Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

Vom krieg in den Schutzgebieten. 
„(Denschlchheit“ und Kriegsgefangenen- 
Bbehandlung beim Feinde. 
(Aus den Kämpfen um Kamerun.) 
Alphons Herrmann, Mitglied der katholischen 
Mission in Duala, trat bei Kriegsausbruch als 
Kriegsfreiwilliger in die Schutztruppe für 
Kamerun ein. Die vorhandenen Unisormen 
reichten nicht aus; so erhielt Herrmann als 
Zeichen seiner Zugehörigkeit zur Schutztruppe einen 
silbernen fliegenden Adler und eine schwarz-weiß- 
rot geflochtene Schnur, die er sich an der Mütze 
und am linken Arm befestigte. 
Herrmann wurde am 8. Angust 1914 zum 
Führer des der katholischen Mission gehörigen, 
in den Dienst der Schutztruppe eingestellten Motor- 
schiffes „Regina“ bestimmt, mit dem er den 
Engländern viel zu schaffen machte. 
Am 19. September 1914 unternahm die 
„Regina“ einen Torpedoangriff auf enuglische 
Kriegsschiffe, geriet jedoch in einen Hinterhalt, da 
Eingeborenenspione das Unternehmen den Eng- 
ländern verraten hatten. Unter dem Kreuzfeuer 
zweier englischer Kanonenboote explodierte der 
Benzintank des Motors, und die „Regina“ geriet 
in Brand. Trotz der deutlich erkannten Katastrophe 
feuerten die Engländer auf 80 Meter Entfernung 
mit Geschützen und Maschinengewehren weiter. 
Nachdem die „Regina“ die weiße Flagge ge- 
hiht hatte, kam ein englisches Kanonenboot in 
langsamster Fahrt heran und ließ den Führer und 
swei Europäer des Schiffskommandos übersteigen. 
Die übrige Besatzung — sowohl Europäer wie 
Farbige — ließen die Engländer auf der 
brennenden „Regina“"“ zurück. 
Als Herrmann als derjenige erkannt worden 
war, der den Engländern vorher soviel zugesetzt 
hatte, befahl ihm der englische Schiffskommandant, 
sich unter das Buggeschütz zu setzen, aus dem er 
dann noch eine Zeitlang auf die brennende 
„Regina“ feuern ließ. 
Nachdem das Feuern eingestellt war, erhielt 
Herrmann den Befehl, nach der „Regina“, die 
jeden Augenblick in die Luft fliegen konnte, zurück- 
zurudern und den Brand zu löschen. Herrmann 
  
fuhr hin und meldete bei seiner Rückkehr, der 
Befehl sei unausführbar gewesen. 6 
Darauf befahl ihm der englische Kommandeur 
wieder, unter dem Buggeschütz Platz zu nehmen, 
und ließ auf die „Regina“ weiterfeuern, ohne 
sie indes zum Sinken bringen zu können. Die 
„Regina“ brannte vollständig aus; das Wrack 
wurde später versenkt. 
Von dem Kanonenboot kam Herrmann an 
Bord des englischen Schiffes „Cumberland"“, 
wo er von einem aus fünf englischen Offizieren 
bestehenden Gericht verhört wurde. Nach der 
Untersuchung eröffnete ihm einer der Offiziere, 
daß er zum Tode verurteilt worden sei und am 
nächsten Tage erschossen werden würde. Der 
einzige Zweck dieser Mitteilung war, Herrmann 
in Todesangst zu versetzen; denn ein Grund für 
die Verhängung der Todesstrafe, die auch nicht 
vollstreckt wurde, lag nicht vor. 
Herrmann wurde später dem französischen 
Dampfer „Elmina“ Übergeben. Hier wurde er 
ohne Angabe irgendwelchen Grundes zunächst an 
Händen und Füßen in Eisen gelegt, später 
gefesselt in einer vergitterten Kabine untergebracht. 
Die „Elmina“ landete in Kotonon; selbst 
beim Verlassen des Schiffes wurden dem Herr- 
mann seine Fesseln nicht abgenommen; er 
wurde vielmehr mit einem Kran ausgebootet. 
Beim Marsch durch Kotonon wurde er zwar 
von den Fuffesseln befreit, diese wurden ihm 
aber von einem englischen Sergeanten hocherhoben 
vorangetragen. Weiße und farbige Zuschauer 
hatten ihr Ergötzen. 
Herrmann wurde in Kotonou ins Zucht- 
haus geworfen, wo Unterkunft und Verpflegung 
jeder Beschreibung spotteten. Sein Vorgesetzter 
war ein schwarzer Zuchthausdirektor. Seine Bitte, 
in der nahen Kirche am Sonntagsgottesdienst 
teilzunehmen, wurde ihm abgeschlagen. Daß ihm 
bei der Gefangennahme sein wertvolles Zeiß- 
Marineglas von einem englischen Offizier weg- 
genommen wurde, sei nebenher erwähnt. 
Körperlich und seelisch vollkommen gebrochen, 
wurde Herrmann schließlich nach Frankreich ge-
	        
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