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aus der Gliederung des evangelischen Teils
Deutschlands in eine Reihe von Landeskirchen
und Sondergemeinschaften, denen es aber an
einer sie zusammenschließenden Organisation nicht
fehlt! Dazu kommt als weitere Besonderheit
die Unabhängigkeit der Missionen von den Kirchen.
Eine Ausnahme davon machen nur einige
Missionen wie z. B. die der Brüdergemeine,
der es die Art ihrer nicht territorial begrenzten
Verfassung ermöglicht hat, Missionsarbeit in
fremden Ländern als kirchliche Angelegenheit zu
betreiben. Sonst liegt die Ausbreitung des
evangelischen Glaubens unter den Heiden in den
Händen von Gesellschaften und Vereinen. Ohne
organischen Zusammenhang mit den heimatlichen
Kirchen, stellen sie selbständige Körper mit eigener
Finanzwirtschaft dar und leiten mit eigener Be-
fugnis die Arbeit der Missionare und die heiden-
christlichen Kirchen. Das bedeutet aber nicht, daß
das protestantische Missionsleben sich ohne jede
Fühlung mit den Landeskirchen vollzieht. Die
Entwicklung hat vielmehr dahin geführt, daß die
Kirchenregierungen und die Missionsgesellschaften
sich gegenseitig tunlichste Förderung angedeihen
lassen. Das unermüdliche Werben der Missions-
gesellschaften für den christlichen Glauben und die
Bekehrung zum Evangelium übt auch in der
Heimat auf das religiöse Leben einen be-
fruchtenden Einfluß aus. Die Kirchenregierungen
sind sich dessen wohl bewußt und öffnen den
Missionsveranstaltungen gern Kirchen und Kanzeln,
pflegen den Missionsgedanken im heimatlichen
Unterricht und Gottesdienst, genehmigen Haus-
sammlungen und Kirchenkollekten für die Zwecke
der Missionen, und unterstützen sie in der mannig-
fachsten Weise.
Die Verfassung der einzelnen protestantischen
Missionsgesellschaften in unseren Schutzgebieten ist,
abgesehen von der Mission der Brüdergemeine
(die, wie bereits erwähnt, ihrer eigenen General=
synode untersteht), im wesentlichen die gleiche.
Die Gesellschaften werden ehrenamtlich durch
Vorstände, Komitees, Kuratorien und Kollegien,
geleitet; bei manchen Gesellschaften steht dem
Komitee eine Generalversammlung zur Seite.
Die Missionsverfassung ist eine aristokratisch-
patriarchale und beruht auf dem unbedingten
Vertrauen, das die Anhänger und Freunde der
Mission ihrer Leitung entgegenbringen.
Neben einem dem geistlichen Stande ange-
hörenden Direktor sind, je nach der Größe der
Gesellschaft in größerer oder geringerer Anzahl,
heimatliche Geistliche als Missionsinspektoren tätig,
denen auch einige in die Heimat zurückgekehrte
Missionare zur Seite stehen. Jede Gesellschaft
besitzt ferner eine größere oder kleinere Zahl der
für ihre Verwaltung notwendigen nichtgeistlichen
Kräfte. Seit 1866 haben sich die großen älteren
deutschen Missionsgesellschaften mit denen der
anderen protestantischen Länder des Kontinents zu
einer Kontinentalen Missionskonferenz zu-
sammengeschlossen, die in jedem vierten Jahre in
Bremen eine Versammlung der Missionsleiter ab-
hält.
Aus den deutschen Teilen dieser internationalen
Bremer Konferenz ist seit dem Jahre 1885 der
Deutsche Evangelische Missionsausschuß ge-
wählt, der die gemeinsamen Interessen der deutschen
Missionsgesellschaften gegenüber der deutschen
Regierung und gegenüber der Offentlichkeit zu
vertreten hat. An diese beiden Instanzen, die
Kontinentale Missionskonferenz und den Missions-
ausschuß, haben sich im Laufe der Jahre von
26 deutschen protestantischen Missionsgesellschaften
19 angeschlossen, die mehr als 95 v. H. der ge-
samten protestantischen Mission umfassen. Endlich
haben sich noch zwei wertvolle Organisationen in
den Dienst des gesamten deutschen protestantischen
Missionslebens gestellt, nämlich das „Deutsche
Institut für Arztliche Mission“ in Tübingen und
die „Deutsche Evangelische Missionshilfe“. Das
Tübinger Institut für ärztliche Mission befaßt sich
mit der Vorbildung von Missionsärzten und von
männlichem und weiblichem Hilfspersonal für die
Gesundheitspflege und dient gleichmäßig allen
deutschen protestantischen Missionsgesellschaften,
bzw. den an sie angeschlossenen, die Aussendung
von Missionsärzten betreibenden „Vercinen für
ärztliche Mission“". Die Deutsche Epvangelische
Missionshilfe wurde im Jahre 1913 als ein
neues selbständiges Gebilde zur Pflege und
Förderung des Missionsgedankens in der Heimat
gegründet. Sie hat ihre finanzielle Grundlage
an dem nach der Ausschüttung verbliebenen Reste