die vielen 
kräftigen Kinder sieht und einen Vergleich mit 
den armseligen Gestalten zieht, wie ich sie so 
manchmal in der südlichen Kalahari getroffen 
habe, dann ist es nicht zu verwundern, daß die 
Leute des Nordens besser entwickelt sind. 
Am günstigsten liegen die Kostverhältnisse wohl 
in der Laubwaldzone. Dort besteht die Haupt- 
nahrung aus den roten Bohnen des Mopane- 
baumes. In großen Mengen findet man diese 
Früchte in jeder Hütte angesammelt. Vom frühen 
Morgen bis zum späten Abend kann man be-
	        
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