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Mühe.
damit Krankheit heimisch war, ist erklärlich. Die
Behörden waren daher, auch aus politischen
Gründen, bestrebt, größere Dorfanlagen zu schaffen,
für Häuser zu sorgen,
gegen die Witterung boten, auf die Sauberkeit
in den Ortschaften, insbesondere auf Klosettanlagen,
zu achten, auf ausreichende Verpflegung durch
Farmanlagen bedacht zu sein, Sümpfe trocken zu
legen, Wege= und Brückenanlagen zu schaffen.
Für Kinderpflege in bezug auf Sauberkeit, auf
die (meist falsche) Ernährung des Kindes im
ersten Lebensjahre wurde dadurch gesorgt, daß
einerseits die Mütter belehrt und verantwortlich
gemacht wurden, anderseits verhindert wurde, daß
sie von ihren unerwachsenen Kindern getrennt
wurden.
Schließlich ging man auch den Krankheiten
zu Leibe. Den früher so häufigen Pockenepide-
mien wird jetzt durch regelmäßiges Impfen vor-
gebeugt, gegen Geschlechtskrankheiten geht man
nicht nur durch ärztliche Mittel, sondern auch
durch strafrechtliche Verfolgung des Verbreiters
vor, Framboesie wird durch Salvarsan wohl
bald gänzlich beseitigt sein, Lepra= und Schlaf-
kranke werden zur Behandlung in Lagern isoliert.
Nur mit wenigen Worten konnte ich hier das
gewaltige Werk schildern, das im Kamernner Ur-
wald im Werden ist und auch im Sangmelima-
Gebiet schon gute Früchte getragen hat. Aller-
dings hat man es dort mit einer besonders
kräftigen, intelligenten Bevölkerung zu tun. In-
folge der vielen Kämpfe vor der eigentlichen
Besitzergreifung des Landes (begonnen 1900)
jehlt die männliche Generation zwischen dreißig
und vierzig Jahren fast vollkommen; es gibt etwa
doppelt so viel Weiber als Männer. Aber die
Fruchtbarkeit der Weiber ist so groß, daß auf jedes
drei bis vier Kinder kommen, übrigens auch ein
Beweis, daß Polygamie, wie sie hier durch den
Weiberüberschuß geboten ist, nicht immer etwas mit
geringer Geburtenziffer zu tun hat. Die Zunahme
der Bevölkerung ist daher so groß, daß sie sich
immer mehr ausdehnen muß, sei es nach wenig
bevölkerten Gegenden im Osten und Südosten,
sei es nach Süden, wo sie die weniger kräftigen
und nicht so kinderreichen Fangstämme aufsangt.
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Das Sangmelima-Gebiet wird zum größten
Teile von Bulu bewohnt, nur im Nordwesten
von Myfong. Beide Stämme gehören linguistisch
der Fanggruppe an. Die Bulu sind erst höchstens
sechzig Jahre in ihren heutigen Wohnsitzen. Sie
kamen vom oberen Lauf des Sanaga (dem Lom),
von wo sie von Betistämmen verdrängt wurden.
die ausreichenden Schutz
Daß in solchen Hütten Unsauberkeit und Aus dem Grasland stammend,
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scheinen sie sich
dem Urwaldklima noch nicht völlig angepaßt zu
haben und leiden stark unter Malaria und Dys-
enterie. Sie sind ein arbeitsames, kräftiges Bauern-
volk. Ihr Fleiß muß um so mehr betont werden,
als er oft von Europäern in Abrede gestellt wird.
Natürlich arbeitet der Bulu nicht wie der Weiße
in regelmäßiger Tätigkeit von früh bis abends,
acht bis zehn Stunden am Tage; dazu müßte er
erst wie der Weiße durch Generationen erzogen
und trainiert werden. Betrachtet man aber sein
primitives Handwerkszeng: die Art mit der etwa
3 cm breiten Schneide, den Hauer aus Eisenblech
und ein kleines Messer, und sieht dann seine ge-
waltigen Farmen mit den in tagelanger Arbeit
gefällten Urwaldriesen, seine Wege= und Damm-
bauten, die kunstvollen Häuser, seine Hausgeräte,
deren geringste er sich selbst herstellen muß, seine
Tätigkeit bei der Jagd und beim Fischfang, so
wird der unbefangene Beobachter bald zugeben
müssen, daß er hier Kraftleistungen gegenüber-
steht, deren der Meiße in dem dortigen Klima
nicht fähig wäre. Die Fruchtbarkeit des Urwaldes
ist nicht, wie man so oft hört, derart, daß der
Eingeborene untätig dasitzen kann und ihm alles
in den Mund wächst, sondern sie erfordert von
dem Eingeborenen ein reichliches Maß von Arbeit,
wenn er nicht, wie früher so oft in den unruhigen
Zeiten, an Hunger sterben will.
Für uns heißt es, den Eingeborenen zu unserer
Arbeitsmethode zu erziehen. Daß die körperlichen
Eigenschaften hierzu vorhanden sind, habe ich be-
reits bemerkt. Wie er sich geistig dazu stellen
wird, kann uns nur eine Betrachtung seiner Cha-
raktereigenschaften zeigen.
Der Bulu ist mißtrauisch, eigensinnig, reaktionär
und daher nur schwer (oder gar nicht) von Neue-
rungen zu überzeugen; er ist klug, besser gesagt
verschlagen, lügt, wo er glanbt, daß es ihm Vor-
teil bringt; er ist schwerfällig in seinem Wesen,
entschließt sich daher auch schwer, ist dann aber
auch von einem einmal gefaßten Entschluß kaum
wieder abzubringen; er ist tapfer und todesmutig,
sein Leben dünkt ihm wenig, er ist fatalistisch wie
ein Mohammedaner; er ist stolz und selbstbewutßt.
So wenig syumpathisch uns manche seiner Eigen-
schaften berühren werden, so besitzt er doch etwas,
was uns ihn schätzen läßt und denjenigen,
der ihn genau kennt, immer wieder zu ihm hin-
zieht: Vertrauen und Dankbarkeit. Bei keinem
anderen Negerstamme habe ich diese Tugenden
bisher gesunden, nur beim Bulu. Wer es ver-
steht, sich sein Vertrauen zu erwerben, kann mit
ihm alles machen. Wenn sich jedoch der Weiße
gar nicht um das Privatleben seines Arbeiters
kümmert, tein Wort seiner Sprache kann, ihm
seine kurzen Befehle durch einen meist recht