Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXX. Jahrgang, 1919. (30)

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Wenn man das Werk der Truppe auf Fer- 
nando Po überschaut, so mag man mit Recht 
die Arbeitskraft bewundern, welche die Einge- 
borenensoldaten darin gezeigt haben. Dabei 
braucht man die einzelnen Leute nur beim 
Schaffen oder nachher bei der Ruhe zu sehen, 
um zu merken, daß sie nicht wie Nigger und 
Zwangsarbeiter sich abquälten, sohdern daß sie 
arbeiteten und lebten wie Menschen, denen die 
Arbeit nicht als Schande und Demütigung er- 
schien, sondern als selbstverständliche Pflicht wie 
der Dienst des Soldaten schlechthin. 
Nachdem die schwersten Arbeiten der ersten 
Monate beendet waren, wurde zur weiteren Auf- 
rechterhaltung der Manneszucht, insbesondere mit 
Rücksicht auf die zahlreichen, nur notdürftig aus- 
gebildeten jungen Mannschaften im Einverständnis 
mit der spanischen Regierung exerziert, soweit das 
ohne Gewehr möglich war. Auch Spielleute 
wurden ausgebildet, und aus mehreren ehe- 
maligen Musiksoldaten wurde eine Kapelle zu- 
sammengestellt, die unter einem farbigen Unter- 
offzier als Musikmeister aus kleinen Anfängen 
heraus zu anerkennenswerten Leistungen fortschritt. 
Mit Freude können alle Angehörigen der 
Truppe zurückblicken auf den 27. Januar 1917, 
den Geburtstag des Deutschen Kaisers, an dem 
sie dem spanischen Generalgouverneur und den 
zu ihrer Ablösung bestimmten Offizieren und 
Unteroffizieren geschlossen zeigen konnten, daß bei 
allem harten Arbeiten, Bauen und Schaffen des 
ersten Jahres auf Fernando Po die deutsche 
Manneszucht und Soldatenausbildung nicht ver- 
nachlässigt worden war. 
Es war die letzte große Versammlung der 
farbigen Truppe unter all ihren deutschen Führern, 
die mit ihr 11 Monate lang gemeinsam auf der 
Insel gearbeitet hatten. Es war für die größere 
Zahl der Deutschen der feierliche Abschied von 
Afrika überhaupt. 
Keiner von ihnen dachte dabei mehr an die 
Entbehrungen, Leiden und Mühen der Vergangen- 
heit, ein jeder sah nur voll Dankbarkeit gegen 
das Schicksal zurück auf eine Zeit segensreichen 
Schaffens in einer herrlichen, blühenden Natur. 
  
Die Häuptlingssiedelung in Klein-Bokoko 
auf Fernando Po. 
Den Kameruner Häuptlingen mit ihrem An- 
hang wurde nach ihrer Überführung auf die Insel 
die alte verwachsene Kakaofarm eines Negers an 
der Westküste etwa 2 Stunden entfernt vom Hafen 
San Carlos angewiesen. — Der Ort führte den 
Namen Klein-Bokoko, wies jedoch zu Anfang außer 
einem Wellblechschuppen nichts auf, was an eine 
Niederlassung von Menschen erinnerte. Nachdem 
  
die Ankömmlinge die allernötigste Unterkunft auf 
dem nur 2 ha großen von ihnen gesäuberten 
Platze gefunden hatten, mußten sie auf Weisung 
der spanischen Regierung einen Weg anlegen, der 
längs der Küste in westlicher Richtung nach dem 
2 Stunden entfernten Groß-Bokoko führte. Er 
trat bald näher ans Meer heran, bald blieb er 
weiter landeinwärts und hielt sich durchschnittlich 
500 m vom Strande entfernt. Die von den 
Kameruner Eingeborenen mit außerordentlicher 
Mühe in 3 Monaten angelegte 16 km lange 
Straße stellte die erste Probe ihres Könnens und 
Arbeitens auf der Insel dar. Der Weg war 
5 m breit, bei jeder Witterung für Fußgänger 
und Reiter gangbar, für Radfahrer und leichte 
Wagen fahrbar. Die zahlreichen Schluchten des 
Geländes waren durch gute Brücken von oft 
5 m Höhe aus Buschholz überbrückt, sonstige Un- 
ebenheiten waren durch Treppenstufen und Knüppel- 
dämme ausgeglichen. — Nach Fertigstellung dieser 
Arbeiten wurden die Häuptlinge zu beiden Seiten 
des neuen Weges von Bokoko aus in westlicher 
Richtung angesiedelt, d. h. es wurde ihnen der 
dichte Urwald dort zum Bau ihrer Dörfer und 
Farmen zur Verfügung gestellt. Im Laufe des 
ersten halben Jahres entstand dort ein zusammen- 
hängendes Farmgelände von über 200 ha Aus- 
dehnung, das allmählich auf 500 ha anwuchs. 
Wer Ende 1917 die Straße von Klein-Bokoko 
nach Groß-Bokoko herunterritt, der sah zu beiden 
Seiten stundenlang nur weite blühende Farmen, 
die sich rechts und links bis zum Meere hin- 
streckten, und überall aus dem Grün die vielen 
Hunderte sauberer Hütten der nach Stämmen an- 
gesiedelten Häuptlinge und ihrer Leute heraus- 
ragen. Wer einmal sich erfreuen wollte an dem 
Anblick einer westafrikanischen Landschaft mit aus- 
gedehnten, aus dem Urwald heraus geschaffenen 
Eingeborenensiedelungen, der brauchte nur vom 
Wege aus einen Blick auf die weiten Nieder- 
lassungen der Banes zu werfen, die noch die 
Spur des immer fortschreitenden Kampfes mit 
der Urwildnis aufwiesen, auf die Wohnstätten der 
Bambelles, auf das Dorf des Esum-Häuptlings 
Evini Ngoa, das in üppigen Makabofeldern fast 
verschwand, auf die weiten grünenden Felder der 
Jaundes mit den zahlreichen überall zerstreut 
liegenden Dörfern und Häusern, oder er brauchte 
sich nur im Kanu des Oberhäuptlings Atangana 
in 3 stündiger Fahrt längs der Küste an der 
Siedelung vorüberfahren zu lassen. Nach allen 
Seiten gingen von der Hauptstraße saubere gang- 
bare Wege ab, die das ganze Siedelungsgebiet 
durchzogen, so daß jedes Gehöft bequem zu er- 
reichen war. An jedem Dorfe zeigte eine Tafel 
Namen und Stamm seines Häuptlings deutlich 
sichtbar an. An dem Ausbau und der Unter-
	        
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