Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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nichtssagendsten und scheinheiligsten Vorwänden 
herbeigeführt wurde. 
Nachstehend geben wir den darüber veröffent- 
lichten englischen amtlichen Bericht wieder. 
Er lantet: 
Den folgenden Morgen (23. 3. 16) erschienen 
unsere Fahrzeuge gegenüber Dareosalam. Man 
übersandte den Deutschen eine Forderung, zuzu- 
lassen, daß das Dampfschiff „Tabora“ untersucht 
würde. Es wurde behauptet. daß dieses 5000 t 
große Schiff der Deutsch-Ostafrika = Linie kurg 
vorher mit grauer Farbe angestrichen worden sei, 
und daß man Hämmern an Bord gehört habe. An 
den Masttoppen wehte die Rore Kreuz-Flagge, aber 
in den deutschen Listen steht das Schiff als Hilfs- 
kreuzer verzeichnet. 
Dem Gouverneur war schon im August 1914 
mitgeteilt worden, daß das Schiff nicht als ein 
Howitalschiff anerkannt werden solle. Es war also 
möglich, daß der Dampfer jederzeit die Rote Kreug- 
Flagge niederholen und als ein bewaffnetes Schiff 
in See gehen könnte. 
Unsere Forderung wurde abgelehnt, obwohl 
unsere Offiziere sich erboten hatten, mit verbundenen 
Augen und in deutschen Booten an Bord der „Ta- 
bora“ zu gehen. Hierauf wurde die „Tabora“ um 
1½6 Uhr nachmittags, ungefähr 7½ Stunden nach 
Ubersendung der Forderung, durch sechszölliges Ge- 
schützjeuer versenlt. Obwohl nur die Mastspitzen 
sichtbar waren, genügten ein paar Salven auf den 
Abstand von 9000 Yards, und das prächtige Schiff 
legte sich auf die Seite, wo es jetzt noch liegt. 
Man glaubt nicht, daß Verluste an Menschenleben 
entstanden sind. 
Die Engländer waren sich also über den 
Charakter des Schiffes vollkommen klar. Um 
aber einen Vorwand für ihr völkerrechtswidriges 
Vorhaben zu haben, wurde die unter den ob- 
waltenden Verhältnissen gänzlich illusorisch ge- 
wordene ehemalige Bestimmung des Schiffes als 
Hilfskreuzer vorgeschoben, behaupptet, daß Vor- 
bereitungen zu seiner Indienststellung getroffen 
würden und daraufhin die Forderung gestellt, 
das Schiff untersuchen zu dürfen. Daß letztere 
abgelehnt werden würde, dürfte den Engländern 
als selbstverständlich erschienen sein. Denn ab- 
gesehen von der Anmaßung, die in der Forderung 
selbst lag, hatte man auf deutscher Seite allen 
Grund, den angebotenen englischen Bedingungen 
das größte Mißtrauen entgegenzubringen. Hatten 
doch die Ereignisse am 28. November 1914 zur 
Genüge bewiesen, inwieweit englischen Ver- 
sprechungen zu trauen und welcher Wert ihnen 
beizumessen war.“) 
Die Versenkung des Lazarettschiffes „Tabora“ 
zeigt ernent, mit welcher Skrupellosigkeit England 
sich über das Völkerrecht hinwegsetzt, wenn es 
ihm gerade paßt. 
) Siehe die diesbegügliche Stelle über die Be- 
iefung von Daressalam in der dritten Mitteilung 
(D. Kol. Bl. 1915, Nr. 6, S. 104). 
  
Bevor wir uns den Ereignissen, die zum 
weiteren Zurückgehen der schwachen deutschen 
Streitkräfte in den südöstlichen Teil der Kolonie 
und damit zur Preisgabe des übrigen Gebietes 
führten, zuwenden, lassen wir nachstehend den 
von dem Führer der feindlichen Streitkräfte, 
Generalleutnant Smuts, über den Feldzug in 
Deutsch-Ostafrika bzw. die Kämpfe am Kilima- 
ndscharo erstatteten Bericht in UÜbersetzung folgen 
General-Hauptquartier, Ostafrika. 
30. April 1916. 
My Lord! 
In Ubereinstimmung mit Ihren Anweisungen 
ibernaht ich den Oberbefehl über die Streitlräfte 
Sr. Majestät in Ostafrika am 12. Februar und fuhr 
an diesem Tage von Südafrika ab. 
Ich kam in Mombassa am 19. Februar an und 
wurde dort von Generalmajor Tighe empfangen, 
der mir einen ausführlichen Bericht über die Lage 
in Ostafrika und die Schritte erstattete, die er er- 
griffen hatte, um alle Vorbereitungen zu einem An- 
griff im Kilimandscharogebiet noch vor Einsetzen der 
Regenzeit zu fördern. Ich entschloß mich, die beiden 
in Vorschlag gebrachten Anmarschlinien über Mbnynni 
und Longido sofort zu besichtigen und einc persön- 
liche Erkundung zusammen mit General Tighe zu 
unternehmen. 
Als Ergebnis dieser Erkundung drahtete ich 
Euerer Lordschaft bei meiner Ankunft in meinem 
Hauptquartier in Nairobi am 23. Februar, daß ich 
bereit sei, die Besetzung des Kilimandscharogebicts 
noch vor der Regengeit auszuführen, und ich erhielt 
dazgu Ihre Genehmigung unter dem 25. Februar. 
2. Es wird. wie ich annehme, das klare Ver- 
ständnis meines Berichts fördern, wenn ich hier kur; 
die hauptsächlichsten Tatsachen über die militärische 
Lage in Ostafrika und auch über diejenigen Maß- 
nahmen wiedergebe, welche erst kürglich von Gencral 
Tighe zur Entwicklung eines Vormarsches in deut- 
sches Gebiet ergriffen und welche erst durch das Ein- 
treffen von Verstärkungen aus Südafrika möglich 
gemacht wurden. 
Zu Bexpinn des Jahres 1916 wurden die deut- 
schen Streitkräste in Deutsch-Ostafrika auf etwa 
16000 Mann geschätzt, von denen 2000 Weiße waren. 
mit 60 Geschützen und 80 Maschinengewehren. Sie 
waren in Kompagnien in Stärke von 150 bis 200 
Mann eingeteilt, davon 10 v. H. Weiße, und mit 
wurchschnitklich zwei Maschinengewehren auf die 
Wompanie 
ind hielt einen beträchtlichen S reifen 
englischen Gevieten besetzt. Bei Taveta hatte ½% ein 
großes, verschanztes Lager angelegt mit einer vor- 
geschobenen Stellung bei Salaita (El Oldorobo)h, 
einem befestigten Lager bei Serengeti und einem 
vorgeschobenen Posten bei Mbuyuni:; die beiden letzt- 
genannten Plätze liegen 13 bzw. 17 englische Meilen 
östlich von Taveta. Bei Kasigan unterhielt er eine 
Besatzung von 500 bis 600 Gewehren mit dem 
Zweck, unseren Aufmarsch durch Sprengungen an der 
liganda= und der Bahn Voi-—Makatau aufzuhalten. 
Die gahlreichen Versuche, dies zu erreichen, waren 
durchweg vergeblich. Im Rüstengeb et stand eben- 
falls eine beträchtliche Besatzung am Umbaflussc, die 
von hier aus in der Entsendung von Strei abtei- 
lungen in die Nachbarschaft der Ugandabahn sowie 
gegen Mwele Mdogo und Gazi eine starke Tätegkeit 
entweckelte. Außerdem waren an zahlreichen Stellen
	        
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