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„Wir schliefen teils auf Beiten, teils aus Lang-
stählen. Über uns, schliefen alle die schwarzen
Mädels, die im Schwesternhaus erzogen wurden.
Von unten her schallte den ganzen Tag der Lärm
von den Schulkindern und Pensionärinnen herauf.
Es war zugig und heiß, durch die vielen Schwargen
staubig und schmutzig. Unsere Kinder wurden krank
und wir Frauen selbst fühlten uns durch die seelischen
Aufregungen und durch das ungesunde Wohnen sehr
unwo Der englische Arzt bedauerte unser Los
und erklärte, er habe vergeblich bei Major Rew um
die Erlaubnis gebeten, daß wir wieder in die Häuser
unserer Faktoreien zurückkehren dürften.“
Am 17. März wurden die deutschen Männer,
Frauen und Kinder in ähnlicher Weise, wie die
friedlichen weißen Bewohner Dualas und anderer
Plätze Kameruns, als Kriegsgefangene nach Eng-
land weggeführt. Sie wurden auf den Hilfs-
kreuzer „Lome“ verbracht, einen früheren
Woermann-Dampfer, der im Hafen von Duala
versenkt und von den Engländern wieder gehoben
worden war. Die Fahrt dauerte sechs Wochen.
Die Männer waren in dem heißen und staubigen
Laderaum untergebracht und schlecht verpflegt.
Zwar war die Behandlung der Frauen eine
bessere, jedoch wurde ihnen trotz ihrer dringenden
Bitten und Proteste in Plymouth nicht gestattet,
nach London über Land zu reisen; sie wurden
gezwungen, auf einem Hilfskreuzer die gefahrvolle
Seefahrt durch den Kanal nach London auszu-
führen. In London selbst waren sie schweren
Belästigungen des Publikums ausgesetzt.
„Als wir“, gibt eine dieser Frauen an, „von
Agenten begleitet, nach der Straßenbahn gingen,
verfolgte uns eine große Menschenmenge, haupt-
sächlich Frauen, die sich in Droh= und Schimpf-
worten gegen uns ergingen. Von Kindern wurde
mit Steinen nach uns geworfen. Die Frauen
schrieen, man sollte unsere Kinder töten. Einer
von uns wurde das Kopftuch zerrissen, bei einer
anderen wurde dies versucht. Konstabler zeigten
sich nicht.“
Die in die Form der Ligquidation gekleidete
Vernichtung deutscher Geschäfte zusammen mit der
zwangsweisen Entfernung der deutschen Kauflente
und Pflanzer ist eine Gewaltmaßregel, die mit
Rücksicht auf die bereits Ende August 1914 ab-
geschlossenen militärischen Operationen nicht, wie
die Proklamation vom 29. Januar 1916 behauptet,
vorwiegend durch militärische Notwendigkeiten
hervorgerusen war, sondern die, wie aus den in
einer früheren amtlichen Veröffentlichung ange-
gebenen Bemühungen der Handelskammer in
Manchester hervorgeht, durch Neid gegen die wirt-
schaftliche Stellung der Deutschen in Togo diktiert
wurde. So wurde die schon in Kamernn geübte
Politik der Austreibung und Vernichtung des
Deutschtums auf Togo übertragen.
Ob auch die Franzosen in den von ihnen be-
setzten Teilen Togos zur Liquidation der schon
mit Ende der kriegerischen Operationen geschlossenen
deutschen Betriebe geschritten sind, darüber liegen
keine bestimmten Nachrichten vor.
Die rücksichtslose Behandlung der deutschen
Handels= und Pflanzungsbetriebe ist auf die in
Togo ansässigen Missionsgesellschaften nicht aus-
gedehnt worden. Sie können mit gewissen Ein-
schränkungen ihrer Arbeit nachgehen. Allerdings
ist insofern eine Anderung eingetreten, als in den
Fortbildungsschulen in Lome englischer Unterricht
zu erteilen ist, während der Unterricht in den
Volksschulen in gleicher Weise wie bisher ge-
trieben wird.
In dem französischerseits besetzten Teil Togos
erfahren die dort tätigen Missionen eine ungleich-
mäßige Behandlung. Während die Schulen der
katholischen Mission zwangsweise geschlossen sind,
dürfen die Schulen der Wesleyanischen Methodisten-
Mission weitergeführt werden.
Seit der letzten amtlichen Veröffentlichung ist
ein genauer Bericht über das Gefecht bei Chra
eingegangen. Dieses nahm unter Leitung des
Hauptmanns Mans, des damaligen Führers der
Polizeitruppe in Lome, einen für den Gegner
blutigen und verlustreichen Verlauf. Im einzelnen
ergibt sich aus dem Bericht folgendes:
„Auf die Nachricht von dem unglücklichen Ge-
fecht der Abteilung Pfähler bei Agbeluwoe
gegen die Engländer wurden Anstalten getroffen, bei
Chra den vereinigten Engländern und Franzosen
erneut entgegenzutreten und den Vormarsch auf
Kamina aufzuhalten. Zu diesem Zweck sollte die
von Hauptmann Mans am Südrande des Dorfes
Chra gewählte Stellung solange als möglich
gehalten werden. Die Kompagnie Mans und die
des Bezirksleiters v. Raven, die Hauptmann Mans
unterstellt wurde, erhielten am 19. August 1914
in Kamina den Befehl zum Abmarsch.
Der in Chra bereits anwesende Zug des
Leutnants d. Res. Schmidt besetzte die gewählte
Stellung und sicherte Bahndamm und Straße
Chra Nuatjä. Zugleich ging er, unter Heran-
ziehung der Bewohner von Chra, daran, die
Stellung zur Verteidigung herzurichten. Gegen
8 Uhr abends trafen die beiden Kompagnien von
Kamina mittels Eisenbahntransports in Chra ein.
Die Kompagnie v. Raven erhielt den Westrand
des Dorfes westlich des Weges Chra— Nuatjä zur
Verteidigung zugewiesen, während die Kompagnie
Mans den Ostrand des Dorfes, den Weg Chra—
Nuatjä, einnahm. Der Zug des Leutnants d. Res.
Kloppenburg wurde zur Sicherung des Eisenbahn-
zuges aufgestellt, während der Zug des Sergeanten
Mengel zur Verfügung des Führers auf dem
Wege Chra—Nuatjä innerhalb des Dorfes hielt.