Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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geben, ihre Gesetze dem größeren Spielraum an- 
zupassen; ohne weiteres sei aber an den be- 
stehenden enger gefaßten landesrechtlichen Be- 
stimmungen noch nichts geändert worden. Preußen 
habe jedoch tatsächlich die einschränkende Be- 
stimmung des § 1 Nr. 1b seines Einkommensteuer- 
gesetzes bestehen gelassen. 
auf den Steuerpflichtigen Anwendung finden. 
Die Berufung ist von der Berufungskommission 
mit folgender Begründung zurückgewiesen worden: 
„Die Veranlagung mußte gemäß Artikel 1 
Nr. 1e aufrecht erhalten werden. Die Ande- 
rung des genannten Artikels beruht auf dem 
abgeänderten Doppelsteuergesetz vom 22. März 
1909, § 2 Abs. 3. Danach ist der dienstliche 
Wohnsitz nur maßgebend, wenn der Pflichtige 
entweder im Schutzgebiet auch einen Wohnsitz 
oder in keinem Bundesstaat einen Wohnsitz hat.“ 
Mit dem hierin erwähnten „Artikel 1 Nr. 1c“ 
ist offenbar der Artikel 1 Nr. 16 der im Jahre 
1909 nach Inkrafttreten des neuen Doppelsteuer- 
gesetzes abgeänderten Ausführungsanweisung des 
Finanzministers vom 25. Juli 1906 gemeint. 
Der Artikel 1 in der ursprünglichen Fassung ent- 
hielt eine Steuerbefreiung für diejenigen Preußen, 
„welche neben einem Wohnsitze in Preußen in 
einem andern Bundesstaate oder in einem deutschen 
Schutzgebiete ihren dienstlichen Wohnsitz haben."“ 
Diese Ausnahmebestimmung ist in der abgeän- 
derten Ausführungsanweisung auf diejenigen 
Preußen beschränkt worden (Artikel 1 Nr. 1c): 
awelche zwar einen Wohnsitz in Preußen, aber 
in einem andern Bundesstaat oder in einem 
deutschen Schutzgebiet ihren dienstlichen Wohnsitz 
und auch einen Wohnsitz im Sinne des 
§ 1 Absatz 2 des Doppelsteuergesetzes 
haben“, d. h. einen tatsächlichen Wohnsitz haben. 
Die mit der Beschwerde angegriffene Be- 
rufungsentscheidung unterliegt wegen unzureichen- 
der Begründung der Aufhebung, weil die Be- 
rufungskommission ein Eingehen auf den § 1 
Nr. 1b des Einkommensteuergesetzes, auf welches 
der Steuerpflichtige seinen Befreiungsanspruch 
allein stützt, gänzlich unterlassen hat. Sollte sie 
etwa meinen, daß das Einkommensteuergesetz durch 
  
Sie müsse deshalb auch 
  
jene Ausführungsbestimmung des Finanzministers 
materiell geändert worden sei, so wäre diese An- 
sicht unhaltbar, weil dem Finanzminister im § 88 
des Einkommensteuergesetzes nur die Befugnis 
zur „Ausführung dieses Gesetzes"“, nicht 
aber zu seiner materiellen Anderung beigelegt ist. 
Bei freier Beurteilung ist die Sache spruchreif. 
Die rechtlichen Erwägungen des Steuer- 
pflichtigen sind zutreffend. Für seine Veranlagung 
zur Einkommensteuer sind die Vorschriften des 
preußischen Einkommensteuergesetzes maß- 
gebend, insoweit sie nicht etwa reichsrechtlichen 
Bestimmungen entgegenstehen. Dies ist bei der 
oben zitierten Befreiungsvorschrift des § 1 Nr. 1b 
des Einkommensteuergesetzes nicht der Fall. Es 
ist auch nicht erkennbar, daß diese Befreiungs- 
vorschrift von den verfassungsmäßig zuständigen 
Organen abgeändert wäre. Ist sie aber noch 
rechtsgültig, dann muß sie auch auf den Steuer- 
Ppflichtigen Anwendung finden, denn er hat neben 
einem Wohnsitze in Preußen seinen dienstlichen 
Wohnsitz in Afrika, und zwar in Windhuk, 
wie aus Anfrage des Gerichtshofes von dem 
Staatssekretär des Reichs-Kolonialamts amtlich 
mitgeteilt worden ist. Die Annahme einer Ver- 
legung des dienstlichen Wohnsitzes durch Abkom- 
mandierung auf längere Zeit — wie sie im 
Artikel 39 Nr. 2 Abs. 2 und 3 der Ausführungs- 
anweisung des Finanzministers erörtert worden 
ist — kann außerdem hier nicht in Frage kommen, 
weil der Artikel 39 Nr. 2 Abs. 2 und 3 nach der 
eingeholten Erläuterung des Finanzministers vom 
23. Februar 1912 auf die Angehörigen der süd- 
westafrikanischen Schutztruppe keine Anwendung 
findet, da die Servisbestimmungen, welche zu den 
Absätzen 2 und 3 des Artikels 39 a. a. O. Anlaß 
gegeben haben, für die südwestafrikanische Schutz- 
truppe formell nicht eingeführt sind, was auch 
der Staatssekretär des Reichs-Kolonialamts be- 
stätigt hat. 
Hieraus ergibt sich die Freistellung des Steuer- 
pflichtigen von der zu Unrecht auf ihn veranlagten 
Einkommensteuer. 
Die Entscheidung wegen der Kosten gründet 
sich auf § 54 des Einkommensteuergesetzes. 
  
Kolonialwirtschaftliche (Mitteilungen. 
  
Der kolonlale Baumwollbau und Sandel 
und Industrie. 
Die erfreuliche Tatsache einer sachlichen Üüberein- 
ung aller Parteien des Reichstags bei Gewäh 
Hoeblich größerer Reichsmittel für den kolonialen 
aumwollbau hat die Aufbringung verstärkter Mittel 
aus Handel und Industrie außerordentlich günstig be- 
einflußt. Gegenüber 1909 hat, dem Aufruf 1913 des 
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees folgend, die drei- 
fache Zahl an Industrie-Verbänden und Han- 
delskammern eine umfangreiche Propaganda aufge- 
nommen; fortgesetzt melden neue Verbände der Textil- 
Veredlungsindustrie, der Baumwollwaren-Ausrüster und 
auch fernerstehenden Industrien, wie der Kohlen= und 
Kabelindustrie, ihre Mitarbeit an. Der Deutsche Handels-
	        
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