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in den ersten Tagen eine recht bedrückte, sie
machte aber bald größerer Zuversicht Platz, nach-
dem dauernd Siegesnachrichten, wie die Einnahme
von Lüttich, Namur und dergleichen, einliefen.
Auch auf die Samoaner wirkten diese Nachrichten,
die ihnen durch Extrablätter jeweils sofort mit-
geteilt wurden, entschieden günstig, und ihr Ver-
trauen auf die deutsche Sache war bereits so weit
gefestigt, daß sie am 25. August, angeregt durch
einen Aufruf Tanus' und Malietoas, einen Wehr-
beitrag zu sammeln anfingen. Leider bereitete
wenige Tage darauf die Ankunft des neusee-
ländischen Geschwaders, die, wie bereits früher
mitgeteilt wurde, am 29. August erfolgte, dieser
friedlichen und zuversichtlichen Stimmung ein
jähes Ende. Das Geschwader bestand aus acht
Schiffen, den kleinen Kreuzern „Psyche“, „Prya-
mus“, „Philomel“, dem Panzerkreuzer „Mel-
bourne“, dem Dreadnought „Australia“, dem
französischen Panzerkreuzer „Montcalm“ und zwei
Transportdampfern. Die Schiffe nahmen alle
vor der Hafeneinfahrt in einem sehr großen Halb-
kreis Aufstellung. Von dem Kreuzer „Psyche“
wurde eine Pinasse abgesetzt, die in den Hafen
fuhr und ein Boot im Schlepp hatte. Das Boot
legte an der Bismarckbrücke an, zwei englische
Offiziere entstiegen ihm, eine weiße Fahne tragend,
und blieben auf der Brücke stehen. Von Land
näherten sich ihnen englische Bürger und sprachen
mit ihnen. Von den Deutschen ließ sich niemand
sehen. Die Wachhabenden von den Polizeitruppen
kamen dann zu den Offizieren heran und fragten
sie nach ihrem Begehr. Die Offiziere übergaben
hierauf nach kurzen Verhandlungen einen Brief,
der die Aufforderung enthielt, Samoa sofort zu
übergeben, widrigenfalls Apia bombardiert werden
würde. Als Frist für die Antwort wurde eine
halbe Stunde gewährt. In dieser Antwort wurde
gegen das Bombardement, als gegen das Völker-
recht und gegen die Abmachungen der Haager
Konferenz verstoßend, protestiert, denn Apia sei
kein befestigter Platz. Eine Übergabe habe nicht
stattzufinden, aber bei Landung und Besitzergreifung
würde kein Widerstand geleistet werden. Die
Offiziere fuhren daraufhin zu ihren Schiffen zurück,
und gegen Mittag erfolgte dann die Landung
der Truppen. Mittlerweile hatten die im Lande
lebenden Engländer eine Petition aufgesetzt, in
der sie den Oberbefehlshaber des Landungskorps
baten, die Deutschen während der Okkupation
durch die Engländer genau so „fair“ zu behan-
deln, wie sie selbst seit Ausbruch des Krieges
von den Deutschen behandelt worden seien. Gegen
4 Uhr abends fanden dann die Verhandlungen
zwischen dem Gouverneur und dem Kommandeur
der Landungstruppen statt. Bei Festsetzung der
Bedingungen über die Besitzergreifung versuchte
der englische Befehlshaber immer wieder das
Wort „Ubergabe"“ einzuschieben, was aber von
dem Gouverneur entschieden abgelehnt wurde.
Die Engländer erkannten dann an, daß Samoa
vorläufig deutsches Gebiet (German Territory)
bleibe unter provisorischer englischer Verwaltung.
Den deutschen Beamten wurde freigestellt, in
ihren Amtern zu bleiben. Der Gouverneur sollte
als Kriegsgefangener nach Fiji gehen.
Die Besatzungstruppen bestanden im ganzen
aus 1400 neuseeländischen „Volunteers“. Dem
Gouverneur wurden bei dem Abschied, auch von
seiten der Samoaner, die herzlichsten Ovationen
dargebracht. Mit ihm wurde noch der Ingenieur
Hirsch von der Funkenstation weggebracht, weil
er sich geweigert hatte, die in Unordnung gebrachte
Funkenstation instand zu setzen. Auch die
übrigen Angestellten dieser Station, Grün, Freund,
Rustschuck, wurden nach der Abreise des Ingenieurs
Hirsch noch auf das äußerste gedrängt, die weg-
gebrachten Teile der Station herauszugeben oder
ihren Aufenthaltsort zu verraten. Als diese als
gute Deutsche dies ablehnten, ist man so weit ge-
gangen, sie an die Mauer zu stellen und ihnen
mit Erschießen zu drohen. Da auch dies nichts
half, hat man ihnen schließlich große Geldsummen
geboten. Die braven Leute find aber standhaft
gebliebeen, und die Engländer sahen sich schließlich
genötigt, sie unverrichteter Dinge wieder frei zu
lassen. Die Haltung der Samoaner blieb trotz
der Besetzung eine ausgezeichnete. Die Truppen-
landung war ihnen ein großes Argernis. Sie
fragten oft nach Kriegsnachrichten und grüßten
auch die Deutschen nach wie vor mit großer
Freundlichkeit.
Am 7. September 1914 legten alle deutschen
Beamten ihre Amter nieder, nachdem schon einige
Tage lang Verhandlungen darüber geschwebt
hatten. Man kam dahin überein, daß die laufenden
Arbeiten noch aufgearbeitet und abgeliefert werden
sollten. Am 11. September wurden die deutschen
Schwestern aus dem Regierungshospital aus-
gewiesen. Sie mußten dort den neuseeländischen
Schwestern Platz machen und wurden dann von
dem Leiter der Deutschen Handels= und Plantagen-
gesellschaft aufgenommen. Am 12. September
kam mittags der Befehl an eine Anzahl Beamter,
sich um 4 Uhr an Bord des kleinen Dampfers
„Palmer“ zu begeben, mit dem sie nach Fiji ge-
bracht werden sollten. Die Notiz war rücksichts-
los kurz und der kleine Dampfer ein ganz un-
gebührliches Fahrzeug. Die Beamten, die auf
diese Weise von Samoa entfernt wurden, sind be-
reits in der ersten Mitteilung bekanntgegeben.
Warum sie gerade deportiert wurden und die
anderen nicht, konnte bis jetzt nicht ermittelt
werden. Das Erscheinen der deutschen Kriegs-