Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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Boden mit sich bringt. Wie jetzt wohl allgemein 
angenommen werden darf, erfolgt die Infektion 
von der Haut aus; die reifen Larven gelangen 
nach dem Eindringen durch die Haut, namentlich 
der nackten und rissigen Fußsohlen der Neger in 
die Lymphkapillaren oder Hautvenen und von da 
aus durch das Herz in die Lungen und weiter 
durch die Bronchien, den Kehlkopf, Osophagus in 
den Magen und Darm. 
Die Infektion durch das Trinkwasser spielt 
nicht die Rolle wie die Bodeninfektion. Zwar 
halten sich die Larven im Wasser mehrere Monate 
insektionsfähig, sie sinken aber infolge ihrer Schwere 
zu Boden, so daß fie erst beim Aufrühren des 
Wassers an die Oberfläche gelangen. Außerdem 
können aber auch durch unsaubere Lebensmittel 
oder durch unreine Hände die Larven in die 
Mundhöhle gebracht werden. Die ersteren kommen 
weiter insofern in Betracht, als die Larven infolge 
ihrer Beweglichkeit an den Gräsern und am 
niedrigen Gesträuch in die Höhe kriechen und bei 
dieser Gelegenheit auch beim Vorübergehen ab- 
gestreift werden und so in die Haut gelangen. 
Sicher kommt aber auch den beschmutzten 
Kleidern der Eingeborenen eine nicht zu unter- 
schätzende Bedeutung bei der Übertragung der 
Krankheit zu. Ferner sind namentlich auch die 
Waschstellen, wo ebenfalls der Boden lange Zeit 
feucht bleibt, eine Infektionsstätte für die Wurm- 
krankheit. 
Von diesen Grundsätzen ausgehend, bewegen 
sich die Bekämpfungsmaßregeln in erster Linie 
auf hygienischem Wege. Medikamentöse Mittel, 
namentlich auch das Thymol, haben nur vor- 
Übergehende Bedeutung und lassen in schweren 
Fällen fast ausnahmslos im Stich. Auf den 
Pflanzungen und größeren industriellen Betrieben 
ist es durchaus notwendig, daß die Leiter der 
Pflanzungen oder sonstiger Unternehmungen mit 
den Arzten zusammenarbeiten und einheitlich gegen 
die Seuche vorgehen. Auf einigen Pflanzungen 
des Lindibezirks ist es durch die Umsicht der Leiter 
gelungen, mit streng durchgeführten hygienischen 
Maßnahmen die Zahl der Kranken und Wurm- 
träger in wenigen Jahren um die Hälfte zu ver- 
kleinern. In erster Linie trugen dazu bei die 
Herstellung von geräumigen Wohnhütten für die 
Arbeiter und deren Familien, die gegen das Ein- 
dringen von Regen und auch sonst gegen Feuchtig- 
keit hinreichend geschützt worden waren. Weiter 
kam dazu als wesentlicher Faktor für die Be- 
kämpfungsmaßnahmen die Anlage zweckmäßiger 
Aborte sowohl in der Nähe der Wohnhäuser der 
Eingeborenen als auch in der Nähe der Betriebe. 
Bei der Anlage der Abortanlagen bei den F 
briken wird in der Regel den Sitten der Ein- 
geborenen zu wenig Rechnung getragen. Auch 
  
  
hier empfehlen sich kleinere Aborte für zwei oder 
höchstens drei Personen, die am besten aus- 
zementiert sind. Aborte für eine größere An- 
zahl von Leuten werden, auch wenn sie mit 
Trennungswänden versehen sind, nur ungern und 
selten benützt. Für jedes Wohnhaus wird zweck- 
mäßig ein besonderer Abort im geschlossenen Hof 
errichtet, der durch Strohbedachung und durch 
Seitenwände gegen Witterungseinflüsse geschützt 
ist. In dieser Beziehung können die Anlagen 
der Wohnhütten auf einer Pflanzung in der Nähe 
von Lindi geradezu als mustergültig bezeichnet 
werden. Hier sind je vier Häuser für Eingeborene 
in den Ecken eines mit Stacheldraht umgebenen 
Gevierts mit festen Lehmwänden und dichtem 
Strohdach errichtet. Eine jede Hütte ist für den 
Aufenthalt einer Familie berechnet. Jedes 
Quadrat ist durch Wände in vier gleiche Teile 
geteilt, so daß also jede Familie ein Viertel der- 
selben als geschlossenen Hof benutzen kann. Am 
hinteren Ende des Hofes sind die Aborte in der 
Weise angelegt, daß sie nur von den zu dem be- 
treffenden Haus gehörigen Eingeborenen benutzt 
werden können. Die Aborte sind aus Lehm- 
wänden aufgeführt, tragen ein dichtes Strohdach, 
die Grube ist 1½ bis 2 m tief, und außerdem 
sind sie durchweg geräumig und hell. Von Zeit 
zu Zeit werden die Aborte durch besondere Auf- 
seher auf die Reinlichkeit untersucht und bei Be- 
schmutzung die Bewohner der betreffenden Häuser 
zu einer Geldstrafe verurteilt. 
Eine zeitweise Desinfektion der Aborte ist an- 
gezeigt bei gemeinschaftlichen Latrinen in der 
Nähe von Arbeitsstellen der Fabriken (Zimmereien, 
Sisalentfaserung u. dgl.). In diesem Falle eignet 
sich zum Desinfizieren am besten Kalkmilch, die 
ja an der Küste auch leicht zu beschaffen ist, auch 
empfiehlt es sich hier sowohl die Abortgrube als 
das Falloch mit Zement auszumauern. Jedenfalls 
aber müssen die Gruben tief genug, mindestens 
aber 2 m tief, ausgeschachtet sein. Die Des- 
infektion mit Kalkmilch hat am besten jede Woche 
einmal zu erfolgen. 
Eine strenge Scheidung der größeren gemein- 
schaftlichen Aborte für Männer und für Frauen 
ist selbstverständlich. 
Bei Arbeiten auf den Pflanzungen, wo Aborte 
nicht angelegt werden können, ist es notwendig, 
daß jeder einzelne Mann beim Austreten seine 
Fäkalien mindestens 30 cm tief vergräbt, indem 
er mit einer Hacke ein Loch von etwa 30 bis 
40 em Tiefe gräbt und dieses nach der Defäkation 
wieder reichlich mit Erde bedeckt. 
Da auch die Lagerplätze an den Karawanen- 
straßen durch Träger und Arbeiter, die entweder 
zur Küste wandern oder von da nach Hause 
zurückkehren, mit Ankylostomen verseucht werden, 
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