Full text: Die Legimitationsprüfung der Bundesratsbevollmächtigten und der Reichtagsabgeordneten nach bisherigem Reichsstaatsrecht.

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durch Gesetz zugewiesen wird. Auch der könne eine Parteirolle 
haben, „qui rem in judicium deducitz)." 
Hatschek beruft sich ferner auf Lehre und Praxis des Ver- 
waltungsrechts und erinnert an den Begriff der Verwaltungs- 
„streitsache.“ Er stellt die scharfe Alternative: Entweder Streit- 
verfahren oder Willkür unter dem Zeichen des Papierkorbs. 
Auf ganz anderem Boden steht die vom Oberlandes- 
gericht Kolmar vertretene Ansicht. Hiernach soll die Entscheid ung 
im Wahlprüfungsverfahren nach den Vorschriften über die 
freiwillige Gerichtsbarkeit entschieden werden). Hier ist es 
vor allem Molitor, der Präsident des Oberlandesgerichts 
Kolmar, der sich mit großer Schärfe in einer längeren Ab- 
handlung gegen die von Hatschek vertretene Ansicht wendet, 
diesen fast Punkt für Punkt widerlegend). Er weist nach, daß 
Hatscheks „Parteirolle“ doch recht dürftigen Inhalts sei. Da- 
rauf komme es aber auch garnicht an. Hier handele es sich nicht 
um eine zwar öffentliche rechtliche Angelegenheit, in der aber 
die Parteien über den Prozeßstoff frei verfügen können und 
die Wahrheit ihrer Behauptungen zu beweisen haben, und 
zwar nur in eigener Verantwortlichkeit, sondern „um die selb- 
ständige Ermittelung eines unmittelbar die Allgemeinheit 
berührenden Sachverhalts durch das Gericht, zwar mit den 
Mitteln des Prozesses, unter geeigneter Zuziebung der Be- 
teiligten und unter Benutzung und Bewertung ihrer Behaup- 
tungen“ (also durchaus nicht „Willkür unter dem Zeichen des 
Papierkorbs“), „aber unter Anschluß ihrer freien Prozeß= 
disposition.“ Das Gericht habe das Recht und die Pflicht, 
den Sachverhalt von Amtswegen zu erforschen, das „Offizial- 
prinzip“ habe also im Mittelpunkt des Verfahrens zu stehen, 
·#1). Gegen diese Begründung Hatscheks Mioltor in Jur. Zeitschr. 
f. Els.-Lothr. S. 136ff. 
2) S. Entsch. d. OL G. Kolmar über die Einsprüche der Gültigkeit 
der Wahl zum Els.-Lothr. Landtag Straßburg 1912, S. 12ff### ebenso 
Molitor in Jur. Zeitschr. 
3) Molitor im Archiv des öffentl. Rechts Bd. 34 S. 245ff.
	        
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