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B. Gebiet des Lamerunberges.
In dem hoch am lInmerunberge gelegenen
Buea hatten auf Weisung des Gouverneurs etwa
80 Frauen, 30 Kinder und eine Anzahl am
Kampfe nicht beteiligter Männer ein Unterkommen
gefunden. Mitte November 1914 brachen die
englischen Streitkräfte mit Tausenden von schwarzen
Soldaten, Trägern und zahlreichen Kanonen dort
ein. Die meisten Bewohner mußten sofort ihre
Wohnräume verlassen und sich in wenigen Woh-
nungen zusammendrängen.
1. Die Frau des ersten Referenten, Full,
mußte, um einem englischen Offizier Platz zu
machen, ihr Wohnhaus am 15. November 1914
mit ihren Kindern und deren Erzieherin inner-
halb einer Stunde mit dem Wenigen, was sie
zusammenpacken konnte, verlassen. Schon während
die beiden Frauen packten, begannen die eng-
lischen Soldaten zu stehlen. Das Küchengeschirr
konnte nicht in Sicherheit gebracht werden, weil
die Soldaten bereits davon Besitz ergriffen hatten
und es nicht wieder herausgaben. Auch eine
Handtasche mit 50 M. wurde entwendet. Ob-
wohl davon einem englischen Major Anzeige
erstattet wurde, geschah nichts.
2. Zwei Oberbeamte, die ihr Wohnhaus eng-
lischen Offizieren hatten überlassen müssen, ließen
ihre Koffer verschlossen in der Obhnt der Offiziere
in der Wohnung zurück. Beim Abzug der Offi-
ziere fanden sich die Koffer erbrochen und der
darin aufbewahrten europäischen Winterkleider,
Wäsche, Bilder und sonstiger wertvoller Sachen
beraubt. Später wurde das Haus vollkommen
verwüstet; Fenster mit Rahmen und Wellblech
wurden gestohlen, die Lederüberzüge der Möbel
aufgeschnitten, die Bücher der Bibliothek verstreut.
3. Die Niederlassung der Epvangelischen
Missionsgesellschaft von Basel in Buea und ihr
Präses hatten eine besonders rücksichtslose Be-
handlung zu ertragen, obwohl dieser wiederholt
um Schutz der Mission und um die Erlaubnis
gebeten hatte, auf der Missionsstation bleiben zu
dürfen. Der Missionspräses hatte die Unterrichts-
räume und die Schülerschlafsäle der Missions-
stationen zur Unterbringung für 200 schwarze
Soldaten zur Verfügung gestellt. Schulbänke,
Bettstellen und sonstige Gegenstände wurden von
den Soldaten herausgeworfen, beschädigt und
nachher als Feuerholz benutzt. Auf die Bitte
um Schonung der Sachen antworteten englische
Offiziere: „Man solle sich zufrieden geben, daß
die Engländer gekommen wären; wären die
Franzosen da, säße die Mission jetzt oben auf
dem Kamerunberg und hätte kein Dach über sich."“
Eins der Wohnhäuser der Mission mußte in
einer halben Stunde geräumt werden. Die in-
folge der kurzen Räumungsfrist zurückgelassenen
Gegenstäude wurden gestohlen. Dabei wurden
der geschlossene Vorratsraum und der Medizin-
schrank erbrochen und des Inhalts beraubt. Auch
hier wurde die Einrichtung der Küche als Feuer-
holz benutzt. Auf die Bitte, der Zerstörung Ein-
halt zu tun, antwortete der englische Osfizier:
„Hier sei jetzt english town, außerdem würde ja
die Mission in den nächsten Tagen weggeführt.“
Auch englische Offiziere haben am
Plündern teilgenommen; der Missionspräses
selbst traf einen englischen Offizier dabei.
Der englische Proviantmeister war daran-
gegangen, die Viehherde der Mission, im ganzen
19 Stück, wegzunehmen. Obgleich diese zur Milch-
gewinnung für die Kinder in Buea unentbehrlich
war und die Engländer bereits durch die Be-
schlagnahme der großen Herde des Gouverne-
ments in Buea an Fleisch, Milch und Butter
Überfluß hatten, gelang es nur sehr schwer,
wenigstens eine Milchkuh zu retten. Für die
Viehherde der Mission wurde erst auf nachhaltiges
Drängen ein Regquisitionsschein gegeben. Dagegen
wurden für Proviant, Pferde, Sättel, Schafe,
Geflügel, überhaupt für alles, was die Missions-
angehörigen beim Wegführen in die Gefangen-
schaft zurücklassen mußten, trotz wiederholter Bitten
Requisitionsscheine nicht ausgestellt.
4. Auch die Eingeborenen klagten über die
Räubereien der englischen Truppen. Die Be-
hausung eines der schwarzen Missionslehrer wurde
vollständig ausgeraubt. Am 17. November 1914
brachte eine Abteilung schwarzer Soldaten unter
einem englischen Offizier von einem Requisitions-
zuge mehr Schafe, Ziegen und Geflügel an, als
verbraucht werden konnten. Die Eingeborenen
kamen immer wieder auf die Mission und be-
klagten sich, daß die Engländer ihnen alles Vieh
wegnähmen.
5. Gleich nach der Besetzung Bueas wurden
deutsche Männer dort gefangen in Räume ab-
geführt, in denen sich Schwarze befanden. Trotz
der empfindlich kalten Nächte wurden sie längere
Zeit ohne Betten, Decken und ohne genügende
Verpflegung gelassen. Sie erhielten als Nahrung
nur etwas ungekochten Reis und Brot, ohne die
Möglichkeit zu haben, den Reis zu kochen.
6. Ende November 1914 wurden sämtliche
Bewohner von Buea kriegsgefangen nach Viktoria
und von dort zu Schiff nach Duala weggeführt,
darunter auch das Missionspersonal der Baseler
Missionsgesellschaft mit ihrem Präses. Nur die
notwendigsten Kleider und Wäschestücke durften
mitgenommen werden. Die Gefangenen mußten
in Gegenwart der Eingeborenen auf offener
Straße antreten und ihre Gepäckstücke einer gründ-
lichen Untersuchung unterziehen lassen.