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IX.
Diejenigen Deutschen Dualas, die am 28. Sep-
tember 1914 nicht auf die Transportschiffe ab-
geführt wurden, darunter die Hauptagenten der
kaufmännischen Firmen und Vertreter der Missionen,
wurden unter der Zusicherung, am nächsten Tage
in ihre Häuser zurückgehen zu können, im Re-
gierungskrankenhause unter schwarzer Bewachung
eingesperrt. Sie wurden aber am 29. September
1914 nicht freigelassen, sondern im oberen Stock
des Regierungskrankenhauses als Kriegsgefangene
zwei weitere Tage und Nächte festgehalten. Die
Räume des Krankenhauses reichten für die große
Zahl der Gefangenen — etwa 200 bis 250 Per-
sonen — nicht aus. Teils in kleinen Kranken-
zimmern, teils auf der offenen Veranda lagen
Tag und Nacht Männer, Frauen, junge Mädchen
und Kinder auf dem Fußboden in der Tropen-
hitze eng durcheinander, ohne Moskitonetze, zum
Teil ohne Decken und ohne die Kleidung wechseln
zu können. Eine Möglichkeit zur Körperreinigung
gab es nicht. Schwarze Soldaten mit aufge-
pflanztem Seitengewehr, die auf den Treppen
und vor den Türen des Krankenhauses standen,
ließen niemanden aus den oberen Räumen des
Hauses ins Freie treten. Dies Verbot und das
Versagen der Wasserspülung auf den Aborten
führte zu den unbeschreiblichsten und unerträg-
lichsten hygienischen Verhältnissen.
Essen und Trinken wurde den Gefangenen
während zweier Tage überhaupt nicht gereicht.
Die schwarzen Diener, die ihren deutschen Dienst-
herren Verpflegung zutragen wollten, wurden von
den Soldaten mit dem Gewehrkolben zurück-
gewiesen. Als schließlich Nahrung gereicht wurde,
war es nichts als harter Schiffszwieback. Die
Behandlung durch das englische Aufsichtspersonal
war roh und rücksichtslos.
X.
Am 27. September 1914 wurde der Chef-
arzt der Kaiserlichen Schutztruppe in Kamerun,
Oberstabsarzt Prof. Dr. Werner, von englischen
Truppen in Duala gefangengenommen und trotz
seines Protestes als Kriegsgefangener behandelt
und als solcher später nach Lagos gebracht.
Seine Unterbringung und Verpflegung während
der Fahrt auf dem Dampfer „Bathurst“ waren
schlecht und ebenso wie seine Behandlung seiner
Stellung unangemessen. Auf dem Dampfer mußte
Oberstabsarzt Werner mit den anderen Ge-
fangenen um Mitternacht an Deck antreten und
sich von Leuten eines englischen Kriegsschiffes
nach Geld durchsuchen und sich solches bis auf
100 — abnehmen lassen. Anscheinend waren
diese Leute zur Durchsuchung und Beschlagnahme
nicht befugt, denn am anderen Morgen kamen
englische Offiziere zum gleichen Zweck. Nur
durch lebhaften Protest gelang es Oberstabsarzt
Werner, eine Bescheinigung über das ihm ab-
genommene Geld zu erhalten.
XI.
Am 29. September 1914 wurden 12 Kranken-
träger in Gefangenschaft abgeführt, obwohl sie in
dem im Ortsteil Deido (Duala, linkes Ufer) ein-
gerichteten Kriegslazarett tätig und an ihren
Armbinden kenntlich waren. Auch sonst sind
deutsche Männer und Frauen, die sich in Duala
in den Dienst der freiwilligen Krankenpflege ge-
stellt hatten, unterschiedslos als Gefangene weg-
geführt worden.
Am 11. Oktober 1914 wurden in Duala-
Generaloberarzt Dr. Waldow nebst 2 anderen
Arzten, 2 Sanitätsgehilfen, 6 Krankenschwestern
und ihre Familienangehörigen, die alle bis dahin
am Kriegslazarett in Deido tätig gewesen waren,
in das Haus der Baseler Missions-Handlungs-
Gesellschaft im Ortsteil Bonanjo (Duala, linkes
Ufer) als Kriegsgefangene abgeführt. Das männ-
liche Sanitätspersonal wurde unter strenge Be-
wachung von schwarzen Soldaten gestellt. Vor
seiner Entlassung nach Fernando Po mußte es
einen sogenannten „Neutralitätseid“ leisten, weil
die Engländer für den Fall der Eidesverweige-
rung mit Verlängerung der Gefangenschaft drohten.
XIII.
Dadurch, daß die weiße Bevölkerung von
Duala gewaltsam abgeführt wurde, ohne vorher
für den Schutz ihres Eigentums sorgen zu dürfen,
war sämtliches Privateigentum schutzlos. Diese
Gelegenheit zum Plündern haben sich die
englisch-französischen Streitkräfte und
Duala-Eingeborenen am 28. und 29. Sep-
tember 1914 gründlich zunutze gemacht.
1. Die Plünderung der Faktoreien und Wohn-
häuser begann gleich nach der Landung der eng-
lisch-französischen Truppen. Nicht nur Sol-
daten, sondern auch englische und fran-
zösische Offiziere haben sich Sachen aus
den Faktoreien und Privathäusern an-
geeignet. Besonders haben die Senegalesen
die der weißen Aussicht beraubten Häuser aus-
geraubt. Dabei schossen sie sinnlos in den Ort
hinein und verletzten harmlose eingeborene Frauen
und Kinder, die in das deutsche Kriegslazarett
aufgenommen werden mußten. Englische Offi-
ziere haben in dem nur wenige Minuten vom
englischen Hauptquartier entfernten Faktorei-
gebäude der Baseler Missions-Handlungs-Gesell-
schaft in Bonanjo silberne Zigarettenetuis
und ähnliche Sachen sich angeeignet,
ganz abgesehen von Wäsche und dergl.,