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fangen, woflir eine Belohnung (20 4) gegeben
werde. Leutnant Feldmann (uAssessor) ist so von
den Eingeborenen schmählich verraten worden.
Was die Eingeborenen betrifft, so sind diese
im großen und ganzen ruhig geblieben. Wo Verrat
vorkam und englandfreundliche Gesinnung sich
zeigte, ist dies nur auf Aukfhetzung seitens der
Feinde zurückzuführen, von denen bekannt ge-
worden war, daß fie unnachsichtlich gegen deutsch-
freundliche Gesinnung vorgehen. Berhängnisvoll
war es, daß nach zuverlässigen Mitteilungen der
Eingeborenen die Engländer von Duala her einen
dort wegen schwerer Vergehen gefangen gehaltenen
Bakwiri-Mann als Führer mitbrachten.
Von Pflanzungsdirektor Stede (Ekona-Pflan-
zung), der mit mir als Kriegsgefangener von
Kamerun weggeführt wurde und sich heute noch
in Queensferry befindet, wurde mir erzählt,
daß das Pflanzungspersonal beim Einmarsch der
Engländer zunächst in einem Zimmer gefangen
gehalten worden sei, ohne von den Feinden aus-
reichende Verpflegung zu erhalten. Nach der
ÜUberführung in das höher gelegene und kühlere
Buea feblte es ihnen außerdem noch an aus-
reichender Kleidung und an Decken. Von den
in Buea noch frei sich bewegenden Deutschen
wurde den Gefangenen abwechslungsweise Essen
zugesandt. Manche der Gefangenen scheinen tat-
sächlich weder Matte noch Matratze für ihre Lager-
stätte erhalten zu haben.
Dem Einzug der verbündeten Feinde schauten
wir von unserer hoch gelegenen Station aus wohl
mit tiefer Wehmut und Trauer, aber dabei doch
mit verhältnismäßiger Ruhe entgegen. Wir
glaubten, zumal seitens der Engländer, auf Schutz
und Schonung der Mission, überhaupt des Privat-
eigentums rechnen zu dürfen. Auch die Einge-
borenen suchten wir durch die Versicherung zu
beruhigen, daß weder ihnen noch uns etwas ge-
schehen werde. In dieser Annahme hatten wir
uns freilich gründlich getäuscht.
Bald nachdem die Engländer in Buea ein-
gezogen waren, kamen einige englische Offiziere,
um unsere Station zu besichtigen. Ihnen folgten
bald fünf Offiziere mit etwa 200 schwarzen Sol-
daten und Trägern. Wir erhielten seitens der
Offiziere den Befehl, Unterkunft für die letzteren
zu schaffen. Hierzu wurden unsere Unterrichts-
räume und Schülerschlafsäle zur Verfügung ge-
stellt. Die Soldaten gingen nun sogleich daran,
Schulbänke, Bettstellen und sonstige Gegenstände
mit schonungsloser Rückfichtslosigkeit hinauszu-
werfen, wobei mancher Schaden angerichtet wurde.
Schulbänke und Bettstellen wurden später als
Feuerholz benutzt. Ich bat die Offiziere, doch
dafür Sorge zu tragen, daß das Entfernen dieser
Gegenstände mit etwas mehr Schonung geschehe.
Darauf wurde mir mit gewohnter, kalter Herz-
lofigkeit geantwortet: „Wir mögen uns doch zu-
frieden geben, daß sie (die Engländer) gekommen
seien und nicht die Franzosen. Wären diese ge-
kommen, so säßen wir jetzt droben auf dem Berge
und hätten kein Dach mehr üÜber uns.“ Sie
rühmten sich, die Franzosen von Buea ferngehalten
und nach Soppo gesandt zu haben. Im weiteren
Verlauf der Unterhaltung erzählten dann die
Offiziere, wie es mit unserem deutschen Vaterland
gar schlimm stehe. Der Kaiser habe um Frieden
gebeten; Russen und Franzosen werden sich bald
in Berlin die Hände reichen. Wie zur Entschul-
digung des rücksichtslosen Vorgehens der Soldaten
wurden wir dann an die angeblichen Greueltaten
der deutschen Soldaten in Belgien und Reims
erinnert, wo nicht einmal die ehrwürdige Kathe-
drale und die Priester Schonung gefunden hätten.
Nachdem für die schwarzen Soldaten gesorgt
war, sollten wir binnen einer halben Stunde auch
eines unserer Wohnhäuser für die Offiziere
räumen. Die Erklärung, daß wir unmöglich ge-
nügend Räume haben, um die Bewohner dieses
Hauses unterzubringen, wurde mit der Bemerkung
zurückgewiesen: „Glauben Sie etwa, daß wir zum
Vergnügen gekommen seien?"“ Der Weisung mußte
Folge geleistet werden. Es war unmöglich, das
ganze Haus in so kurzer Zeit auszuräumen. Die
schwarze Bedienung der Offiziere ging alsbald
daran, die Küche in Beschlag zu nehmen und
deren Einrichtung wegzurücken, um sie als Feuer-
holz zu benutzen. Von dem, was an jenem Abend
zurückgelassen werden mußte, wurden die Vorhänge
eines Zimmers gestohlen, ferner aus dem ver-
schlossenen Vorratsraum allerlei Lebensmittel;
Konservenbüchsen wurden geöffet, der auf der
Veranda stehende Medizinschrank aufgebrochen und
seines Inhalts zum Teil beraubt. Ein Offizier
erklärte, als man ihn bat, doch der Zer-
störung Einhalt zu tun, hier sei jetzt
„english town und überdies würden wir ja
doch in den nächsten Tagen weggeführt. Dies
mußten wir auch von den Schwarzen hören,
wenn sie beim Stehlen ertappt und zur Rede
gestellt wurden.
Beschämend und empörend war es, daß
selbst Offiziere sich nicht scheuten, am
Rauben und Plündern teilzunehmen. Ich
selbst traf einen Offizier im Geflügelstall, dessen
Diener mit einem Sack versehen war, eben im
Begriff, Enten und Hühner zu holen. Unser
schwarzer Pferdeknecht kam wiederholt, uns zu
rufen, weil einer der Offiziere in den Stall ein-
gedrungen war, um zu stehlen. Auch die Be-
dienungsmannschaft raubte für ihre Herren. Es
wurden in wenigen Tagen mehr als 20 Enten
gestohlen. Hinter dem von den Offizieren be-