Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

Von Njamassillä ab erfolgte der Abmarsch in der 
Nacht vom 12./13. August 1 Uhr. Ankunft in Avagome 
11 Uhr vormittags. Nachmittags erfolgte der Weiter- 
marsch nach Kamina. Inzwischen kam bei uns Munition 
von Kamina an. Ein Teil unserer Kolonne — 80 Mann 
— marschierte auf Buschpfaden über Agblekovhe—Agba- 
korhe gegen Tschetti, mit dem Befehl, den sich stellenden 
Feind anzugreifen. Die Hauptmacht (etwa 110 Mann) 
marschierte nach Njamassillä zurück und versuchte über 
Kpedji nach Tschetti vorzudringen, um sich mit der 
anderen Kolonne zu vereinen. Tschetti, hart an der 
Togo—Dahomehy-Grenze gelegen, war als stark besetzt 
gemelde. worden. Nach der Verteilung der Munition 
atte jeder Mann doch nur 50 bis 60 Patronen in Besitz; 
ich marschierte um 2 Uhr nachmittags mit meinen 
Leuten, von denen drei Gefreite beritten waren, mit 
einem Führer aus Avagome über Agbakopvhe—Baruba 
auf Buschpfaden dem Monu zu. Buschpfade sind an 
und für sich schon schlecht, aber dieses schmale Ge- 
röllbett, in dem im Gänsemarsch marschiert wurde, 
war noch viel schlechter; dabei war das Gelände 
durch hohen Busch und Elefantengras unübersichtlich, 
so daß jedes kleine am Pfad liegende Eingeborenen- 
gehöft mit aller Vorsicht durchsucht werden mußte. 
Unter diesen Verhältnissen hatte ich erst gegen 6 Uhr 
abends Aobi am Monn passiert, als ein Bote mich 
schweißtriefend einholte mit dem schriftlichen Befehl: 
„Sofort Rückmarsch antreten"“. Was halfs, es mußte 
der hundsgemeine Weg in der einsetzenden Dunkelheit 
wieder zurückgemacht werden; dabei kam es oft vor, 
daß die Kolonne ganz auseinanderriß oder dieser oder 
jener bei Hindernissen, die am Tage umgangen werden 
konnten, stürzte, trotzdem an der Spitze und am Ende 
der Kolonne mit Laternen geleuchtet wurde. Hunde- 
müde langten wir gegen 11 Uhr abends in Avagome 
wieder an, wo dic anderen schon Lager bezogen hatten, 
d. h. nach Abfütterung mit gekochten Bohnen sich am 
Wachfeuer zum Schlasen niedergelegt hatten. An diesem 
Tage hatten die Leute von 1 Uhr morgens bis 11 Uhr 
abends ungefähr 82 km zurückgelegt, gewiß eine be- 
achtenswerte Leistung! 
Nach dreistündigem Schlaf auf der Decke ging's am 
13. August, 3 Uhr vormittags, weiter nach Kamina, wo 
wir gegen 9 Uhr vormittags eintrasen. Hier wurde 
uns ein Lagerplatz angewiesen, auf dem wir unsere 
zelte aufschlugen und die Soldaten kleine Grashütten 
mit Palmblätterdach aufbauten; denn die Regenzeit 
setzte recht empfindlich ein. 
Die Großfunkenstation Kamina sollte so lange wie 
möglich gehalten werden. Die erforderlichen Maß- 
nahmen konnten sich aber aus Mangel an Munition 
und Soldaten nur auf eine Verteidigung der Anmarsch- 
straßen beschränken. Am gleichen Tage unseres Ein- 
treffens in Kamina wurde eine Abteilung unter Füh- 
rung des Hauptmanns Pfaehler zusammengestellt, die 
sich dem Feind, der von Süden auf der Bahulinie im 
Anmarsch war, entgegenstellen sollte. 
Die Abteilung war etwa zwei Kompagnien Farbige, 
20 Europäer und ein Maschinengewehr stark. Bei dem 
unglüucklichen Gesecht bei Agbeluwos wurde die Kolonne 
zersprengt, Hauptmann Pfaebler fiel. Das Maschinen= 
gewehr siel in die Höünde der Feinde. 
Inzwischen war bekauntgeworden, daß das Maschinen- 
gewehr der Station Mangu sich auf dem Marsch nach 
Namina befand und Gesahr bestand, daß es von seind- 
lichen Truppen, die den Bezirk Sokode unsicher machten, 
abgefangen würde. Um dieses zu verhindern, fuhren 
am 15. August. abende P Uhr, zwei Autos mit der er- 
forderlichen Munnschaft nach Sokode ab, um das 
Maschinengewehr ab zuholen. 
  
