Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

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aus der Gliederung des evangelischen Teils 
Deutschlands in eine Reihe von Landeskirchen 
und Sondergemeinschaften, denen es aber an 
einer sie zusammenschließenden Organisation nicht 
fehlt! Dazu kommt als weitere Besonderheit 
die Unabhängigkeit der Missionen von den Kirchen. 
Eine Ausnahme davon machen nur einige 
Missionen wie z. B. die der Brüdergemeine, 
der es die Art ihrer nicht territorial begrenzten 
Verfassung ermöglicht hat, Missionsarbeit in 
fremden Ländern als kirchliche Angelegenheit zu 
betreiben. Sonst liegt die Ausbreitung des 
evangelischen Glaubens unter den Heiden in den 
Händen von Gesellschaften und Vereinen. Ohne 
organischen Zusammenhang mit den heimatlichen 
Kirchen, stellen sie selbständige Körper mit eigener 
Finanzwirtschaft dar und leiten mit eigener Be- 
fugnis die Arbeit der Missionare und die heiden- 
christlichen Kirchen. Das bedeutet aber nicht, daß 
das protestantische Missionsleben sich ohne jede 
Fühlung mit den Landeskirchen vollzieht. Die 
Entwicklung hat vielmehr dahin geführt, daß die 
Kirchenregierungen und die Missionsgesellschaften 
sich gegenseitig tunlichste Förderung angedeihen 
lassen. Das unermüdliche Werben der Missions- 
gesellschaften für den christlichen Glauben und die 
Bekehrung zum Evangelium übt auch in der 
Heimat auf das religiöse Leben einen be- 
fruchtenden Einfluß aus. Die Kirchenregierungen 
sind sich dessen wohl bewußt und öffnen den 
Missionsveranstaltungen gern Kirchen und Kanzeln, 
pflegen den Missionsgedanken im heimatlichen 
Unterricht und Gottesdienst, genehmigen Haus- 
sammlungen und Kirchenkollekten für die Zwecke 
der Missionen, und unterstützen sie in der mannig- 
fachsten Weise. 
Die Verfassung der einzelnen protestantischen 
Missionsgesellschaften in unseren Schutzgebieten ist, 
abgesehen von der Mission der Brüdergemeine 
(die, wie bereits erwähnt, ihrer eigenen General= 
synode untersteht), im wesentlichen die gleiche. 
Die Gesellschaften werden ehrenamtlich durch 
Vorstände, Komitees, Kuratorien und Kollegien, 
geleitet; bei manchen Gesellschaften steht dem 
Komitee eine Generalversammlung zur Seite. 
Die Missionsverfassung ist eine aristokratisch- 
patriarchale und beruht auf dem unbedingten 
  
Vertrauen, das die Anhänger und Freunde der 
Mission ihrer Leitung entgegenbringen. 
Neben einem dem geistlichen Stande ange- 
hörenden Direktor sind, je nach der Größe der 
Gesellschaft in größerer oder geringerer Anzahl, 
heimatliche Geistliche als Missionsinspektoren tätig, 
denen auch einige in die Heimat zurückgekehrte 
Missionare zur Seite stehen. Jede Gesellschaft 
besitzt ferner eine größere oder kleinere Zahl der 
für ihre Verwaltung notwendigen nichtgeistlichen 
Kräfte. Seit 1866 haben sich die großen älteren 
deutschen Missionsgesellschaften mit denen der 
anderen protestantischen Länder des Kontinents zu 
einer Kontinentalen Missionskonferenz zu- 
sammengeschlossen, die in jedem vierten Jahre in 
Bremen eine Versammlung der Missionsleiter ab- 
hält. 
Aus den deutschen Teilen dieser internationalen 
Bremer Konferenz ist seit dem Jahre 1885 der 
Deutsche Evangelische Missionsausschuß ge- 
wählt, der die gemeinsamen Interessen der deutschen 
Missionsgesellschaften gegenüber der deutschen 
Regierung und gegenüber der Offentlichkeit zu 
vertreten hat. An diese beiden Instanzen, die 
Kontinentale Missionskonferenz und den Missions- 
ausschuß, haben sich im Laufe der Jahre von 
26 deutschen protestantischen Missionsgesellschaften 
19 angeschlossen, die mehr als 95 v. H. der ge- 
samten protestantischen Mission umfassen. Endlich 
haben sich noch zwei wertvolle Organisationen in 
den Dienst des gesamten deutschen protestantischen 
Missionslebens gestellt, nämlich das „Deutsche 
Institut für Arztliche Mission“ in Tübingen und 
die „Deutsche Evangelische Missionshilfe“. Das 
Tübinger Institut für ärztliche Mission befaßt sich 
mit der Vorbildung von Missionsärzten und von 
männlichem und weiblichem Hilfspersonal für die 
Gesundheitspflege und dient gleichmäßig allen 
deutschen protestantischen Missionsgesellschaften, 
bzw. den an sie angeschlossenen, die Aussendung 
von Missionsärzten betreibenden „Vercinen für 
ärztliche Mission“". Die Deutsche Epvangelische 
Missionshilfe wurde im Jahre 1913 als ein 
neues selbständiges Gebilde zur Pflege und 
Förderung des Missionsgedankens in der Heimat 
gegründet. Sie hat ihre finanzielle Grundlage 
an dem nach der Ausschüttung verbliebenen Reste
	        
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