Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVII. Jahrgang, 1916. (27)

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sitzungen der Association, im Falle sich letztere ver- 
anlaßt sehen sollte, sie zu veräußern. Schon aus 
diesem Grunde lag es im Interesse der französi- 
schen Republik, dem Kongostaat so umfangreiche 
Gebiete wie möglich zuzuerkennen, namentlich nach 
der Richtung, in der ein direkter Gebietserwerb 
durch Frankreich in Konkurrenz mit dem Kongo- 
staat nicht in Frage kommen konnte, d. h. also 
besonders nach dem Südosten und Süden zu. So 
gestand denn auch die französische Vertragskarte 
der Association den Besitz des ganzen Beckens der 
beiden Hauptquellflüsse des Kongo, des Lualaba 
und des Luapula, zu. Eine solche Großmut 
kostete der französischen Republik ja nichts, sie 
konnte ihr aber unter Umständen selbst von großem 
Nutzen sein. 
Nördlich vom Tanganjika sah die französisch- 
kongolesische Vertragskarte — wenigstens nach 
der vom Präsidenten der Association, dem Oberst 
Strauch, beglaubigten und der Reichsregierung 
übermittelten Kopie der Originalkarte zu urteilen 
(siehe Kartenanlage Nr. 3) — im Gegensatz zu 
der deutsch-kongolesischen bogenförmig nach Nord- 
westen ausbiegenden Grenze eine Grenzlinie vor, 
die dem hypothetischen Lauf des Russisi, der noch 
nicht erforscht war, bis zum 2.° südl. Br. folgte, 
den Kiwusee vom Kongostaat auf alle Fälle aus- 
schloß und dann in schwachem Bogen zum Schnitt- 
punkt des 1.° südl. Br. mit dem 30. Meridian 
führte, welchem sie dann bis zum 4.5 nördl. Br. 
folgte. 
Nachdem die Association gemäß § 37 der 
Kongoakte letzterer in der Schlußsitzung der Kon- 
ferenz am 26. Februar 1885 durch eine zur Ver- 
lesung gebrachte Erklärung beigetreten war, han- 
delte es sich für den König noch darum, durch 
eine den Signatarmächten der Kongoakte in Ge- 
mäßheit des Kapitels III dieser Akte zu notifizie- 
rende Neutralitätserklärung, wie sie in Artikel 10 
der Akte vorgesehen war, diejenigen Gebiete an- 
zugeben, auf die sich diese Erklärung beziehen 
sollte, um n auf diese Weise für den neuen Staat 
acquis un peu dans ce but. Nous Avons une 
entente uvec la Francc, nous lui avons accordé un 
droit de préférence, si nous alicnions nos posscssions, 
mais nous voudrions faire un pas de plus, regler d'un 
coup toute ln qucstion, amener la France à solliciter 
la rectilication immédiate de la front#rc vers le Gabon 
et le QZuillou-Nindi, morennant une bonne somme 
duc la France deyrait. Payxer au nour l Etat. Voild 
la situntion due j’aimecrais Eirc bien connuc en lien 
compétant.. 
Bismarck ließen diese Brüsseler Chimären sehr 
kühl. Jules Ferry sowie de Bragza waren noch etwas. 
früher aufgestanden als der König Leopold. Sie be- 
reiteten seinen Plänen durch die Vorschiebung des 
Königs Makoko, wie aus dem ersten Artikel dieser 
Serie (Deutsches Kolonialblatt 1916, S. 62) zu ersehen 
war, ein jähes Ende. 
  
einheitlich anerkannte Grenzen zu erwirken. Den 
Entwurf dieser Neutralitätserklärung ließ er zu- 
nächst am 5. Juni 1885 dem Fürsten Bismarck 
durch den deutschen Gesandten in Brüssel behufs 
Einverständniserklärung zugehen. Der Fürst, der 
sich in leidendem Zustand damals in Kissingen 
zur Kur befand, ließ das Aktenstück an das Aus- 
wärtige Amt in Berlin mit dem Auftrag über- 
weisen, zu prüfen, ob die Schriftstücke sich in Uber- 
einstimmung mit den Festsetzungen der Konferenz- 
Akte befänden, namentlich bez. der Grenzen des 
Kongostaates. Wenn dies der Fall, so solle ge- 
antwortet werden, daß der Reichskanzler einver- 
standen sei. Er selbst wünsche sich mit der Sache 
nicht weiter zu befassen. 
Der Entwurf der Neutralitätserklärung lautete: 
„Le régime de la neutralité s'appli- 
duera au territoire de I’Etat Indép. du Congo 
renfermé dans les limites qui résultent des 
traités successivement conclus par I'Association 
Intern. avec I’Allemagne, la France et le Por- 
tugal, traités notifiés à la Conférence de Berlin 
ct annexés à ses protocoles, et qui sont ainsi 
dGéterminées, sa voir: « . . ... 
Es folgt nun eine Beschreibung der Grenz- 
linie des Kongostaates, die sich weder mit den 
in dem französischen noch in dem deutschen Ver- 
trag vorgesehenen Grenzen deckt. Durch die Ver- 
träge war, wie wir bereits sahen, keineswegs ein 
einheitlich umgrenztes Gebiet festgelegt. Der 
portugiesische Vertrag beschäftigte sich überhaupt 
nut mit den Gebieten in der Nähe der Kongo- 
mündung. Der französische und der deutsche 
Vertrag zeigten namentlich in bezug auf die 
Führung der Süd= und Ostgrenze des Kongo- 
staates ganz enorme Unterschiede. Allein dadurch, 
daß der französische Vertrag dem Kongostaat auch 
das ganze Quellgebiet des Kongo zuwies, erlangte 
letzterer nach Südost in der Richtung auf den 
Tanganjika= und den Bangweolo-See gegenüber 
den durch den deutschen Vertrag festgesetzten Grenzen 
einen Zuwachs von rund 490 000 gkm. Und 
zwar durch Gebiete, die sich später als die wirt- 
schaftlich wertvollsten des ganzen Staates erweisen 
sollten, nämlich die an Kupfererzen und anderen 
Mineralien reichen Gebiete von Katanga und 
Urua, Territorien, die bis dahin noch nie von 
dem Fuß eines Vertreters des Kongostaates be- 
treten worden waren und auf die er an sich durch 
die von ihm eingeleiteten Maßnahmen auch nicht 
den allerleisesten Anspruch machen konnte. 
Im Osten sollte die Grenze folgenden Verlauf 
haben: 
„„e 30%° est de Greenwich jusqu'fà la hau- 
teur de 1° 20’ lat. sud. Une ligne droite mende 
de l’intersection du 30° de long. est avec le pa-
	        
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