Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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sie von Leutnant von Behr mit einer Hand 
voll Soldaten (40 Gewehre) zwei Stunden lang 
aufgehalten, obwohl sie mit etwa 600 Soldaten 
und einer großen Anzahl Offizieren gegen seine 
Stellung angingen. Erst am nächsten Tage, den 
15. November, rückte diese Abteilung weiter gegen 
Buea vor; sie zog, nachdem auf den beiden 
Flanken von Victoria und Mpundu her die anderen 
feindlichen Abteilungen herangekommen waren, 
in Stärke von etwa 2500 farbigen englischen 
und französischen Soldaten unter Führung des 
englischen Obersten Georges, begleitet von Ge- 
birgsgeschützen und einem großen Troß von 
Trägern, in Buea ein. Hauptmann Gaiser und 
seine tapfere Schar waren durch die Ubermacht 
erdrückt, umzingelt und gesfangengenommen worden. 
Nur Leutnant d. R. Thiede und Leutnant d. R. 
Hoffm ann mit einer Abteilung schwarzer Sol- 
daten war es gelungen, der Umzingelung zu 
entgehen und den Verfolgern über sehr hoch ge- 
logene Gebiete des Kamerunberges hinweg nach 
Johann-Albrechtshöhe zu entkommen. Drei andere 
Weiße sind bei diesem Versuch von feindlichen 
Kugeln ereilt worden: Regierungsarzt Dr. Bor- 
chert, dem, nachdem er gefallen war, die 
Rote-Kreuzbinde von den Engländern 
vom Arm weggenommen worden sein soll, 
Leutnant d. R. Scheer und Zahlmeister Wiese 
haben auf der Flucht nach Johann-Albrechtshöhe 
ihr Leben lassen müssen. 
Englische Meldungen aus Tuala berichten 
Anfang Januar d. Js., „ein kleinerer Teil der 
Streitkräfte im Gebiet des Kamerunberges, etwa 
10 Weiße und 100 farbige Soldaten, hätten sich 
nach einem Uberfall auf eine englische Patronille 
durch das von den Engländern besetzte Gebiet 
durchgeschlagen und auf der Regierungsstation 
Johann-Albrechtshöhe, die auf einer von Natur 
aus sehr geschützten Höhe liegt, verschanzt, auch 
bisher jedem Angriff getrotzt; es sei eine Operation 
großen Stils gegen das kleine Fort nötig." 
Nach der Meldung des Gonverneurs hat diese 
Abteilung jedoch noch im November Johann- 
Albrechtshöhe vor der Ubermacht geräumt und 
aller Wahrscheinlichkeit nach sich mit der Haupt- 
macht bei Dschang vereinigt. 
Engländer und Franzosen waren enttäuscht 
und beschämt, eine große Expedition mit 2000 
bis 3000 Mann und einer größeren Anzahl von 
Geschützen gegen den Ort Buea unternommen zu 
haben, der durch kaum 200 Mann gesichert war 
und im übrigen Nichtkämpfer, Frauen und Kinder 
barg. Während die Engländer mit ihren schwarzen 
Soldaten sich in dem friedlich gelegenen, nur mit 
Beamtenwohnhäusern und Verwaltungsgebäuden 
ausgestatteten Buea einrichteten, waren die Fran- 
  
zosen nach Sopo, dem Sitz des Kommandos 
der Schutztruppe, gezogen. 
Zu den Übergabeverhandlungen zwischen dem 
stellvertretenden Bezirksamtmann in Buea, Re- 
gierungsassessor Kaiser, und dem hierzu bestimmten 
englischen Major gibt ein Deutscher, der als 
Dolmetscher dabei fungierte, u. a. folgende Dar- 
stellung: 
„Wir wiesen den englischen Major auf die Haager 
Konvention hin, die verbietc, die am Kampf nicht be- 
teiligten zivilpersonen als Priegsgefangene zu be- 
handeln. Der Masor erklärte darauf kurz: „Uns 
sindalle Deutschen gefährlich, auch die Frauen“. 
So kam es, daß auch letztere die übliche ehrenwört- 
liche Erklärung. die die Engländer verlangten, unter- 
schreiben mußten. Im übrigen erklärte der Major, er 
wolle nicht mit uns über die Richtigkeit seiner Hand- 
lungen diskutieren, „er befehle"“. Die Engländer fragten, 
ob denn in der Umgebung von Buea deutsche Truppen 
sich befänden, worauf jede Auskunft verweigert wurde. 
Im Verlaufe der darauf folgenden Tage wurde die 
Vernehmung der gesangengenommenen Deutchen durch 
die Engländer vorgenommen. Die Eugländer nahmen 
nicht nur von den Militärpersonen, sondern auch von 
sämtlichen Zivilisten die ehrenwörtliche Erklärung ab, 
und zwar schriftlich, wonach wir uns verpflichteten, im 
Verlaufe dieses Krieges nichts Nachteiliges gegen Eng- 
land und seine Verbündeten zu unternehmen. Wir wurden 
zunächst bis zum Eintreffen der von Duala seitens 
des Generals der englischen Truppen erwarteten Order 
auf freiem Fuß belassen mit Ausnahme derjenigen, die 
aus der Umgebung Bueas stammten. Diese wurden, 
unabhängig, ob es Militärpersonen oder Zivilisten 
waren, gefangengenommen. Indes gelang es uns, 
einige Pflanzer auf Bitten frei zu bekommen und ihnen 
die Erlanbnis zu erwirken, auf ihre Pflanzungen zurück- 
zukehren. Im übrigen war ganzg AuNca von einer 
Postenkette umgeben. Verpflegen mußten wir uns in 
dieser Zeit selbst: genügend Lebensmittel waren noch 
vorhanden. Das Einvernehmen zwischen den 
englischen und französischen Offizieren war 
ein sehr schlechtes. 
U. a. hatten auch zwei Oberbeamte ihre Wohnungen 
an die englischen Offigiere abgetreten; ihre Sachen 
hatten sie verschlossen dort zurückgelassen. Die eng- 
lischen Offiziere haben nun nicht nur den vor- 
handenen Wein ausgetrunken, sondern haben auch alle 
Behältnisse mit Nachschlüsseln geöffnet und sich sämt- 
liche Wüsche und Kleidungsstücke angeeignet. 
Die beiden Beamten stellten dies fest, nachdem die 
englischen Offiziere ihre Quartiere wieder verlassen 
hatten. Im allgemeinen haben indessen die Englänser 
sich bemüht, auf Orduung in Buea zu halten. Die 
Verhandlungen in Buen gogen sich bis zum 22. No- 
vember hin. Etwa am 19. traf der von Dnala be- 
orderte politische Beamte ein, der uns im Verlaufe 
der nun stailtgehabten Verhandlung die Mitteilung 
machte, daß wir alle, sowohl Militärpersonen wie 
Zivilisten, auch die Frauen und Kinder, kriegegefangen 
wären, das wir alle nach Dunala und von dort nach 
Lagos müßten, wo von England aus weiter über uns 
verfügt werden würde. Die gefangenen Deutschen 
Bucasd sind in zwei Abteilungen von Buea weggeführt 
worden. Die Frauen fuhren bis Sopo in einem 
Wagen und von dort mit der Bahn der W. A. P. V. nach 
Bictorin. Jeder Mann konnte bis zu zwei, jede Frau bis 
zu drei Traglasten mitnehmen, für jedes Kind wurde eine 
weitere Traglast gestatiet. Die gefangengenommenen 
Offiziere (Gauplmam Gaiser, Leumnant von Behr, 
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