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schrift aufzusetzen, die dem Minister Beernaert
als Unterlage bei der Vertretung der Interessen
des Kongostaates im Falle von Angriffen gegen
ihn in den belgischen Kammern dienen sollte. In
dieser Anweisung heißt es: „Coquilhat aurait
Gcrit qu'il fallait que l'Etat s'aquiert le plus
d'argent possible. S'il a éerit cela il ne faut
pas détacher un heller d'un ensemble. Co-
quilhat voulait faire rendre à César tout ce
qui est à César, ne pas laisser à d'autres
qu'à I’Etat à moins de concessions le produit
de ses domaines.“
Wenn Cäsar der feierlichen Verpflichtungen
eingedenk gewesen wäre, die er bei der Unter-
zeichnung der Kongoakte übernommen hatte, die
eingeborene Bevölkerung zu schonen und ihre
materielle und moralische Lage zu bessern und zu
fördern, so hätte sich über eine solche Auffassung,
daß der Staat möglichst viel Geld zusammen-
raffen soll, noch diskutieren lassen. In Wirklich-
keit aber dienten die aus dem Kongo fließenden
Millionen, sehr im Gegensatz zu den in den Ge-
burtsstunden des Staates feierlich verkündeten
humanitären Grundsätzen, zur Förderung der
Macht und des Glanzes der Dynastie, zur Be-
friedigung einer nach und nach fast krankhafte
Dimensionen annehmenden Lust an nicht selten
eines ernsten Zweckes entbehrenden Luxusbauten
und zu finanziellen Unternehmungen in allen
Teilen der Welt. Für die Förderung der Ein-
geborenen, den wesentlichen Zweck der modernen
Kolonisation, geschah nichts. Unter dem Tröger-
und Arbeitszwang entvölkerte sich der Kongo in
erschreckender Weise. Die materielle Lage der
Eingeborenen erfuhr eine wesentliche Verschlechte-
rung, sie verarmten, die einheimische Gewerbe-
tätigkeit verschwand, und für das Schul= und
Bildungswesen geschah so gut wie nichts. Den
unausbleiblichen Fehlschlag einer solchen Wirt-
schaftspolitik hatte der Bericht der Untersuchungs-
kommission 1905 bereits an die Wand gemalt.
Seit Ende 1906 waren die Zustände unhaltbar
geworden, nachdem der König die natürlichen
Bodenschätze des Kongo an sechs Organisationen
verteilt hatte, ein Eingriff, der Belgien für
Menschenalter die freie Verfügung über diese
Hilfsquellen seiner zulünftigen Kolonie entzog.
Diese Maßnahme, unmittelbar vor der nicht mehr
zu vermeidenden Annexion vollzogen, mußte als
eine Art Racheakt gegen das auf seine Annerions=
rechte bestehende Parlament ausgefaßt werden.
Sie bewies deutlich, wie wenig dem Herrscher
daran gelegen war, dem Mutterlande eine wohl-
geordnete, finanziell sicher fundierte Kolonie zu
hinterlassen, und stellte eine Verschleuderung des
Nationalvermögens dar, die nichts mit dem Bild
eines weitblickenden, umsichtigen und fürsorgenden
Landesvaters zu tun hatte.
Man hat den König wegen seiner ausge-
dehnten Finanzoperationen als einen gewiegten
Geschäftsmann und einen der hervorragendsten
Großkaufleute bezeichnet'). Der eingangs er-
wähnte Vorgang mit dem englischen Eisenbahn-
syndikat ist nicht geeignet, dieses Urteil zu be-
stätigen. Wenn die vom Kongostaat in China
eingeleiteten ungewöhnlichen Geschäfte für ihn,
h. für den König, vorteilhaft abgeschnitten
haben, so“ dürfte dies wohl hauptsächlich den Rat-
schlägen des Bankiers Empain und der „So-
ciété générale“ zu danken sein"'). Schließlich darf
man nicht außer acht lassen, daß die vom König
hinterlassenen, in den verschiedensten Fonds, Stif-
tungen und besonderen Vermögensverwaltungen
*) Prof. Dr. A. Rathgen, der in Brüsiel Ge-
legenheit gehabt hat, Einblick in amtliches Material
zu nehmen, äußert ich in hiner kürglich erschienenen
Studie über „Leopold II.“ (Der Belfried, April, „Mai-
Heft 1917. S. 402) nach dieser Richtung, wie folgt:
„Man hat geglaubt, Leopold II. charakterisieren zu
können, wenn man ihn als einen smodernen Menschen-
begeichnete. Das scheim mir durchaus schief zu sein.
Angesichts der Millionen, die er aus dem Kongo-
Unternehmen herauszuholen wußte, hat man ihn einen
großen Geschäftsmann genannt. Für den Sohn eines
Coburg und einer Orléans klingt das ja nicht un-
wahrscheinlich. Aber Leute, die den König gelamm
haben, versichern, daß er das eigentlich Geschäftliche
seiner großen Finanzpläne nie recht beherrscht habe.“
*“) Der unermüdlich auf die Förderung der bel-
gischen Auslandsinteressen bedachte König ließ sich alle
Berichte der belgischen Vertreter im Ausland, die
Mitteilungen besonders wichtiger kommerzieller Natur
enthielten und die geeignet erschienen, das belgische
Kapital an ausländischen Unternehmen und Geschäften
zu interesieten unmittelbar nach ihrem Eingang und
vor ihrer Veröffentlichung vorlegen. Er pflegte dann
die Finanzleute seines Vertrauens „en barfaite con-
naissance de cause- mit Mitteilungen Zu versehen.
um sie zu veranlasien, sich an solchen Geschäften zu
beteiligen.
Dieses Verfahren führte natürlich zu einer Be-
nachteiligung derienigen Geschäftskreise, die sich nicht
der königlichen Gunst zu erfreuen hatten und brachte
es mit sich, daß die Direktion der Handelsabteilung
im belgischen Ministerium des Auswärtigen zuweilen
erst verspätet Kenntnis von aktuell wichtigen Berichten
erhielt, nachdem sie vom Palais zurückgekommen waren.
Es gab Veranlassung zu einek Interpellation, die der
Abgeordnete Royer im Februar 1909 — in der Kammer
an den Minister Davignon richtete. Der Minister be-
stritt die Richtigkeit der Behauptung, daß eine Ver'
zögerung in der amtlichen Bearbeitung der Berichte
durch dieses Verfahren, das dem König getattete de
revéndiquer la primeur des rapports dip umatisne el
consulaires. susceptibles d. a#sbeer, le monde des
affaires- eintrete. Tatsächlich wurde es aber abgeän-
dert und den betreffenden Dienststellen Gelegenhemt
gegeben, zuvor summarische Kenntnis von solchen Be-
richten zu nehmen, ehe sie in das Palais gesandt
wurden, wie aus einer Aktennotiz des Ministerinms
vom 25. Februar 190p hervorgeht.