W. 139 28
tember ist mit Ausnahme von einigen wenigen
Häusern jedes Haus bis in die letzten Winkel durch-
stöobert und geplündert worden. Wohl in
der Absicht, jede Verbindung der Küstenbevölkerung
mit der fechtenden Truppe zu unterbinden, wurde
unter Anwendung scharfer Drohungen ein dra-
konisches Regiment eingeführt. Fast jeder Weiße
wurde, wenigstens zeitweise, festgesetzt. Wer seinen
Geschäften nachgehen wollte, mußte zunächst den
Neutralitätseid leisten.
Gleichzeitig mit der Besetzung von Rabaul
ist von dem Oberkommandierenden der britischen
Okkupationstruppen eine Bekanntmachung erlassen
worden, welche bereits in der letzten Mitteilung
über den Krieg in den Schutzgebieten abgedruckt
worden ist.
In der Frühe des 14. September wurde die bri-
tische Garnison in Herbertshöhe alarmiert.
Kurz nach 6 Uhr begann der Kreuzer „Encounter“
das Gelände zwischen der Küste und Toma mit
6zölligen Granaten zu beschießen. Es fielen etwa
60 Schüsse. Wie nachträglich festgestellt werden
konnte, sind einige Eingeborene getötet und ver-
letzt worden. Ihre Zahl ist aber nicht ermittelt
worden. Weiße sind nicht zu Schaden gekommen.
Doch hat das bei einzelnen nur an einem Haare
gehangen. Das Bombardement war nach meinen
Erkundigungen nicht vorher bekanntgegeben
worden. Ein Weißer in Herbertshöhe machte
den das Bombardement leitenden Oberstleutnant
darauf aufmerksam, daß sich in dem be-
schossenen Gelände eine einzelne Frau mit
mehreren Kindern, Milssionsschwestern,
Patres und weiße Pflanzer — abgesehen
von zahlreichen Eingeborenen — befänden, da-
gegen sicherlich kein Angehöriger der bewaffneten
Macht, erhielt indes die Antwort: „we
cannot help it“. Dann rückte eine starke
britische Kolonne, etwa 600 Mann, mit aus-
giebiger Seitendeckung auf dem Hauptwege nach
Giregire und Toma vor. Außerdem drangen
mehrere Kompagnien, von eingeborenen An-
hängern der wesleyanischen Mission geführt, auf
Nebenwegen in das Hinterland vor. Die Haupt-
kolonne traf gegen Mittag mit einer Anzahl
Maschinengewehre und Schnellfeuergeschütze bei
dem nur mehr von dem Pächter bewohnten Er-
holungsheim Toma ein und führte von dort aus
Rekognoszierungen in der Richtung auf die Taulil=
Niederung, beiderseits des Wunakokor, aus.
Einzelne Schüsse fielen aus den Geschützen. Im
Spätnachmittag zog die Truppe wieder ab.
Das Bombardement hat auf die Eingeborenen
einen stark verschüchternden Eindruck gemacht. Aus
dem Vorgelände waren alle Bewohner verschwunden.
Und in der Taulil-Niederung wurden allerorts
Höhlen gegraben und andere Verstecke hergestellt.
"1!
Am Nachmittag des 14. September er-
hielt ich von dem britischen Oberstleutnant,
welcher die Operation auf Toma leitete,
eine Aufforderung zu einer Besprechung
mit dem Oberstkommandierenden der
Okkupationstruppen. Letzterer war uns von
dem britischen Admiral als zur Führung der Ver-
handlungen ermächtigt bezeichnet worden. Ich ging
darauf ein und akzeptierte eine Zusammenkunft in
Herbertshöhe am 15. September 11 Uhr vormittags.
An der Besprechung hat der Leutnant d. R.
von Blumenthal teilgenommen. Der Brigade-
kommandeur Holmes kam dazu mit mehr als
einstündiger Verspätung aus Rabaul. Die Ver-
handlungen waren weder angenehm noch ganz
leicht. Es wurde schließlich eine Aufzeichnung
angefertigt, deren Inhalt ich erklärte, zunächst
mit meinen Ratgebern erörtern zu müssen. Eine
endgültige Erklärung behielt ich mir bis zum
17. September, 12 Uhr mittags, in Herberts-
höhe vor.
Für die weitere Entscheidung war die Beur-
teilung der militärischen Lage maßgebend. In
Herbertshöhe und in Rabaul sowie auf dem
Truppentransportschiff „Berrima“ befanden sich
mehrere tausend australische Milizsoldaten,
welche, an Hitze, Busch und Entbehrung gewöhnt,
dem größeren Teil unserer Weißen im Gelände über-
legen waren. Die Leute hatten auch zum Teil
schon in China und Südafrika den Krieg kennen
gelernt. Von der australischen Flotte und
dem inzwischen hinzugekommenen fran-
zösischen Flaggschiff „Montcalm“ konnten
noch beträchtliche Landungskorps gestellt
werden. Den britischen Truppen standen Schnell=
feuergeschütze und Maschinengewehre in beliebiger
Anzahl zur Verfügung. Mit dem von Bitapaka
geholten Lastautomobil konnten auch schwerere
Geschütze an den Plateaurand über der Taulil-=
Niederung, welcher sich etwa 2,5 km Luftlinie
von Toma von Norden nach Süden zieht, ge-
bracht werden.
Die zahlreichen eingeborenen Anhänger
der wesleyanischen Mission hatten sich den
britischen Truppen als Wegführer zur Ver-
fügung gestellt. Ihnen waren die vielen
Eingeborenenpfade, welche von dem DHügel-
rande durch die ganze Niederung und auch
nach Taulil führten, genau bekannt. Sie
hatten sich auch, wie durch Anhänger der
katholischen Mission festgestellt war, unter unsere
zahlreichen Träger gemengt und unsere Rückzugs-
plätze erkundet. Die australische Flut konnte sich
also, auch wenn man den Weg am Kerawat von
Weberhafen nicht mitrechnen wollte, durch die
Niederung in beliebig vielen Kolonnen in die
Landschaft Taulil ergießen.