Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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der verschiedenen, mehr oder weniger entfernten 
Außenstationen — in Australien eintrafen, mit 
den Dampfern der amerikanischen Oceanie Steam 
Ship Co. zunächst nach S. Franzisko, dann über 
Land nach New York und von da mit Dampfern 
skandinavischer Linien über Kopenhagen nach 
Deutschland gereist. Die skandinavischen Dampfer 
sind von britischen Hilfskreuzern bei den Shetland- 
Inseln revidiert worden. Indessen wurden die 
australischen Pässe anstandslos respektiert. 
In Deutschland sind die Schutzgebietsbeamten, 
soweit zum Militärdienst geeignet, sofort bei ihren 
Truppenteilen oder als Kriegsfreiwillige einge- 
treten. Die Militärdienstuntauglichen haben im 
Reichs-Kolonialamt oder bei anderen Behörden 
eine interimistische Verwendung gefunden. 
Die deutschen wirtschaftlichen Unternehmungen 
im Schutzgebiet scheinen, soweit die spärlich ein- 
gehenden Nachrichten einen Rückschluß zulassen, 
ungestört ihren Gang zu gehen. Die Pflanzungen, 
bekanntlich ausschließlich Kokospalmenpflanzungen 
an den Küstensäumen der zahlreichen größeren 
und kleineren Inseln, leiden allerdings unter Ar- 
beitermangel. Die Arbeitergesetzgebung des Schutz- 
gebiets ist bekanntlich recht kompliziert, und es 
erscheint erklärlich, wenn die australische militä- 
rische Verwaltung den WMünschen der Pflanzer 
und sonstigen Arbeitgeber nicht so umfassend ent- 
gegenkommt, wie die deutsche Schutzgebietsver- 
waltung es zu tun pflegte. Auch ist der Absatz 
der Pflanzungsprodukte, fast ausschließlich Kopra, 
mehr oder weniger behindert. Die Marktpreise 
waren nach Kriegsausbruch für längere Zeit sehr 
gedrückt. Und nach Einstellung des Betriebes der 
Dampferlinien, welche das Schutzgebiet zu bedienen 
pflegten, muß die Abfuhr der Produkte unter Auf- 
wendung entsprechender Mehrkosten über Anstralien 
gehen. In Australien hatten die Behörden anfäng- 
lich die Kopra unter dem - Trading with the enemy 
actbeschlagnahmt. Es ist indessen dem stellvertreten- 
den Gouverneur durch längere, unter Vermittlung 
des Generalkonsuls für die Vereinigten Staaten 
geführte Verhandlungen gelungen, zu erreichen, 
daß die australischen Behörden den Verkauf der 
aus dem Schutzgebiet stammenden Kopra zugelassen 
haben. Hiernach darf angenommen werden, daß 
es den deutschen wirtschaftlichen Unternehmungen 
im Schutzgebiet gelingen dürfte, sich bis zum 
Friedensschlusse zu erhalten. 
Der zum militärischen Administrator von 
Deutsch-Neuguinea ernannte Oberst Holmes, vor 
Kriegsausbruch Kommandeur der 6. Australischen 
Infanterie-Brigade, ist im Januar 1915 nach 
Australien zurückgekehrt und dem Vernehmen nach 
in das Zivilleben getreten. Der General-Gou- 
verneur der Commonwealth hat an dessen Stelle 
den Commander Pethebridge unter Ernennung zum 
  
Obersten mit der militärischen Administration von 
Deutsch-Neuguinea betraut. 
B. Inselgebiet. Wie aus den übrigen 
Teilen der Südsee, so find auch aus dem Insel- 
gebiet seit der letzten (dritten) Mitteilung Nach- 
richten nur sehr spärlich eingegangen. Dies er- 
klärt sich daraus, daß nahezu sämtliche deutsche 
Ansiedler von der Erlaubnis der Japaner, die 
besetzten Gebietsteile zu verlassen, Gebrauch ge- 
macht haben. Von ganz wenigen Ausnahmen 
abgesehen, sind nur die Angehörigen der ver- 
schiedenen Missionen im Inselgebiet zurückgeblieben. 
Die kurzen Mitteilungen, die sie hierher gelangen 
lassen konnten, zeigen aber, daß die Japaner 
den Missionsgesellschaften bei der Ausübung ihrer 
Tätigkeit offenbar keinerlei Hindernisse in den 
Weg legen. So schreibt ein Mitglied der Kapu- 
ziner-Mission von den Trukinseln unter dem 
2. Dezember: 
„Wir sind nun allein unter den Japanern. 
Bis jetzt läßt es sich unter ihnen ganz frank und 
frei leben. Sie sind überaus zuvorkommend und 
freundlich, und ich hoffe, daß sie es auch bleiben. 
Sonst geht es uns allen gut hier."“ 
Ahnlich sprechen sich auch die Missionare der 
protestantischen Liebenzeller Mission aus. Es 
liegen zwei Briefe vom 17. und 19./20. Oktober 
aus Ponape vor, die gleichfalls bezeugen, daß 
es den dortigen Missionaren gut gehe und daß 
sie ungehindert arbeiten konnten. Nur würden 
sie keinen deutschen Unterricht mehr geben, was 
ihnen jedenfalls verboten worden sei. 
Uber die Besetzung der Palau-Gruppe (West- 
Karolinen) sowie von Saipan (Marianen), über 
die in der letzten Mitteilung noch nichts Näheres 
gesagt werden konnte, sind inzwischen Nachrichten 
eingegangen. So berichtet der Stationsleiter der 
Palau-Inseln, Winkler, daß am 8. Oktober v. Is. 
zwei japanische Kriegsschiffe und zwei Transport- 
schiffe vor dem Malakal-Hafen erschienen sind und 
dort nach den üblichen Verhandlungen mit dem 
Stationsleiter die japanische Flagge gehißt haben. 
lber das Benehmen der Japaner bei der Be- 
setzung der Palau-Gruppe war nach dem Bericht 
des Stationsleiters im allgemeinen keine Klage 
zu führen. Daß die Privatsachen unberührt 
blieben, sei bei jeder Gelegenheit betont und von 
den Offizieren auch strengstens befolgt worden, 
nicht aber immer von den Soldaten. Eine große 
Enttäuschung bereitete es den Japanern, daß sie 
hier so wenig Geld vorfanden. Sie glaubten, 
daß die sämtlichen Abgaben, welche die Südsee- 
Phosphat-Gesellschaft in Angaur an Gebühren 
und Ausfuhrzöllen entrichtet, sich in der Stations- 
kasse befänden.
	        
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