Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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„Wir schliefen teils auf Beiten, teils aus Lang- 
stählen. Über uns, schliefen alle die schwarzen 
Mädels, die im Schwesternhaus erzogen wurden. 
Von unten her schallte den ganzen Tag der Lärm 
von den Schulkindern und Pensionärinnen herauf. 
Es war zugig und heiß, durch die vielen Schwargen 
staubig und schmutzig. Unsere Kinder wurden krank 
und wir Frauen selbst fühlten uns durch die seelischen 
Aufregungen und durch das ungesunde Wohnen sehr 
unwo Der englische Arzt bedauerte unser Los 
und erklärte, er habe vergeblich bei Major Rew um 
die Erlaubnis gebeten, daß wir wieder in die Häuser 
unserer Faktoreien zurückkehren dürften.“ 
Am 17. März wurden die deutschen Männer, 
Frauen und Kinder in ähnlicher Weise, wie die 
friedlichen weißen Bewohner Dualas und anderer 
Plätze Kameruns, als Kriegsgefangene nach Eng- 
land weggeführt. Sie wurden auf den Hilfs- 
kreuzer „Lome“ verbracht, einen früheren 
Woermann-Dampfer, der im Hafen von Duala 
versenkt und von den Engländern wieder gehoben 
worden war. Die Fahrt dauerte sechs Wochen. 
Die Männer waren in dem heißen und staubigen 
Laderaum untergebracht und schlecht verpflegt. 
Zwar war die Behandlung der Frauen eine 
bessere, jedoch wurde ihnen trotz ihrer dringenden 
Bitten und Proteste in Plymouth nicht gestattet, 
nach London über Land zu reisen; sie wurden 
gezwungen, auf einem Hilfskreuzer die gefahrvolle 
Seefahrt durch den Kanal nach London auszu- 
führen. In London selbst waren sie schweren 
Belästigungen des Publikums ausgesetzt. 
„Als wir“, gibt eine dieser Frauen an, „von 
Agenten begleitet, nach der Straßenbahn gingen, 
verfolgte uns eine große Menschenmenge, haupt- 
sächlich Frauen, die sich in Droh= und Schimpf- 
worten gegen uns ergingen. Von Kindern wurde 
mit Steinen nach uns geworfen. Die Frauen 
schrieen, man sollte unsere Kinder töten. Einer 
von uns wurde das Kopftuch zerrissen, bei einer 
anderen wurde dies versucht. Konstabler zeigten 
sich nicht.“ 
Die in die Form der Ligquidation gekleidete 
Vernichtung deutscher Geschäfte zusammen mit der 
zwangsweisen Entfernung der deutschen Kauflente 
und Pflanzer ist eine Gewaltmaßregel, die mit 
Rücksicht auf die bereits Ende August 1914 ab- 
geschlossenen militärischen Operationen nicht, wie 
die Proklamation vom 29. Januar 1916 behauptet, 
vorwiegend durch militärische Notwendigkeiten 
hervorgerusen war, sondern die, wie aus den in 
einer früheren amtlichen Veröffentlichung ange- 
gebenen Bemühungen der Handelskammer in 
Manchester hervorgeht, durch Neid gegen die wirt- 
schaftliche Stellung der Deutschen in Togo diktiert 
wurde. So wurde die schon in Kamernn geübte 
Politik der Austreibung und Vernichtung des 
Deutschtums auf Togo übertragen. 
  
Ob auch die Franzosen in den von ihnen be- 
setzten Teilen Togos zur Liquidation der schon 
mit Ende der kriegerischen Operationen geschlossenen 
deutschen Betriebe geschritten sind, darüber liegen 
keine bestimmten Nachrichten vor. 
Die rücksichtslose Behandlung der deutschen 
Handels= und Pflanzungsbetriebe ist auf die in 
Togo ansässigen Missionsgesellschaften nicht aus- 
gedehnt worden. Sie können mit gewissen Ein- 
schränkungen ihrer Arbeit nachgehen. Allerdings 
ist insofern eine Anderung eingetreten, als in den 
Fortbildungsschulen in Lome englischer Unterricht 
zu erteilen ist, während der Unterricht in den 
Volksschulen in gleicher Weise wie bisher ge- 
trieben wird. 
In dem französischerseits besetzten Teil Togos 
erfahren die dort tätigen Missionen eine ungleich- 
mäßige Behandlung. Während die Schulen der 
katholischen Mission zwangsweise geschlossen sind, 
dürfen die Schulen der Wesleyanischen Methodisten- 
Mission weitergeführt werden. 
Seit der letzten amtlichen Veröffentlichung ist 
ein genauer Bericht über das Gefecht bei Chra 
eingegangen. Dieses nahm unter Leitung des 
Hauptmanns Mans, des damaligen Führers der 
Polizeitruppe in Lome, einen für den Gegner 
blutigen und verlustreichen Verlauf. Im einzelnen 
ergibt sich aus dem Bericht folgendes: 
„Auf die Nachricht von dem unglücklichen Ge- 
fecht der Abteilung Pfähler bei Agbeluwoe 
gegen die Engländer wurden Anstalten getroffen, bei 
Chra den vereinigten Engländern und Franzosen 
erneut entgegenzutreten und den Vormarsch auf 
Kamina aufzuhalten. Zu diesem Zweck sollte die 
von Hauptmann Mans am Südrande des Dorfes 
Chra gewählte Stellung solange als möglich 
gehalten werden. Die Kompagnie Mans und die 
des Bezirksleiters v. Raven, die Hauptmann Mans 
unterstellt wurde, erhielten am 19. August 1914 
in Kamina den Befehl zum Abmarsch. 
Der in Chra bereits anwesende Zug des 
Leutnants d. Res. Schmidt besetzte die gewählte 
Stellung und sicherte Bahndamm und Straße 
Chra Nuatjä. Zugleich ging er, unter Heran- 
ziehung der Bewohner von Chra, daran, die 
Stellung zur Verteidigung herzurichten. Gegen 
8 Uhr abends trafen die beiden Kompagnien von 
Kamina mittels Eisenbahntransports in Chra ein. 
Die Kompagnie v. Raven erhielt den Westrand 
des Dorfes westlich des Weges Chra— Nuatjä zur 
Verteidigung zugewiesen, während die Kompagnie 
Mans den Ostrand des Dorfes, den Weg Chra— 
Nuatjä, einnahm. Der Zug des Leutnants d. Res. 
Kloppenburg wurde zur Sicherung des Eisenbahn- 
zuges aufgestellt, während der Zug des Sergeanten 
Mengel zur Verfügung des Führers auf dem 
Wege Chra—Nuatjä innerhalb des Dorfes hielt.
	        
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