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schaftlichen Interessen im Schutzgebiet während der
feindlichen militärischen Besetzung bis zum Frie-
densschlusse zu sichern. Eine weitere Bedingung
war die Begleichung aller schwebenden Ansprüche
gegen die Schutzgebietsverwaltung aus den Mitteln
der Kolonie. Zu dem Zwecke wurde dem Kom-
mandierenden der Besatzungstruppen der Bestand
der Hauptkasse von rund 279 000 .7 behändigt.
Endlich: ausdrückliche Gewährleistung dafür, daß
die deutschen Gesetze und Gewohnheiten während
der militärischen feindlichen Besetzung des Schutz-
gebiets bis zum Friedensschlusse in Kraft bleiben
sollten. Dazu kamen noch einzelne weitere Ab-
machungen zur finanziellen Sicherung der Heim-
beförderung der Beamten und dergleichen. Leider
hatte es sich indessen als ganz unmöglich erwiesen,
die beiden im Schutzgebiet beschäftigten aktiven
Offiziere, von denen einer bereits im Gefechte
gefangengenommen worden war, mit den Beamten
frei zu bekommen. Sie sind als Kriegsgefangene
in Australien geblieben. Eine kleine Anzahl
Beamter war in beratender Eigenschaft bei der
australischen militärischen Verwaltung belassen
worden. Damit sollte den deutschen wirtschaft-
lichen Interessen im Schutzgebiete gedient werden.
Eine Übersetzung des Kapitulationsvertrages vom
17. September 1914 ist in Nr. 6 des Deutschen
Kolonialblattes vom 15. März 1915 zum Abdruck
gelangt.
Um den Beamten des Schutzgebiets die Rück-
kehr in die Heimat zu ermöglichen, hatte beim
Fehlen aller neutralen Schiffsverbindungen im
Schutzgebiet ausgemacht werden müssen, daß die
Beamten zunächst nach Australien, wo neutrale
Schiffslinien anliefen, deportiert werden sollten.
Die Beamten sind mit den verschiedenen leeren
Kohlen-, Ol= und sonstigen Transportdampfern
der britisch--französischen Flotte nach Sydney ge-
bracht worden. Bei Ankunft der ersten Beamten-
schübe in Sydney war dort der Kapitulations=
vertrag noch nicht bekannt. Diese Beamten find
infolgedessen in dem deutschen Konzentrationslager
in der Nähe von Liverpool bei Sydney, zum
Teil auch in dem alten Zuchthaus auf Darling-
hurst in Sydney, von dem gesagt wurde, daß es
nunmehr zu einer Mädchenschule ausgebaut werden
sollte, untergebracht worden und daselbst bis zur
Abreise verblieben. Beim Eintreffen der späteren
Beamtenschübe in Sydney war den australischen
Militärbehörden der Kapitulationsvertrag endlich
bekannt geworden. Die eintreffenden Beamten
wurden mit Rücksicht auf die in dem Kapitulations-
vertrag hinsichtlich der Heimbeförderung enthal-
tenen finanziellen Klauseln zunächst gegen Ge-
währung einer auskömmlichen wöchentlichen Sub-
sidie auf freiem Fuß in Sydney belassen, später
jedoch, mit Ausnahme der verheirateten, für
welche im Kapitulationsvertrag wiederum beson-
dere Abmachungen getroffen waren, infolge Auf-
lehnung der ortsansässigen Bevölkerung gegen
das deutsche Element, ebenfalls in das Konzen-
trationslager verbracht.
Der Kapitulationsvertrag vom 17. September
1914 hat bei den australischen Behörden ganz
fraglos wenig Freude verursacht. Jedenfalls
haben sie zunächst Anstand genommen, die wesent-
liche Bedingung, nämlich die Gestattung freien
Abzuges für die Beamten des Schutzgebiets, zur
Ausführung zu bringen. Die Angelegenheit ist
offenbar den britischen Zentralbehörden in London
in extenso zur Entscheidung unterbreitet worden.
London hat indes, wie angenommen werden muß,
wohl verfügt, daß der Kapitulationsvertrag, ein-
mal abgeschlossen, gehalten werden müsse. Jeden-
falls kamen die von dem stellvertretenden Gouver-
neur mit den australischen Militärbehörden und
in letzter Instanz mit dem Kriegsminister in
Melbourne gepflogenen Verhandlungen wegen
Gestattung der Abreise für die Beamten endlich
in Fluß, und zwar mit dem Ergebnis, daß nicht
nur die Abreise auf einer neutralen Linie ge-
stattet, sondern auch noch jeder einzelne Beamte
mit einem freien Geleitschein, der die Unterschrift
des australischen Ministers für auswärtige Ange-
legenheiten trug, versehen worden ist.“)
Mit den Beamten sind auch eine Anzahl
Privater aus Deutsch-Neuguinea nach Sydney
verbracht und in das deutsche Konzentrationslager
bei Liverpool überführt worden. Es waren ein-
zelne Personen, welche sich im Schutzgebiet ge-
weigert hatten, den von der britisch-australischen
Militärverwaltung kapitulationsmäßig geforderten
Neutralitätseid zu leisten, und außerdem eine
Anzahl Personen, welche im Schutzgebiet keine
ordentliche Beschäftigung mehr besaßen, wie z. B.
die Angestellten der Funkentelegraphenstationen,
oder welche der australischen Okkupationstruppe
politisch verdächtig erschienen. Der australische
Kriegsminister hat dem stellvertretenden Gouver-=
neur entgegenkommenderweise zugesagt, deu-
jenigen Personen, welche lediglich wegen Nicht-
leistung des Neutralitätseides im Schutzgebiet nach
Australien deportiert worden waren, diesen Neu-
tralitätseid aber nachher in Australien unter dem
Drucke der örtlichen Verhältnisse geleistet hatten,
noch nachträglich die Rückkehr ins Schutzgebiet
zur Wiederaufnahme ihrer Geschäfte zu gestatten.
Die Schutzgebietsbeamten sind in mehreren
Schüben, wie sie vom Schutzgebiet — pari passu
mit der fortschreitenden feindlichen Besetzung auch
*) Eine Liste derjenigen Beamten, die bis zur
Drucklegung dieser Mitteilung in Deutschland ein-
getrofsen waren, ist in dieser Nummer des Deutschen
Kolonialblattes veröffentlicht worden.