Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVII. Jahrgang, 1916. (27)

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als es trotz aller ihrer Einschüchterungsversuche 
gegenüber dem Kongostaat endlich doch zu Grenz- 
verhandlungen und zu dem englisch-kongolesischen 
Vertrag vom 12. Mai 1894 kam, diesen ihren 
zunächst gänzlich ablehnenden Standpunkt nicht 
aufrecht erhalten können."') Denn wenn in diesem 
Vertrag vom Kongostaat zunächst nichts mehr er- 
reicht wurde, als daß England anerkannte, daß 
die Interessensphäre des Kongostaates im Norden 
*) In dem Blaubuch Africa Nr. 4 (1891) Papers 
relating to the Agreement between Grent Brituin and 
Ilis Majesty the King of the Belgians, Sovereign of 
ihe Ind. State of the Congo, signed ut Brussels, May 12, 
189.1, wird über die Vorgeschichte dieses Abkommens 
ziemlich flüchtig und schämig hinweggegangen. In dem 
eriten dort zum Abdruck gelangten Dokument, einem 
Erlaß des l- aal of Kimberlex an den englischen Konsul 
in Zanzibar, Mr. Hardinge, vom 23. Mai 1891 
heißt es: 
When Her Alajest##’'s Government decided upon 
ussuming the Protectorate of Uganda, it heceame in- 
cumleent on them to Consider e bposition of Grent. 
Britain as regards thut part of the British sphere 
describell in ihe Anglo-German Agrecement aus the 
western watershed of the Nilc. It was understood 
that in 1890 arrangements werc made betucen the 
Administrutor of the Congo Free State and the late 
Sir W. Aluckinnon, under which the Enst Africa 
Companx ugrecc to waive in favour of the Frcc Stute 
anx powers wich #u might acquire in the territorr 
so deseribed as a Charterec#l Company, administering 
in the British spherc with ihe sanction of the Crown. 
The documents recording whatever arrangements mar 
hure been concluded were not officiullv communientel 
to, hor sanctioned br. Her Mujesty s Government, and 
obriousl could noi have validit without that sanc- 
lion. The Free State Adwinistration, howewer, 
appears to have considered that, in virtuc of these 
arrungements, it was justilied in sending ckbloring 
parties into the territor affected br them e cx- 
beditions are believed to harc trarclled over n con- 
Sidcrable portion of ihe terriory, and it appears that 
their leaders made Trealies and established posts. 
Her Alajest’s Ainister at Brussels wus, from 
time to time, dircctel to point out that. thongh Her 
Majest'’s Gorernment had no accurate information 
as to the destination and Proceedings of thesc expe- 
ditions. ihe territorr thus explored was well known 
to be included in the British sphere of influence. 
Her AMujest#'s (iovernment, in examining this 
situntion in conncction with the Drotectorate of 
UV'igandu. desired, in order to put an end to all contro- 
versy as to these preceedings, to urrive at an arrange- 
ment which would be satisfactorr to both partics. 
They could not fail to recognize the saerifices 
which had been made in endenvouring to open up the 
countrxs by His Alajesty the King of the helgians, 
whose efforts to promote the eivilization h Africa 
have commanded their warm sympathy. )- 
His Majesty they found him WW#- 
osed to enter into an arrangement uhich, 
n cnabling him to continue the work he had 
commenced, would record his recognition of the 
Position of reat Britain in her spherc, and of such 
claims as Egypt. und throngh her Turker, mar have 
40 the Edunlorial Provinecs whose administration was 
abandoned owing to the cyncuntion of the Sondan.“ 
  
der deutsch-englischen Grenze im Gegensatz zu den 
Bestimmungen der Neutralitätsakte vom 1. August 
1885 durch den 30. Meridian bis zu dessen 
Schnittpunkt mit der Wasserscheide des Nil und 
dann weiter nach Nordwesten durch diese selbst 
gebildet werde, so erlangte er doch, abgesehen 
von dieser nicht unbedeutenden Gebietserweiterung 
im Westen des Albert Sees, jene bekannten beiden 
Pachtgebiete im Nilgebiet, die sich aus dem Vor- 
dringen van Kerckhovens und seiner Nachfolger 
in jene Gebiete ergaben. Über den Gang der 
mündlichen Verhandlungen, welche zu diesem oben 
genannten ersten Grenzabkommen des Kongostaates 
mit England führten, war in den Dossiers kein 
Protokoll zu finden. Die beiden Pachtgebiete, 
das östlichere auf die Lebenszeit des Königs, das 
andere auf die Dauer der Herrschaft der cobur- 
gischen Dynastie in Belgien beschränkt, wurden 
im Westen durch den 25.° ö. Gr., im Norden 
durch den 10. Parallel, im Osten durch den Nil 
und im Süden durch die Kongo-Nil Wasserscheide 
begrenzt, durch den 30.5 ö. Gr. aber voneinander 
geschieden. Das zweite Pachtgebiet umfaßte 
außerdem einen kleinen 25 km breiten Streifen 
bei Mahagi am Albert-See (s. Karte Nr. 2). 
Es ist schwer zu deuten, welches die geheimen 
Triebfedern und Beweggründe waren, die die 
englische Regierung zunächst zu der Billigung des 
Vertrages Leopolds mit der I. B. E. A. Co. ver- 
anlaßten. Ohne nähere Kenntnis des Standes 
der deutsch -englischen Verhandlungen über eine 
allgemeine Festsetzung der gegenseitigen Interessen- 
sphären in Afrika, die am 1. Juli zustande kamen, 
während und zu Beginn der letzten Junidekade 
des Jahres 1890 ist eine Lösung dieser Frage 
unmöglich. Wollte Lord Salisbury mit der 
Billigung des Stanley-Macki nur 
einen unbequemen Gratulanten zum Geburtstage 
der Königin (24. Mai) mit einem jederzeit zer- 
reißbaren Scheinvertrag befriedigen? Oder war 
es schon damals die Absicht der englischen Staats- 
leitung, mit Zuhilfenahme der leopoldinischen Pläne 
an den westlichen Nilufern ein zeitweiliges Puffer- 
system gegen das Vordringen Frankreichs nach 
dem Niltal zu errichten, das einem weitblickenden 
Staatsmann in seinen ersten Anfängen bereits 
erkennbar sein konnte? 
Wie man sieht, waren die Verhandlungen 
zwischen London und Brüssel in Wahrheit doch 
etwas anders verlaufen, als die englische Regie- 
rung in diesem Dokument dem Parlament vor- 
zuspiegeln für gut fand. 
Das Bekanntwerden des Abkommens vom 
12. Mai 1894 erzeugte in der Tat in den kolo- 
nialen Kreisen Frankreichs eine große Erregung. 
Der Deputierte Deloncle veranlaßte einen Be- 
schluß der Kammer, der die französische Regierung
	        
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