Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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auch sein möge, das Eine steht jedenfalls fest, 
daß in jüngster Zeit die Gegend von Ngaundere 
JZeuge einer äußerst lebhaften Eruptionstätigkeit 
war, als deren letzte Erscheinung wohl die kohlen- 
sauren Mineralquellen anzusehen sind. 
Die Untersuchungen des Wassers konnte ich 
nmur mit den primitivsten Hilfsmitteln vornehmen, 
und anßerdem sind meine Notizen noch dem Krieg 
zum Opfer gefallen. Als Hauptbestandteil fand 
ich kohlensauren Kalk. Soweit ich mich erinnern 
kann, schwankte der Gehalt an CaC. in den 
verschiedenen Quellwassern zwischen 1 und 
0,5 v. PH. Auch Chlornatrium, dem ja die Quellen 
ihren bisherigen Namen als Salzquellen verdanken, 
konnte nachgewiesen werden. Jedoch ist das Stein- 
salz stets im Verhältnis zum Kalziumkarbonat nur 
sehr untergeordnet als mehr nebensächlicher Be- 
standteil vorhanden. Von sonstigen Bestandteilen 
ließen sich nachweisen: Fe, A#g, K, CI, COg 
Die Feststellung des hohen Kalkgehalts er- 
llärt mit einem Male den Heißhunger, mit dem 
sich die Rinderherden schon von weitem brüllend 
und sich in Galopp setzend auf die Wassertröge 
stürzen. Sic wittern das für ihre Erhaltung und 
Fortpflanzung wichtigste Nahrungsmittel. Nach 
der bisherigen landläufigen Kamernner Ansicht 
wäre es nur der Hunger nach Salz, also nach 
einem Reizmittel, aber nicht nach Kalk, also einem 
Nährmittel, gewesen, der den Tieren so behagte. 
Nan hat also den Wert der Quellen im Lande 
selbst bisher noch unterschätzt. Der Glaube der 
Fulbes, daß die Tränkung ihres Viehes an den 
Heilquellen unbedingt nötig zur rationellen Vieh- 
lucht sei, dürfte nur gar zu wahr sein. Ich 
glaube, daß das Ngaunderevieh nicht nur seine 
prachtvolle Entwicklung, sondern überhaupt seine 
Eistenz den Quellen verdankt. 
Eine gewisse Bestätigung dieser Annahme bietet 
die Tatsache, daß die Viehzucht gerade in einem 
solchen Umkreis von den Quellen betrieben wird, 
als es möglich ist, die Tiere in gewissen Ab- 
länden zur Tränke zu führen. Interessant ist es, 
daß nomadisierende Borroros ihre Herden auf 
den Lavaströmen des Ngau Mbum ins Mberretal 
hiabtreiben, wo sich auch eine für Adamauna ab- 
wechslungsreiche Enklave befindet. Denn dort 
neten neben Graniten und Gneisen Basaltdecken, 
Lagelstußschichten und jüngere Flußschotter auf. 
Wird man auch im allgemeinen mehr zu der An- 
scht neigen, daß die Nomaden in das Mberretal 
sehen, weil dort infolge größerer Feuchtigkeit 
stischeres Gras als auf den Hochflächen wächst, 
ist es doch immerhin eigenartig, daß sie gerade 
6s Mberretal bevorzugen, während sie in anderen, 
Cen äußeren Anschein nach ähnlichen, dem geo- 
neicen Aufban nach aber eintönigen Tälern 
ackt anzutreffen sind. Ich glaube überhaupt, daß 
nan die Einwirkung der Gebirge und Terrain= 
swierigkeiten, die scheinbar einer weiteren Aus- 
  
breitung der Nomaden nach Süden im Wege 
standen, häufsig recht überschätzt. Nicht deshalb 
besteht in diesen Gebieten keine Großviehzucht, 
weil der Fulbe nicht dorthin kam, sondern der 
Fulbe unterwarf sich diese Gegenden, die er ja 
auf Sklavenjagden und Raubzügen zur Genüge 
kennen gelernt hatte, darum nicht, weil sie nicht 
imstande waren, sein Bieh zu ernähren und für 
ihn nicht wertvoll geung zur Besitzergreifung waren. 
Die Annahme, daß ohne die Kalkquellen eine 
Rindviehzucht im Nganndere-Bezirk kaum möglich 
wärc, wird verstärkt durch das Versagen der 
Pferdezucht. Denn die Pferde weigern sich, das 
Quellwasser zum Saufen anzunehmen, auf das 
sich die Rinder mit ganz auffallender Freude 
stürzen. So sind die jungen Füllen zum Ver- 
enden an Knochenerweichung verurteilt, weil ihnen 
der nötige Kalk fehlt, während neben ihnen die 
Kälber aufs prächtigste gedeihen. Dies könnte 
ja nun daran liegen, daß die Pferde in der 
Wachstumszeit bedentend mehr Kalk gebrauchen 
als die Rinder. Das scheint mir aber nicht der 
Fall zu sein. Denn in Nordadamana findet man 
neben einer Rinderzucht, die an diejenige Ngaun- 
deres nicht heranreicht, häufig eine sehr gute 
Pferdezucht entwickelt. So neige ich der Ansicht 
zu, daß das Scheitern der Pferdezucht in Ngaun- 
dere vor allem darauf zurückzuführen ist, daß die 
Pferde sich weigern, das Wasser der Tränkquellen 
anzunehmen. 
Die Gründe dieser Scheun können nun ver- 
schieden sein. Es wäre möglich, daß das Mineral= 
wasser zu stark konzentriert ist, entweder an Koh- 
lensäure oder an Kalk, so daß die Pferde sich 
scheuen, es anzunehmen. Allerdings dürfte dies 
kaum der wahre Grund für das eigenartige Ver- 
halten der Pferde sein. Denn sie fressen ja sonst 
mit großer Vorliebe das im Sudan viel gehandelte 
sogenannte Tschadseesalz, das bisweilen Lagen von 
Arragonit in sich schließt. Immerhin könnte sich 
vielleicht ein Versuch lohnen, indem man den 
Tieren stark verdünntes Mineralwasser zu trinken 
gibt. Natürlich müßte dann die Zahl der Trän- 
kungen proportional der Verdünnung vermehrt 
werden. Ich glaube jedoch, daß die Pferde nicht 
vor der Konzentralion der mineralischen Lösungen, 
sondern vielmehr vor den Vernnreinigungen, die 
ja das ganze Wasser trüben und ihm einen stinken- 
den Geruch erteilen, zurückschrecken. Die Ver- 
unreinigungen stammen von den Exkrementen der 
Rinder her. Das Wasser reagiert stark ammonia- 
kalisch. Da die Quellen wohl zum mindesten 
seit Jahrzehnten benutzt und täglich Tausende von 
Rindern dort getränkt werden, so ist es klar, daß 
im Laufe der Zeit der ganze Flußschotter verseucht 
worden ist. Dazu kommt noch, daß die Einge- 
borenen in der zisternenartigen Quellöffnung bis 
zum Bauche im Wasser stehen, das sie mit Schöpf- 
eimern in die hölzernen Tränktröge füllen. So
	        
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