Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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vorliegendem Falle nicht, da gemäß § 77 der S. V. B. 
und § 10 der Ausführungsverordnung vom 15. Mai 
1909 die zur Genehmigung berufene bbafschteeckr 
das Bezirksamt Swakopmund gewesen ist. Dieses 
aber konnte eine Stralbesuems an die Stadtverwaltung 
nicht delegieren. Daß das Bezirksamt angewiesen ist, 
die Genehmigung nicht ohne vorherige Einholung der 
  
Zustimmung des Gonvernements auszusprechen und 
diese Genehmigung daher erteilt sein muß, ist eine 
mürne Verwaltungsan elegenheit, die Wirkungen nach 
außen, wie es eine Übertragung einer Strafsetzungs- 
befugnis in hervorragendem Maße ist, nicht zur Folge 
haben kann 
Hiernach hat sich der Augeklagte einer Zuwider- 
handlung gegen eine gültige Strafbestimmung durch 
den Verkauf F Uhrkette nicht schuldig gemacht und 
war deshalb freizuspr rechen. Diese Freisprechung 
kommt im ersten Urteil durch die Aufhebung des Be- 
scheides der Stadtverwaltung vom 20. November 1909 
  
in genügender Weise zum Ausdruck, so daß die Be- 
ufung deegen. dieses Urteil zu verwerfen war. Eine 
Folge der hier vertretenen Auffassung, daß § 8 
G. V. vom 28. Oktober 1909 eine Stefponschut 4er 
hält, ist es, daß eine Einziehung des Strafbetrages 
durch die zum Erlaß eines Strafbescheides nicht be- 
fugte Stadtverwaltung in jedem Falle unzulässig ist. 
Ob endlich der Gemeinderat überhaupt befugt war, 
eine Besteuerung der auswärtigen Handlungsreifenden 
in der in der Gemeindeverordnung vom 28. Oktober 1909 
enthaltenen Art anzuordnen oder ob er 11ch 2 in 
Widerspruch mit der Vorschrift des § 4 Satz 2 der 
noch nicht aufgehobenen Gouvernementsverordnung 
vom 27. November 1908 setze und welches eventuell 
die Rechtsfolgen dieses Widerspruchs sind, brauchte hier 
nach dem oben ausgeführten nicht geprüft zu werden. 
Auf die Entscheidung dieser Frage würde es erst in 
einem etwaigen Zivilprozesse auf Rückzahlung des für 
den Handelsschein gezahlten Betrages ankommen. 
Nr. 15. 
Auszug aus dem Urtell des Kaiserlichen Obergerichts in Daressalam vom 22. Dezember 1910. 
(Amtl. Anz. für D. O. A. 1918, S. 65.) 
Ein Polizeiaskari ist ein zur Vollstreckung von 
Gesetzen, Befehlen und Anordnungen der Verwaltungs- 
behörden berufener Beamter des Schutzgebiets 
im Sinne des § 118 R. St. G. B. 
Der Angeklagte S. vermißte bei seinem Heimgang 
aus einer Wirtschaft gegen 1 Uhr nachts seinen Fluß- 
pferdstock; er begab sich zu dem vor der Polizeiwache 
auf Posten stehenden Askari M. und forderte ihn auf, 
mit der Laterne den Stock suchen zu helfen. Als 
dieser bemerkte, er könne den Posten nicht verlassen, 
veriegte ihm der Angeklagte mit der Hand einen Schlag 
ins Gesicht. 
Wegen dieser Zgta verurteilte das Bezirks- 
gericht zu einer Woche Gefängnis. 
Die Berusung des Angeklagten hiergegen wurde 
vom Obergericht zurückgewiesen und auf die Berufung 
des Staatsanwalts das erstinstanzliche Urteil auf- 
gehoben und der Angeklagte wegen Körperverletzung 
im einheitlichen Zusammentreffen mit Widerstand gegen 
die Staatsgewalt zu zwei Wochen Gefängnis verurteilt, 
und zwar aus folgenden Gründen: 
Die Polizeiaskaris seien im Dienste des Schutz- 
  
