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pischen Hochländern ist aber für den Europäer
die Möglichkeit, sich dort eine sichere wirtschaft-
liche Existenz zu gründen, wie solche auf den
amerikanischen Hochländern durch Bergbau, Vieh-
zucht, Ackerbau und Handel in reichem Maße
gegeben ist. Aber selbst da, wo die Möglichkeit
wirtschaftlicher Existenz für Weiße nicht gegeben
wäre, wäre der Besitz von Hochlandgebieten als
sehr wertvoll zu bezeichnen, weil auch temporärer
Aufenthalt daselbst zur Erholung der Tiefland-=
ansiedler häufig genügen dürfte und ihnen manche
teure Reise in Länder der gemäßigten Zone
ersparen könnte. «
Wenn wir unsere deutschen Tropenkolonien
überschauen, so zeigt sich, daß in Deutsch-
Ostafrika und Kamerun viel malariafreies Hoch-
land vorhanden ist; doch wird erst die Zukunft zu
zeigen haben, ob für größere Mengen von Euro-
päern die Möglichkeit selbständiger wirtschaftlicher
Existenz gegeben ist; ob in unseren Südseeschutz-
gebieten, namentlich Kaiser-Wilhelmsland, größere
befiedelbare Flächen in bedeutender Höhe vor-
handen find, wissen wir noch nicht.
Aber auch die mäßig hohen Gebirgsgegenden
tropischer Länder, die man im spanischen Amerika
als Tierra templada bezeichnet, eignen sich, wie
es scheint, noch recht gut zur dauernden Ansied-
lung für Europäer, sofern die schwere körperliche
Arbeit Eingeborenen überlassen wird. So stellt
Dr. Rothschuh, der 13 Jahre lang in Nicaragua
teils im Hoch-, teils im Tieflande als Arzt prak-
tiziert hatte, fest.'z) daß die dauernd in den
kühleren Regionen Nicaraguas (um 900 bis 1200 m)
wohnenden Weißen sich einer ganz guten Gesund-
heit erfreuen und daß dort „Akklimatisation der
weißen Rasse bei vernünftiger Lebensweise und
Vorhandensein geeigneter ärztlicher Hilfe durchaus
möglich“ sein dürfte, selbst für den Fall, daß die
Männer im Tiefland arbeiteten, wenn nur Frauen
und Kinder im Hochland blieben. Dieses Gut-
achten, das sich durchaus mit meinen Eindrücken
aus Guatemala deckt, scheint mir insofern weite
Ausblicke zu eröffnen, als auch in unseren deutschen
Tropenkolonien ausgedehnte Gebiete in ähn-
lichen Höhenlagen liegen und diese sich für eine
Reihe lohnender Tropenkulturen eignen. Auch
in Deutsch-Neuguinea gibt es derartige Gebirgs-
gegenden, doch hat man ihre wirtschaftliche
Ausnutzung bisher nur wenig ins Auge gefaßt;
immerhin erfreuen sich einige höher gelegene
Stationen (Sattelberg, Toma) bereits eines ge-
wissen Rufs als Erholungsstationen.
Günstiger vielleicht als Neupommern und
selbst wohl der größere Teil von Kaiser-Wilhelms-
Schriften des Vereins für Sozialpolitik, 147, 2.
München und Leipzig 1912.
land dürfte Neumecklenburg für Anlage von
Erholungsstationen und dauernden Europäer-
ansiedlungen beschaffen sein, denn es besitzt trotz
der Schmalheit der Insel einige relativ ansehn-
liche Hochlandflächen, die einer kleinen Zahl von
Europäern die Schaffung einer selbständigen
wirtschaftlichen Existenz in gesunder Höhenlage
(600 bis 1000 m) gestatten könnten.
Ich meine hier in erster Linie das Hochland
von Lelet, das etwa 800 m mittlerer Höhe besttzt
und vor anderen Hochländern der Insel den
Vorzug hat, weithin verhältnismäßig dicht be-
siedelt und deshalb auch entwaldet zu sein.
Außerdem ist es aber auch recht leicht zugänglich,
und es ist ein Verdienst Dr. Büchers, Anfang
1912 einen Zugangspfad zu diesem Hochland ge-
funden zu haben, der so gleichmäßiges Gefälle
zeigt, „daß man ihn mit Ausnahme nur weniger
kürzerer Strecken mit geringer Mühe zu einem
für Maultiere und Pferde gangbaren Saumpfad
ausbauen könnte“"“).
Das Hochland selbst stellt ein Karstplatean
mit zahlreichen tiefeingesenkten Dolinen vor und
erinnerte mich seiner landschaftlichen Erscheinung
wie seiner physischen Beschaffenheit nach im
höchsten Grade an die Hochländer der Alta
Verapaz in der Republik Guatemala, wo ich in
Höhen zwischen 600 und 1300 m 12 Jahre lang
auf Kaffeepflanzungen gewohnt hatte (davon
1½ Jahre lang als praktischer Pflanzer). Was
wunder, daß ich in meinem Bericht über eine
1908 in amtlichem Auftrag unternommene For-
schungsreise nach Neumecklenburg““) dies Gebiet
als geeignet für Kaffeebau (und Viehzucht) be-
zeichnete. Ich glaubte mich zu einem solchen
Urteil um so mehr berechtigt, als ich selbst in
der Alta Verapaz 1890 eine Kaffeepflanzung an-
gelegt habe, die großenteils auf ganz gleich-
artigem Karstland steht und noch heute gute Er-
träge liefert, und als ich auf urwaldbedecktem,
damals fast unbefiedeltem Regierungsland 1889
eine ganze Anzahl von Ländereien ausgesucht
habe, die später mit Erfolg mit Kaffee bepflanzt
worden sind. Angesichts dieser praktischen Er-
fahrungen bin ich überzeugt, daß etliche erfahrene
und sparsam wirtschaftende Kaffeepflanzer auf dem
„Deutsches XXIII. Nr. 12,
Frühere wie
dieses oder
waren nicht
BProf.
einen so
M
in eines un-
änzungsheft 3 der Mitteilungen aus den
khutcheh. Berlin 1910.
deutschn