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Auf dem Wege zwischen Njamassillä und Agbandi 
rannte das eine Auto an einen Brückenstein an und 
wurde nur dadurch vor dem Sturz in die Tiefe be- 
wahrt, daß es mit mäßiger Geschwindigkeit fuhr und 
mit verbogener Achse an dem Stein hängenblieb. Die 
Insassen hatten außer leichten Quetschungen keinen 
Schaden genommen und konuten zu Fuß nach Nia- 
massillä zurückkehren. Das andere Auto kam morgeno 
um 7 Uhr in Sokode an (179,4 kin), nachdem es gegen 
3 Uhr morgens einen kleinen Defekt gehabt hatte. 
In Sokode erwartete uns bereits die Abteilung aus 
Mangu mit dem Maschinengewehr und 18 farbigen 
Soldaten, die von Bafilo, wo sic ein Gefecht mit 
französischen Truppen gehabt hatte. über Aledjo nach 
Sokode marschiert war. Gegen 10½ Uhr vormittags 
setzte sich die Abteilung mit dem Maschinengewehr auf 
der Straße nach Atakpame in Marsch, während wir 
im Auto den Abmarsch deckten und nachfuhren; sie 
traf in Kamina mit nur 18 Mann ein; es war der 
Rest von 120 Mann der Mangu-Polizcitruppe — alle 
anderen waren entlaufen! 
Am 19. August, abends 8½ Uhr, erhielt ich den 
Befehl, mit 30 Mann die Feldwache am Monu, nord- 
östlich von Kamina, zu verstärken und gegen Tschetti 
an der Togo-Dahomey-Grenze aufzuklären. Um 9 Uhr 
rückte ich mit 30 Farbigen über Atakpame, Avagome. 
Agbakovhe, Baruba. Denschlechten Weg kannte ich bereits 
zur Genüge. In Aobinbi Aobi vereinigte ich mich 
am nächsten Morgen um 8 Uhr vormittags mit der 
Feldwache, nachdem ich mit einstündiger Pause die 
ganze Nacht marschiert war. Hier traf ich mit unserer 
Reiterpatrouille zusammen, die auch gegen Tschetti 
aufzuklären hatte. Der Standort der Feldwache 
wurde unmittelbar an das rechte Flußufer verlegt und 
hier eine Verteidigungsstellung an der Übergangsstelle 
eingerichtet. Hicrauf zog ich mit 20 Mann über den 
Monu auf einem Buschpfad gegen Tschetti als Patronille 
gegen den Feind, vor mir die Reiterpatrouille. Jen- 
seits des Monu nahm uns leichter Wald mit hohem 
Unterholz auf. Im üblichen Gänsemarsch mit vor- 
gezogener Sicherung ging es auf dem schmalen Busch- 
pfad in schwüler Tageshitze dahin. 
Gegen 2 Uhr nachmittags wurde eine kurze Mittags- 
rast in einem Graben gehalten, wo in einigen Felo- 
vertiefungen übelriechendes Regemwasser zur Löschung 
des Durstes einlud. Gegen 6 Uhr abends Halt an 
einer Angahl Felsblöcke, wo auch die Reiterpatronille 
rastete. zur Sicherung wurde sofort eine Stand- 
patrouille auf dem Pfad ungefähr 1000 m vorgeschoben. 
Regenwasser fand sich genügend in den Felslöchern, 
nur die Verpflegung war knapp und mußte von rück- 
wärts vom Monu erfolgen, weil die ganze Gegend 
vom Monn bis zur französischen Grenze unbewohntes 
Waldgebiet war. Ich hatte von Kamina nur das 
Notwendigste von meinen Sachen mitgenommen: eine 
Kochlast, Getränke und Kleiderlast — alles ubrige 
nebst dem Roffer mit meinen sämtlichen Papieren stand 
im gelt in Kamina. Am 21. August früh ritt die 
Rciterpatrouille wieder der Grenze zu. Ich hatte ihr 
acht von meinen Leuten zur Verstärkung abgegeben, 
die auch vor dem ersten I-schettidorf in Aktion treten 
konnten: dort stellte sich ihr eine feindliche Patrouille 
in den Weg, die aber vor dem Feuer meiner Leute 
im Ausch verschwand. Ich hatte während der Ab- 
wesenheit der Reiterpatrouille durch dreistundige 
Patronillen nach der Grenge hin aufzuklären versucht 
und mich selbst einer Patronille angeschlossen. 
Ein ungefähr 10 km voraus am Psad gelegener 
Hügel erschien mir als Standort geeigneter als die 
Felsblöcke. Am Nachmittag meldeten sich bei mir 
20 Mann, die mir von Kamina zur Uerwendung ziu-
	        
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