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Wenn man das Werk der Truppe auf Fer-
nando Po überschaut, so mag man mit Recht
die Arbeitskraft bewundern, welche die Einge-
borenensoldaten darin gezeigt haben. Dabei
braucht man die einzelnen Leute nur beim
Schaffen oder nachher bei der Ruhe zu sehen,
um zu merken, daß sie nicht wie Nigger und
Zwangsarbeiter sich abquälten, sohdern daß sie
arbeiteten und lebten wie Menschen, denen die
Arbeit nicht als Schande und Demütigung er-
schien, sondern als selbstverständliche Pflicht wie
der Dienst des Soldaten schlechthin.
Nachdem die schwersten Arbeiten der ersten
Monate beendet waren, wurde zur weiteren Auf-
rechterhaltung der Manneszucht, insbesondere mit
Rücksicht auf die zahlreichen, nur notdürftig aus-
gebildeten jungen Mannschaften im Einverständnis
mit der spanischen Regierung exerziert, soweit das
ohne Gewehr möglich war. Auch Spielleute
wurden ausgebildet, und aus mehreren ehe-
maligen Musiksoldaten wurde eine Kapelle zu-
sammengestellt, die unter einem farbigen Unter-
offzier als Musikmeister aus kleinen Anfängen
heraus zu anerkennenswerten Leistungen fortschritt.
Mit Freude können alle Angehörigen der
Truppe zurückblicken auf den 27. Januar 1917,
den Geburtstag des Deutschen Kaisers, an dem
sie dem spanischen Generalgouverneur und den
zu ihrer Ablösung bestimmten Offizieren und
Unteroffizieren geschlossen zeigen konnten, daß bei
allem harten Arbeiten, Bauen und Schaffen des
ersten Jahres auf Fernando Po die deutsche
Manneszucht und Soldatenausbildung nicht ver-
nachlässigt worden war.
Es war die letzte große Versammlung der
farbigen Truppe unter all ihren deutschen Führern,
die mit ihr 11 Monate lang gemeinsam auf der
Insel gearbeitet hatten. Es war für die größere
Zahl der Deutschen der feierliche Abschied von
Afrika überhaupt.
Keiner von ihnen dachte dabei mehr an die
Entbehrungen, Leiden und Mühen der Vergangen-
heit, ein jeder sah nur voll Dankbarkeit gegen
das Schicksal zurück auf eine Zeit segensreichen
Schaffens in einer herrlichen, blühenden Natur.
Die Häuptlingssiedelung in Klein-Bokoko
auf Fernando Po.
Den Kameruner Häuptlingen mit ihrem An-
hang wurde nach ihrer Überführung auf die Insel
die alte verwachsene Kakaofarm eines Negers an
der Westküste etwa 2 Stunden entfernt vom Hafen
San Carlos angewiesen. — Der Ort führte den
Namen Klein-Bokoko, wies jedoch zu Anfang außer
einem Wellblechschuppen nichts auf, was an eine
Niederlassung von Menschen erinnerte. Nachdem
die Ankömmlinge die allernötigste Unterkunft auf
dem nur 2 ha großen von ihnen gesäuberten
Platze gefunden hatten, mußten sie auf Weisung
der spanischen Regierung einen Weg anlegen, der
längs der Küste in westlicher Richtung nach dem
2 Stunden entfernten Groß-Bokoko führte. Er
trat bald näher ans Meer heran, bald blieb er
weiter landeinwärts und hielt sich durchschnittlich
500 m vom Strande entfernt. Die von den
Kameruner Eingeborenen mit außerordentlicher
Mühe in 3 Monaten angelegte 16 km lange
Straße stellte die erste Probe ihres Könnens und
Arbeitens auf der Insel dar. Der Weg war
5 m breit, bei jeder Witterung für Fußgänger
und Reiter gangbar, für Radfahrer und leichte
Wagen fahrbar. Die zahlreichen Schluchten des
Geländes waren durch gute Brücken von oft
5 m Höhe aus Buschholz überbrückt, sonstige Un-
ebenheiten waren durch Treppenstufen und Knüppel-
dämme ausgeglichen. — Nach Fertigstellung dieser
Arbeiten wurden die Häuptlinge zu beiden Seiten
des neuen Weges von Bokoko aus in westlicher
Richtung angesiedelt, d. h. es wurde ihnen der
dichte Urwald dort zum Bau ihrer Dörfer und
Farmen zur Verfügung gestellt. Im Laufe des
ersten halben Jahres entstand dort ein zusammen-
hängendes Farmgelände von über 200 ha Aus-
dehnung, das allmählich auf 500 ha anwuchs.
Wer Ende 1917 die Straße von Klein-Bokoko
nach Groß-Bokoko herunterritt, der sah zu beiden
Seiten stundenlang nur weite blühende Farmen,
die sich rechts und links bis zum Meere hin-
streckten, und überall aus dem Grün die vielen
Hunderte sauberer Hütten der nach Stämmen an-
gesiedelten Häuptlinge und ihrer Leute heraus-
ragen. Wer einmal sich erfreuen wollte an dem
Anblick einer westafrikanischen Landschaft mit aus-
gedehnten, aus dem Urwald heraus geschaffenen
Eingeborenensiedelungen, der brauchte nur vom
Wege aus einen Blick auf die weiten Nieder-
lassungen der Banes zu werfen, die noch die
Spur des immer fortschreitenden Kampfes mit
der Urwildnis aufwiesen, auf die Wohnstätten der
Bambelles, auf das Dorf des Esum-Häuptlings
Evini Ngoa, das in üppigen Makabofeldern fast
verschwand, auf die weiten grünenden Felder der
Jaundes mit den zahlreichen überall zerstreut
liegenden Dörfern und Häusern, oder er brauchte
sich nur im Kanu des Oberhäuptlings Atangana
in 3 stündiger Fahrt längs der Küste an der
Siedelung vorüberfahren zu lassen. Nach allen
Seiten gingen von der Hauptstraße saubere gang-
bare Wege ab, die das ganze Siedelungsgebiet
durchzogen, so daß jedes Gehöft bequem zu er-
reichen war. An jedem Dorfe zeigte eine Tafel
Namen und Stamm seines Häuptlings deutlich
sichtbar an. An dem Ausbau und der Unter-