Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVII. Jahrgang, 1916. (27)

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8. Männer und Frauen wurden in Atakpame 
gezwungen, ihr Ehrenwort zu geben, daß sie 
nichts gegen die verbündeten Feinde unternehmen 
würden. Für den Weigerungsfall war ihnen 
schlechte Behandlung angedroht. Einer der Ge- 
fangenen, der das Ehrenwort verweigerte, wurde 
gefesselt abgeführt. 
9. Die Gefangenen, die am 29. August 1914 
von Atakpame nach Lome mit der Bahn ab- 
fuhren, waren drei Tage unterwegs, ohne daß 
von den Engländern für genügende Verprovian= 
tierung gesorgt gewesen wäre. Während der 
  
Fahrt erhielten die Gefangenen nur einmal 
Mittagessen. Acht dem Transport angehörende 
Frauen mußten nachts in den Wagen ohne 
Schutz gegen Moskitos auf den Bänken liegen. 
Trotz des ihnen abgenommenen Ehrenwortes 
wurden die Gefangenen von schwarzen Soldaten 
streng bewacht. 
10. Noch brutaler wurden etwa 100 ge- 
fangene Deutsche behandelt, die nach dem 
29. August 1914 aus Atakpame abfuhren. In 
zwei Tagen erhielt jeder nur eine einzige 
Flasche Wasser. Essen gab es überhaupt 
nicht. Die Gefangenen kamen infolgedessen halb 
verhungert und verdurstet an Bord der „Obuasi“ 
auf der Reede in Lome an. Einer von ihnen 
bekam alsbald nach der Ankunft einen Sonnen- 
stich. Das Abendessen der verschmachtenden 
Deutschen an Bord bestand in einem Stück Brot 
und Marmelade und einem Schiffszwieback. Acht 
gingen sogar leer aus. Keiner von ihnen bekam 
etwas zu trinken. Erst auf die Beschwerde des 
Oberstabsarztes Dr. Zupitza, ließ der Schiffs- 
kapitän einen weiteren Pumpenfilter aufstellen 
und den acht Leuten etwas zu essen geben. 
C. Internierung auf dem Frachtdampfer 
„Obuasi“ vor Lome. 
1. Die aus Kamina und Atakpame weg- 
geführten Männer und Frauen wurden auf dem 
kleinen Frachtdampfer „Obuasi“ auf der durch 
ihre Dünung berüchtigten, offenen Reede vor 
Lome drei Wochen lang als Gefangene unterge- 
bracht. Auf dem unsauberen Schiffe, das nur 
für 48 Personen Kabinen hatte, wurden etwa 
250 Männer und Frauen eingepfercht. 
2. Es gab weder Wasser noch Handtücher in 
den Kabinen. Das Wasser für die beiden Bade- 
räume, die an Bord waren, war oft tagelang 
abgestellt. Ebenso waren die Duschvorrichtungen 
abgeschraubt. 
Die Abortverhältnisse, namentlich im 
Laderaum, waren geradezu gesundheitsschädlich. 
4. Vielfach litten die durch die Strapazen 
mehr oder weniger mitgenommenen Gefangenen 
an Fieber. Es fehlte an Arzneimitteln. Viele 
  
Gefangene hatten nur das bei sich, was sie auf 
dem Leibe trugen. Es war ihnen verboten, an 
Land zu gehen und sich dort Sachen zur Er- 
gänzung ihrer Bekleidung zu holen. 
5. Hinsichtlich der Verpflegung waren die 
Gefangenen der Willkür des Obersteward aus- 
geliefert. Die Verpflegung war unzureichend und 
minderwertig. Trinkwasser fehlte fast immer. 
Mineralwasser gab es nur auf Grund ärztlichen 
Attestes. Die zwei vorhandenen Filterapparate 
konnten für die große Anzahl von Gefangenen 
nicht genügend Wasser liefern. Zum Trinken bei 
Tisch erhielten die Gefangenen Kondenswasser 
von der Maschine, auf dem häufig Schmieröl 
schwamm. Das Tag für Tag gereichte Hammel- 
fleisch war öfters verdorben und hatte einen wider- 
wärtigen, naphthalinähnlichen Geschmack. 
6. Die Leiden der Gefangenen wurden ge- 
steigert durch rücksichtsloses und demütigendes 
Verhalten des schwarzen und weißen englischen 
Wach= und Schiffspersonals. Selbst kranke 
Frauen hatten darunter zu leiden. Der 
Obersteward maß der im Bette liegenden fieber- 
kranken Frau eines Oberbeamten zur Kontrolle 
die Temperatur, obwohl sie in der Behandlung 
des gefangenen deutschen Arztes war, und wollte 
ihr eine Pastille geben. Auf Einschreiten des 
Ehemannes, der dazu kam, warf er die Pastille 
auf den Boden, verbot aber, der Frau das Essen 
in die Kabine zu bringen. Trotz Beschwerde 
schuf der Kapitän keinen Wandel. 
Derselbe Obersteward wies die Gefangenen 
auf ihr Verlangen nach Messer, Gabel und Sitz- 
gelegenheit mit dem Bemerken ab, sie sollten auf 
dem Boden mit den Händen fressen, wie sie das 
von zu Haus gewöhnt seien. 
7. Während des Transports der Gefangenen 
von der Landungsbrücke in Lome nach der 
„Obuasi“ und auf der „Obuasi“ selbst war das 
Gepäck der Gefangenen vor Diebstählen nicht 
sicher. Der Frau eines Oberbeamten sind auf 
dem Wege von der Landungsbrücke nach der 
„Obuasi“ ihre sämtlichen vier Koffer abhanden 
gekommen, so daß sie nur das rettete, was sie 
auf dem Leibe trug. Der Koffer einer Frau, der 
1000 .N enthielt, ist auf dem Dampfer gestohlen 
worden. Besonders wurden auch Wäschesäcke er- 
brochen und beraubt. 
2. Kamerun. 
A. Duala. 
Nach der am 27. September 1914 erfolgten 
Besetzung Dualas durch die englisch-französischen 
Streitkräfte wurden am 28. und 29. September 
1914 die weißen, am Kampf unbeteiligten Be-
	        
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