454 91. Des Kronprinzen Maximilian Hochzeit im Oktober 1842.
offenem Viergespann erblickten wir an der Seite der Eltern, des Prinzen
Wilhelm von Preußen und seiner Gemahlin, ein holdes, jugendliches Frauen-
bild, lieblich gerötet von der Aufregung des Tages, mit zauberhafter Freund-
lichkeit die Bürger grüßend, die sie jubelnd in ihre Stadt geleiteten. Es ist
unter allen, die da waren, nur ein Entzücken über die frohe Feierlichkeit dieser
Stunde, nur eine Freude über die anmutige Persönlichkeit der schönen
Fürstin.
Der Vollständigkeit nach wäre nun zu erzählen, wie sich von da an
Feier an Feier drängte: es wäre der reiche, noch lange nicht endende Kranz
der großen und kleinen Feste zu besprechen, die vom Hofe, von der Stadt,
von den Familien gefeiert wurden, die hohe Vermählung selbst, die Theater-
stücke, Festspiele, beleuchteten Häuser, die Bälle, Gastmähler und Bankette —
indes wir wollen, um bald zum heutigen Festtage zu gelangen, nur etwa den
unendlichen Jubel hervorheben, der an dem Abend erscholl, als die hohen
Neuvermählten zum erstenmal das Theater besuchten und an die Brüstung der
königlichen Loge vortretend sich dem zahllosen, glänzenden Publikum zeigten
— diesen Jubel, der, gar nicht mehr zu beschwichtigen, in immer neuen Salven
aufschlug und nur spät erst die Trompeten nach langen, fruchtlosen Versuchen
zu Worte kommen ließ.
Seit drei Tagen ist nun auch die ganze Stadt hochzeitlich aufgeputzt.
Von den Firsten herunter senken sich mächtige Fahnen, blau und weiß, schwarz
und weiß, in die volkreichen Gassen und an den Wänden hinauf von unterst
bis zu oberst blühen freundliche Ziergärten mit Bildern, Namenszügen,
Wappenschilden, mit Flaggen, Tapeten und anderem prangenden Ornate aus-
gelegt. Manche Fronten sind so reich und zierlich, so prachtvoll und so
glänzend, daß man glauben sollte, das Portal führe unmittelbar in einen
Feenpalast — am besten von allen Gegenden der Stadt hat uns aber der
feierliche Schrannenplatz 1) gefallen.
So stehen wir denn am heutigen Tage, den die Freude der Bayern
über die Hochzeit ihres Königssohnes so bedeutsam und so volkstümlich verschönt
hat. Wir haben nun vor allem der 36 Brautpaare zu erwähnen, welche die
acht bayerischen Kreise ausgestattet und hierher gesendet haben. Es war gewiß
ein preiswürdiger Gedanke alle Gauen des Landes durch solche Festgesandte
an der Feier und an ihren Freuden teilnehmen zu lassen. Die Idee hat hier
höchlich angesprochen und ebenso groß wie die Freude unserer Landsleute, sich
als Hochzeitsgäste in der wunderreichen Hauptstadt zu finden, war wohl die
Neugier der Münchener die Stellvertreter aller Gebiete des Königreichs im
Feierstaate sich gegenüber zu sehen. Heute früh 10 Uhr war nun die bestimmte
Stunde, wo der Festzug vom Rathaus herunter über den Schrannenplatz und
durch die Kaufingerstraße zur Trauung in die Kirche ziehen sollte; und so
1) Jetzt Marienplatz vor dem Rathause.