angestellt, mithin Beamte und in dieser ihrer Eigen- 
schaft insbesondere auch zur Vollstreckung von Gesetzen, 
Besehlen und Anordnungen der Verwaltungsbehörden 
berufen. Einen solchen Beamten habe der Angeklagte 
durch die Kaörperverletzung zugleich tätlich angegriffen, 
und zwar während der rechtmäßigen Ausübung seines 
Amtes. Daß sich der Askari im Dienst befand, sei 
äußerlich erkennbar gewesen, da er in voller Uniform 
mit umgeschnalltem Seitengewehr auf Posten ge- 
standen habe. 
Bei der Strafzumessung seien die mehrfachen Vor- 
strafen des gewalttätigen Angeklagten wegen Kö # 
verletzung und Bedrohung sowie der Umstand 
berücksichtigen gewesen, daß die Mißhandlung des ) 
lediglich aus dem Grunde, weil er seiner Instruktion 
nicht habe zuwiderhandeln wollen, eine niedrige Ge- 
sinnung verrate. Durch derartige Ubergriffe werde 
nicht nur das Ansehen der weißen Bevölkerung bei den 
Eingeborenen auf das bedenklichste untergraben, son- 
dern der verletzte Farbige zum tätlichen Vorgehen 
gegen den Europäer gereizt. Personen, wie dem An- 
geklagten, fehle anderseits die Einsicht, daß auch 
farbige Polizeibeamte, deren pflichttreue Dienstleistung 
och im Interesse der Europäer selbst läge, zu respek- 
B- 
gebiets zur Wahrung öffentlichrechtlicher Funktionen s tieren seien. 
Nr. 16. 
Auszug aus dem Beschluß des Ralserlichen Obergerichts in Daressalam vom 26. Hpril 1911. 
(Amtl. Anz. für D. O. A. 1913, S. 75.) 
Ein griechischer Staatsangehöriger hat bei 
den Gerichten des Deutsch-Ostafrikanischen Schutzgebiets 
den dreifachen Gebührenvorschuß nach § 85 des 
Gerichtskostengesetzes zu gahlen. 
In Sachen des Hotelbesitzers K. gegen den Hotel- 
pächter 9. hatte das Bezirksgericht Daressalam die 
Anberaumung eines Verhandlungstermins bis zur 
Zahlung des vom Kläger als griechischen Staats- 
angehörigen geforderten Kostenvorschusses abgelehnt. 
gegen diese Verfügung von dem Kläger ein- 
Fere ut wies das Obergericht zurück aus 
olgenden Gründe 
Nach § 85 ¾ a. G. hätten Ausländer, die als 
Kläger auptreren, das Dreifache des im § 81 be- 
  
stimmten Betrages als Vorschuß zu zahlen. Vor der 
Zahlung sei die Vornahme jeder gerichtlichen Handlung 
abzulehnen, sofern nicht glaubhaft gemacht werde, daß 
die Verzögerung dem Ausländer einen nicht zu er- 
setzenden bachteil (hrinen werde. Diese Vorschrift 
finde nach § 85 a. u. O., abgesehen von den 
hier nicht Fesa unter Zifser 2 bis 6 ge- 
nannten Fällen, nur dann keine Anwendung, wenn die 
Gegenseitigkeit verbürgt sei. Das Vorhandensein 
dieser Voraussetzung müsse, wenn es nicht gerichts- 
kundig sei, vom Kläger nachgewiesen werden. In Be- 
tracht komme der zwischen dem Deutschen Reiche und 
Veicchenland ögeschlossene Staatsvertrag vom 9. Juli 
5 S. 23). Der Artikel 3 Abs. 2 
14½ Vertrages En sich indes, wie der vorher-
	        
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