Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

W 238 20 
„die öffentliche Ordnung und das öffent- 
liche Leben wiederherzustellen und aufrecht 
zu erhalten, und zwar, soweit kein zwin- 
gendes Hindernis besteht, unter Beachtung 
der Landesgesetze . 
mit verschwindenden Ausnahmen die 
gesamte friedliche, am Kampfe unbe- 
teiligte weiße Bevölkerung der besetzten 
Orte in Kriegsgefangenschaft abgeführt 
oder doch zum Verlassen des Schutz- 
gebiets genötigt. So wurden in Duala, 
Buea und an anderen Orten Kaufleute und 
Pflanzer, in Buea, Edea, Duala und anderwärts 
sogar die kraft Gesetzes nicht wehrpflichtigen 
Missionare teils gefangen abgeführt, teils zum 
Verlassen des Schutzgebiets gezwungen. Die 
Abführung erfolgte teilweise in einer Art und 
Weise, die allen, bei den europäischen 
Kulturvölkern bisher geltenden An- 
schauungen über die Stellung der weißen 
zur farbigen Rasse widerspricht (vgl. An- 
lage 1, Ziffer 7, 8). 
Auch dieser, am Kampf unbeteiligten Bevölke- 
rung wurde die Sicherung ihres Besitzes nicht 
gestattet (vgl. Anlage 1 Ziffer 7 und Anlage 3). 
Die verbündeten Streitkräfte haben aber auch 
ihrerseits die Sicherung des Besitzes nicht selbst 
übernommen; sonst hätten die beispielsweise in 
Duala, Jabassi, Kribi, Kampo, Plantation, 
Dschang, Bare und an anderen Orten tatsächlich 
festgestellten Plünderungen nicht vorkommen können 
(ogl. Anlage 1, Ziffer 9, 10 und 11). 
Wie sorgfältig demgegenüber deutscherseits 
englisches Privateigentum anerkannt und beschützt 
wird, wurde von dem Kommandanten der „Ivy“ 
Hughes am 3. Oktober 1914 in Viktoria be- 
wundernd anerkannt. 
Euer Hochwohlgeboren sind falsch berichtet, 
wenn Ihnen gemeldet ist, daß die deutschen 
Frauen in Duala sämtlich den Wunsch geäußert 
haben sollen, Duala zu verlassen. Auch aus 
Buea und Bare sind Frauen entgegen ihrem 
ausdrücklichen Wunsch zu bleiben, in Gefangen- 
schaft abgeführt worden; selbst der Wunsch, nach 
Fernando Poo abreisen zu dürfen, ist unberück- 
sichtigt geblieben. 
Daß die Frauen aus Besorgnis vor noch 
größerer Unbill es unterließen, bei der Ober- 
leitung Beschwerde zu führen, ist begreiflich. Sie 
waren eingeschüchtert durch das Vorgehen Ihrer 
Leute. Den der Oberleitung vorliegenden 
Anerkenntnissen guter Behandlung muß 
ich jede Beweiskraft absprechen, nachdem 
einwandfrei festgestellt ist, daß diese Anerkenntnisse 
nicht freiwillig gegeben, sondern durch Dro- 
hungen erpreßt sind. . 
  
III. Ich bestreite entschieden, daß von deutschen 
Truppen in Gegenwart ihrer europäischen Führer 
Grausamkeiten verübt worden seien. Die Ihnen 
in dieser Hinsicht zugegangenen Berichte muß ich 
als haltlose Verdächtigungen zurückweisen. Auch 
dafür ist kein Beweis erbracht, daß unsere farbigen 
Truppen in Abwesenheit von europäischen Vor- 
gesetzten Ausschreitungen begangen haben. Den 
Truppen ist strengste Manneszucht anbefohlen, 
und jede zur Kenntnis der Truppenführung kom- 
mende Straftat wird schärfstens geahndet. Wenn 
sich trotzdem nicht alle Übergriffe vermeiden lassen, 
da nicht jeder farbigen Patrouille ein europäischer 
Führer beigegeben werden kann, so trifft die 
Verantwortung hierfür England und Frank- 
reich, die es mit ihrer Stellung als europäische 
Kulturnationen glaubten vereinigen zu können, 
den europäischen Krieg auch ins Innere Afrikas 
zu tragen. Daß — nachdem die blutgierige 
Bestie im Schwarzen geweckt und auf den euro- 
päischen Gegner losgelassen ist — Ausschreitungen 
der Farbigen sich nicht ganz werden vermeiden 
lassen, war jedem Einsichtigen von vornherein 
klar. Ebenso klar mußte jedem Einsichtigen aber 
auch sein, daß es völlig nutzlos sein wird, den 
Krieg nach Afrika herüberzuspielen, da der Ver- 
lauf der kriegerischen Aktionen hier in Afrika für 
die Hauptentscheidung doch völlig wertlos ist. 
Diese Entscheidung fällt auf dem europäischen 
Kampfplatze, und — was hier jetzt brutal 
zerstört wird, bauen wir nach Friedens- 
schluß mit dem Gelde unserer Gegner 
wieder auf. 
Dem Vernehmen nach soll es ja auch eng- 
lische Kolonialpraktiker geben, die die von London 
angeordnete Ausdehnung des Kriegsschauplatzes 
auf Afrika als politisch unklug und als schwere 
Versündigung an der weißen Rasse scharf ver- 
urteilen. Das enthebt indes Eugland nicht der 
Verantwortung für diesen Schritt und alle seine 
Folgen. 
Die in Edea festgestellten Verwundungen be- 
weisen nichts, so lange nicht einwandfrei ermittelt 
ist, von wem und unter welchen Umständen die 
fraglichen Eingeborenen verwundet wurden. Zu- 
verlässigen Meldungen zufolge sind von dem 
französischen Besehlshaber in Edea den 
Bakokos Preise ausgesetzt für die Tötung 
und Gefangennahme deutscher Soldaten. 
So ist die Bevölkerung des Edeabezirks systematisch 
zu hinterlistigen UÜberfällen und Mißhandlungen 
gegen Angehörige unserer Truppen verleitet worden. 
Wenn bei dieser den deutschen Soldaten aufge- 
zwungenen Selbsthilfe Eingeborene verletzt find, 
so trägt auch hier die Verantwortung lediglich 
derjenige, der diesen „Volkskrieg“ entfesselte. (Vgl. 
Anlage 1, Ziffer 10.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.