Kekule von Stradonitzi): Der erste Einwand ist in der Tat gar
kein Einwand, sondern eine Kritik. Die vielleicht unzweck-
mäßige Folge, daß „Causa minor majorem trahit“, ergab sich
auch aus manchen Gesetzen. Darum waren diese aber doch
nicht ungültig!: Weiter ist es zwar richtig, daß in der Legiti-
mationsprüfung bei zwischenstaatlichen Verträgen keine maß-
gebende Prüfung des Rechtes auf die Krone lag. Aber von
Seydel vergißt vollkommen dabei, daß vor der Zusammen-
kunft der Bevollmächtigten das Recht auf die betreffenden
Kronen schon dadurch anerkannt war, daß man vorher schon
als mit Monarchen oder Regenten über die Abschließung des
betreffenden Vertrages verhandelt hatte. Für Entscheidun-
gen über Erbschaftsstreitigkeiten aber endlich waren gesetzlich
bestimmte Gerichte zuständig. Die auch hierauf erstreckte
Prüfung hätte daher einen Übergriff bedeutet.
0) Die Legitimationsprüfung hatte also unter Umständen
auch eine Entscheidung von Thronstreitigkeiten zur Folge, deren
Wirkung allerdings, wie oben ausgeführt worden ist, eine
beschränkte war. Die Reichsverfassung stellte nur eine einzige
Bedingung einer rechtswirksamen Ernennung auf, eine negative
Bedingung nämlich. Art. 9 Satz 2 RV. sagte: „Niemand kann
gleichzeitig Mitglied des Bundesrats und des Reichstags sein.“
Die Gründe zu dieser Bestimmung sind in der Einleitung
bereits kurz erwähnt. Die Folge dieses Satzes war einmal, daß
der Bundesratsbevollmächtigte nicht eher Reichstagsabgeord-
neter werden konnte, bis sein Amt im Bundesrat ein Ende
erreicht hatte. Er war zwar wählbar, konnte die Wahl aber
erst annehmen, wenn die obige Bedingung erfüllt war:); an-
dererseits konnte, was für die Prüfung der Legitimation von
Bedeutung war, ein Mitglied des Reichstags erst dann wirksam
1) a. a. O. S. 9—11.
2) Val. Vogels S. 32; Arndt S. 120; Laband S. 35; Dambitsch
S. 264; Querfurth S. 31; dagegen v. Rönne, Dtsch. Str. S. 222.