Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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er bald darauf hörte, es würde kein Widerstand 
geleistet. Bald hörten wir, daß alle nichteng- 
lischen Weißen weggebracht werden sollten. Da 
die Missionare unter allen Umständen gern im 
Lande geblieben wären, machte Herr Lutz, der 
Leiter der Basler Mission, eine Eingabe 
an den englischen General in Duala, in der er 
sagte, er könne doch nicht glauben, daß das 
christliche England den Missionen eine 
schlimmere Behandlung zuteil werden 
lasse, als sie von den Heiden zu gewär- 
tigen hätten. Missionar Bender machte außer- 
dem seine Ansprüche als amerikanischer Bürger 
geltend. Aber von Duala kam die Antwort, 
kein Deutscher dürfe in Buea bleiben, nicht ein- 
mal Missionar Bender; doch wurde ihm Hoffnung 
gemacht, er könne in Duala bleiben und von 
dort aus die Stationen besuchen, so daß er doch 
wenigstens nach dem Nötigsten hätte sehen können. 
Ihm wurde auch erlaubt, mitzunehmen, was er 
wollte, während von den Deutschen die Herren 
nur zwei Traglasten, die Frauen nur drei mit- 
nehmen durften. Da mußte natürlich das Meiste 
zurückbleiben. Und doch waren wir in Soppo 
und Buea gut daran, denn manche andere hatten 
nur einen Koffer, manche nur das, was sie auf 
dem Leibe trugen. Als die Deutschen von dem 
Proviant, den sie nicht mitnehmen konnten, an 
die Eingeborenen verkauften, erließen die Eng- 
länder ein Rundschreiben. Wenn noch ein 
Europäer Lebensmittel, die für Weiße geeignet seien, 
an Eingeborene verkaufe, so würde allen Euro- 
päern der Proviant weggenommen und nur noch 
Tagesrationen verteilt. 
Am 26. November verließen wir, auch 
Missionar Bender und Frau, in aller Frühe die 
Missionsstation und eilten auf schmalem Busch- 
weg auf die Bahnstation Soppo. Mitglieder der 
Gemeinde halfen Benders beim Transport ihrer 
Sachen, und unterwegs reichte unus noch mancher 
die Hand zum Abschied. Als wir am Bahnhof 
anlangten, kam ein trauriger Zug an: die Ver- 
triebenen aus Buea, unter der Be- 
wachung von schwarzen Soldaten mit auf- 
gepflanztem Bajonett! Frauen und Kinder durften 
mit der Bahn nach Viktoria fahren, die Männer 
mußten unter Bewachung marschieren. Die Fahrt 
den Kamerunberg hinunter durch die Kakao-, 
Gummi= und Plantenpflanzungen, mit ab und 
zu Aussicht auf die Spitze des Berges, ist sonst 
wunderschön; aber diesmal machte sie das Herz 
nur schwer. In Viktoria wurden wir in der 
Basler Mission einquartiert und durften am 
Nachmittag noch einige schöne, stille Stunden in 
ihrem Garten an der Bucht zubringen. Am nächsten 
Tag wurden wir per Schiff nach Duala gebracht, 
wo Benders uns verließen. Ihre Hoffnuungen 
  
gingen nicht in Erfüllung. Sie wurden wie Ge- 
fangene behandelt, bekamen nicht einmal die Er- 
laubnis, in unser Missionshaus zu gehen, und 
2 bis 3 Tage später hörten wir durch einen 
Engländer, daß auch sie auf ein Schiff gebracht 
seien, um weggeführt zu werden. Wir andern 
wurden alle auf die „Apam“ gebracht, wo wir 
mehrere bekannte Gesichter sahen; Missionar 
Orthner und viele Basler Missionare mit ihren 
Frauen und Kindern, unter den letzteren auch ein 
Säugling von zwei Tagen, der auf dem 
Schiff geboren war. Am 29. Dezember kamen 
wir in Liverpool an. Die Männer wurden 
alle, auch die Missionare und ein Arzt, in ein 
Kriegsgefangenenlager abgeführt, die Frauen und 
Kinder nach Deutschland gebracht. Zu unserer 
großen Freude wurden die Missionare nach kurzer 
Zeit jedoch entlassen. 
Wenn wir alle unsere Erfahrungen zusammen- 
fassen, so müssen wir sagen: die Engländer 
wollen die Kolonie auf jede Art und 
Weise wirtschaftlich ruinieren. Sie sind mit 
erdrückender Ubermacht darüber hergefallen, haben 
sie von jeder Verbindung mit der Außenwelt ab- 
geschnitten; fangen mit Gewalt, List und Lügen 
alle Weißen, Soldaten, Regierungsbeamte, Kauf- 
leute, Pflanzer, Missionare, selbst die Angehörigen 
neutraler Staaten; schaffen sie, auch die Franen 
und Kinder, aus dem Lande fort und schicken sie, 
von fast allem entblößt, in die Kriegsgefangen- 
schaft. Ja, das reiche England schämt sich nicht, 
allen alles Geld bis auf, im günstigsten Falle, 
100 Mark à Person abzunehmen. Manchen 
wurde gar nichts gelassen, und viele, die von 
der Straße weggefangen wurden, hatten 
nicht einmal das Nötigste. Zede Arbeit 
ruht, die Entwicklung für die Zukunft ist unter- 
graben. Der Respekt vor dem Weißen ist 
dahin, die Neger haben sie bekriegen und ihnen 
befehlen dürfen, man hat uns als Gefangene 
gesehen. Unsere Gemeinden sind ohne Missio- 
nare in den Händen von schwarzen Ge- 
hilfen und werden es schwer haben durchzu- 
kommen, denn nicht einmal die Missions-= 
arbeit hat daschristliche England geschont! 
4. Uberfall und Plünderung der Station 
Nyamtang. 
Nachdem englische Kriegsschiffe am 26. Sep- 
tember Duala bombardiert und tags darauf 
Truppen gelandet hatten, war vorauszusehen, 
dass nunmehr auch andere Teile Kameruns vom 
Kriege in Mitleidenschaft gezogen werden würden. 
Einer der ersten Orte, auf welchen die Eng- 
länder, begünstigt durch den hohen Wasserstand 
im Wuri, ihr Augenmerk richteten, war Jabassi.
	        
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