Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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wie aus nachstehendem Bericht des genannten 
Offiziers ersichtlich ist: 
Yola, den 25. Juli 1915. 
An 
den Führer der englischen Truppen 
in Yola, 
Herrn 
Oberst Cunliffe, 
Hochwohlgeboren. 
Am 24. Juni 1915 zeigte mir Hauptmann Hall 
einen Patronenrahmen des Gewehres Modell 88, 
enthaltend zwei Stück 8-Patronen und drei angefeilte 
Patronen der Munition 388. Hauptmann Hall sagte 
mir, daß diese Patronen in Garua gesunden worden 
seien. Hauptmam Hall wies darauf hin, daß er im 
Auftrage des Obersten Cunliffe handele und daß 
das Anfeilen von Patronen nicht erlaubt sei. Aus 
den Worten des Hauptmanus Hall entnehme ich, daß 
auf seiten des englischen Führers der Glaube be- 
steht, daß diese angefelten Patronen einer Munition 
entstammen, die von uns im Kriege verwendet wird. 
Hauptmann Hall sagte ferner, daß noch mehr der- 
artige Patronen in Garua gefunden worden seien. 
Hierzu melde ich folgendes: diese angefeilten 
Patronen sind Jagdmunition, die von den Europäern, 
denen sie gehörte, zu diesem mwecke angefeilt worden 
ist. Die Schutzrune führt als Munition das Spitz- 
geschoß (8-Geschoß). Der von Hauptmann Hall 
vorgegeigte Patronenrahmen gehört zu dem Gewehr 
Modell 88 und paßt nicht in das Gewehrmodell 98, 
das gegenwärtig bei den in Garna sechtenden 
deutschen Truppen geführt wurde. Die Um- 
bewaffnung der in Garna stationiert gewesenen 
Kompagnie vom Gewehr Modell 88 zu dem Gewehr 
Modell 98 erfolgte im Jahre 1909. 
Oberleutnant Surén meldet mir, daß sich in 
seinem Besip 30 S-Patronen befanden, die zu Jagd- 
zwecken in Duala im Jahre 1913 angefeilt wurden 
und die er in Garna zurückgelassen hat. Diese 
Patronen waren in Paketen verpackt, die die Auf- 
schrift „Jagd und Hunting“ trugen. 
ch melde ferner, daß in Garna niemals andere 
Patronen als die vorschriftsmäßigen 8-Patronen zu 
Gefechtsgwecken Verwendung fanden. Da ferner 
nach der Übergabe von Garua an vielen Stellen 
die Koffer der Europäer erbrochen und ihres Inhalts- 
beraubt wurden, ist es leicht möglich, daß Jagd- 
patronen an anderen Stellen als ihrem ursprüng- 
Rehra Aufbewahrungsort aufgefunden wurden. 
geg. v. Crailsheim, 
Haupimann. 
In dem Schreiben des Generals Dobell an 
den Gouverneur Ebermaier vom Dezember 1914 
über die barbarische Kriegführung der deutschen 
Truppen in Kamernn (siehe 4. Mitteilung) wird 
die durch nichts begründete und dementsprechend 
in der Antwort des Gouverneurs auch scharf 
zurückgewiesene Behauptung aufgestellt, in den 
Reihen der deutschen Truppen kämpften mit ver- 
gisteten Pfeilen bewaffnete Eingeborene. Dieses 
widerspreche dem Artikel 23 des Haager üÜber- 
einkommens, betreffend die Gesetze und Gebräuche 
des Landkrieges. Man sollte annehmen, daß 
seitens der Wächter des Haager Übereinkommens 
dessen Bestimmungen auch auf das peinlichste 
beachtet würden. Inwieweit diese Annahme in- 
  
des zutrifft, ergibt sich aus der nachstehenden 
Meldung des deutschen Offzierstellvertreters 
Persson an den Führer der bei Joko stehenden 
Truppen: 
Mbamti, den 28. November 1915. 
Reserve-Abteilung V. 
Nr. 165 P. 
Meldung. 
Ich melde, daß der bei Bongere stehende Gegner 
(Frangosen) Eingeborene zu Aufklärungszwecken ver- 
wendet, die mit vergifteten Pfeilen bewaffnet sind. 
Am 25. November mittags war von unserer 
Soldaten-Patrouille (Führer Sold. Ondna II E. M. 
1425) eine feindliche Sicherung bei Kilometer 16 
nördlich Joko festgestellt worden, worauf die Pa- 
trouille bis zum Dorf Wembe, Kilometer 16, zurück- 
ging. Abends schlichen sich zwei mit Speer und 
Bogen bewafsnete Eingeborene, von Bongere kom- 
mend, vorsichtig an das Dorf heran, verschwanden 
aber sofort im Grase, als sie die Patronille er- 
blickten. Am Morgen des 26. November erschienen 
auf demselben n Wege sechs Eingeborene, wieder 
ibati= oder Agaundere-Leute. Als dieselben auf 
-1 in Richtung Bongere flüchteten, gab die Pa 
tronille feuer und erschoß einen der Leute. 
Als ich am 26. mitiags gegen Bongere vorging, 
wurde mir Ine Leiche gezeigt; bei derselben befanden 
sich noch die Waffen. Es handelte sich anscheinend 
um einen Ngaundere-Neger. Im Köcher befand sich 
eine Handvoll sehr stark vergifteter Pfeile, d. h. jedem 
Pfeil war eine Menge Gift aufgetragen. Es unter- 
liegt meiner Ansicht nach keinem Zweifel, daß der 
Getötete im Dienst der Frangzosen gestanden hat. 
Ich sah kurz darauf noch selbst bei Kilometer 18 
einen feindlichen Posten, hei dem sich sechs bis acht 
Eingeborene als Beobachter befanden. 
gez. P on, 
Feldwebel und Abteilungsführer. 
Herrn Leutnant Havemann, 
Hochwohlgeboren, 
Joko. 
Immer wieder wird in den feindlichen Kriegs- 
berichten der Vorwurf barbarischer Kriegführung 
gegen die Offiziere der Schutztruppe erhoben. 
Sie werden beschuldigt, unschuldige Eingeborene 
Kameruns gemordet zu haben, die ihrer natür- 
lichen Regung folgend, sich den die Befreiung 
vom deutschen Joch bringenden französischen oder 
englischen Truppen angeschlossen hätten, um in 
ihren Reihen gegen ihre bisherigen Unterdrücker 
zu fechten, oder in anderer Weise sich ihren 
Befreiern erkenntlich zu zeigen. Diese Eingebo- 
renen waren Verräter und als solche sind sie 
bestraft worden. Die deutschen Offiziere waren 
nur Vollstrecker des Gesetzes, das in so ernster 
Zeit auf das schärfste gehandhabt werden muß. 
Welches Gesetz schrieb aber französischen Offizieren 
vor, in Garna deutsche Eingeborene hinrichten zu 
lassen, weil sie den französischen Verlockungen 
widerstanden und der deutschen Regierung aus 
innerstem Pflichtgefühl die Treue b. wahrt hatten? 
Hauptmann Freiherr v. Crailsheim hatte sich in 
richtiger Würdigung des französischen Charakters
	        
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