Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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fangen, woflir eine Belohnung (20 4) gegeben 
werde. Leutnant Feldmann (uAssessor) ist so von 
den Eingeborenen schmählich verraten worden. 
Was die Eingeborenen betrifft, so sind diese 
im großen und ganzen ruhig geblieben. Wo Verrat 
vorkam und englandfreundliche Gesinnung sich 
zeigte, ist dies nur auf Aukfhetzung seitens der 
Feinde zurückzuführen, von denen bekannt ge- 
worden war, daß fie unnachsichtlich gegen deutsch- 
freundliche Gesinnung vorgehen. Berhängnisvoll 
war es, daß nach zuverlässigen Mitteilungen der 
Eingeborenen die Engländer von Duala her einen 
dort wegen schwerer Vergehen gefangen gehaltenen 
Bakwiri-Mann als Führer mitbrachten. 
Von Pflanzungsdirektor Stede (Ekona-Pflan- 
zung), der mit mir als Kriegsgefangener von 
Kamerun weggeführt wurde und sich heute noch 
in Queensferry befindet, wurde mir erzählt, 
daß das Pflanzungspersonal beim Einmarsch der 
Engländer zunächst in einem Zimmer gefangen 
gehalten worden sei, ohne von den Feinden aus- 
reichende Verpflegung zu erhalten. Nach der 
ÜUberführung in das höher gelegene und kühlere 
Buea feblte es ihnen außerdem noch an aus- 
reichender Kleidung und an Decken. Von den 
in Buea noch frei sich bewegenden Deutschen 
wurde den Gefangenen abwechslungsweise Essen 
zugesandt. Manche der Gefangenen scheinen tat- 
sächlich weder Matte noch Matratze für ihre Lager- 
stätte erhalten zu haben. 
Dem Einzug der verbündeten Feinde schauten 
wir von unserer hoch gelegenen Station aus wohl 
mit tiefer Wehmut und Trauer, aber dabei doch 
mit verhältnismäßiger Ruhe entgegen. Wir 
glaubten, zumal seitens der Engländer, auf Schutz 
und Schonung der Mission, überhaupt des Privat- 
eigentums rechnen zu dürfen. Auch die Einge- 
borenen suchten wir durch die Versicherung zu 
beruhigen, daß weder ihnen noch uns etwas ge- 
schehen werde. In dieser Annahme hatten wir 
uns freilich gründlich getäuscht. 
Bald nachdem die Engländer in Buea ein- 
gezogen waren, kamen einige englische Offiziere, 
um unsere Station zu besichtigen. Ihnen folgten 
bald fünf Offiziere mit etwa 200 schwarzen Sol- 
daten und Trägern. Wir erhielten seitens der 
Offiziere den Befehl, Unterkunft für die letzteren 
zu schaffen. Hierzu wurden unsere Unterrichts- 
räume und Schülerschlafsäle zur Verfügung ge- 
stellt. Die Soldaten gingen nun sogleich daran, 
Schulbänke, Bettstellen und sonstige Gegenstände 
mit schonungsloser Rückfichtslosigkeit hinauszu- 
werfen, wobei mancher Schaden angerichtet wurde. 
Schulbänke und Bettstellen wurden später als 
Feuerholz benutzt. Ich bat die Offiziere, doch 
dafür Sorge zu tragen, daß das Entfernen dieser 
Gegenstände mit etwas mehr Schonung geschehe. 
  
Darauf wurde mir mit gewohnter, kalter Herz- 
lofigkeit geantwortet: „Wir mögen uns doch zu- 
frieden geben, daß sie (die Engländer) gekommen 
seien und nicht die Franzosen. Wären diese ge- 
kommen, so säßen wir jetzt droben auf dem Berge 
und hätten kein Dach mehr üÜber uns.“ Sie 
rühmten sich, die Franzosen von Buea ferngehalten 
und nach Soppo gesandt zu haben. Im weiteren 
Verlauf der Unterhaltung erzählten dann die 
Offiziere, wie es mit unserem deutschen Vaterland 
gar schlimm stehe. Der Kaiser habe um Frieden 
gebeten; Russen und Franzosen werden sich bald 
in Berlin die Hände reichen. Wie zur Entschul- 
digung des rücksichtslosen Vorgehens der Soldaten 
wurden wir dann an die angeblichen Greueltaten 
der deutschen Soldaten in Belgien und Reims 
erinnert, wo nicht einmal die ehrwürdige Kathe- 
drale und die Priester Schonung gefunden hätten. 
Nachdem für die schwarzen Soldaten gesorgt 
war, sollten wir binnen einer halben Stunde auch 
eines unserer Wohnhäuser für die Offiziere 
räumen. Die Erklärung, daß wir unmöglich ge- 
nügend Räume haben, um die Bewohner dieses 
Hauses unterzubringen, wurde mit der Bemerkung 
zurückgewiesen: „Glauben Sie etwa, daß wir zum 
Vergnügen gekommen seien?"“ Der Weisung mußte 
Folge geleistet werden. Es war unmöglich, das 
ganze Haus in so kurzer Zeit auszuräumen. Die 
schwarze Bedienung der Offiziere ging alsbald 
daran, die Küche in Beschlag zu nehmen und 
deren Einrichtung wegzurücken, um sie als Feuer- 
holz zu benutzen. Von dem, was an jenem Abend 
zurückgelassen werden mußte, wurden die Vorhänge 
eines Zimmers gestohlen, ferner aus dem ver- 
schlossenen Vorratsraum allerlei Lebensmittel; 
Konservenbüchsen wurden geöffet, der auf der 
Veranda stehende Medizinschrank aufgebrochen und 
seines Inhalts zum Teil beraubt. Ein Offizier 
erklärte, als man ihn bat, doch der Zer- 
störung Einhalt zu tun, hier sei jetzt 
„english town und überdies würden wir ja 
doch in den nächsten Tagen weggeführt. Dies 
mußten wir auch von den Schwarzen hören, 
wenn sie beim Stehlen ertappt und zur Rede 
gestellt wurden. 
Beschämend und empörend war es, daß 
selbst Offiziere sich nicht scheuten, am 
Rauben und Plündern teilzunehmen. Ich 
selbst traf einen Offizier im Geflügelstall, dessen 
Diener mit einem Sack versehen war, eben im 
Begriff, Enten und Hühner zu holen. Unser 
schwarzer Pferdeknecht kam wiederholt, uns zu 
rufen, weil einer der Offiziere in den Stall ein- 
gedrungen war, um zu stehlen. Auch die Be- 
dienungsmannschaft raubte für ihre Herren. Es 
wurden in wenigen Tagen mehr als 20 Enten 
gestohlen. Hinter dem von den Offizieren be-
	        
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