Full text: Die Legimitationsprüfung der Bundesratsbevollmächtigten und der Reichtagsabgeordneten nach bisherigem Reichsstaatsrecht.

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eben das Prinzip, das bei der streitigen Gerichtsbarkeit — in 
der ZPO. — keine Anwendung finde, wohl aber in dem Reichs- 
gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 
(5 12)! Ferner entfalle ja der Begriff der Verwaltungsstreit- 
sache in dem Augenblick, wo die Sache dem Verwaltungs- 
gericht, entzogen und einem ordentlichen Gerichte übertragen 
werde. Weiter wendet sich Molitor, und m. E. mit Recht, 
gegen die Behauptung Hatscheks, auch Jellinek und Laband 
seien Vertreter seiner Meinung. Als schlagenden Beweis 
führt Molitor Jellinek selbst an: „Ein Parteiverfahren ist für 
die Urteilsfällung eines Wahlgerichtshofes nicht unbedingte 
Voraussetzung. Auf Anzeige in Form der Wahlproteste wird 
er (der Wahlgerichtshof) von Amtswegen den Tatbestand zu 
erforschen haben . . . .“i). Weiter gibt Molitor an, daß 
Laband in dieser Frage nur feststellt, daß die Entscheidung in 
Wahlprüfungssachen den Charakter eines Urteils habe, von 
„streitig“ oder „nicht streitig“ aber garnicht redet #2) 
In der Tat sind m. E. bei dem Wahlprüfungsverfahren 
die Grundsätze der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden, 
verlangt doch gerade die Natur der Wahlprüfungen, die doch 
weit mehr von Interesse für die gesamte Offentlichkeit, als 
nur für wenige Beteiligte sind, eben das Offizialprinzip! 
Auf diesem selben Boden steht auch das Oberlandes- 
gericht Naumburg in dem schon oben erwähnten Beschluß vom 
30. November 1900. Hier heißt es u. a.: „Allerdings sind die 
Vorschriften des GG. über Rechtshilfe auf den vorliegenden 
Fall nicht anwendbar, da es sich nicht um einen Fall der strei- 
tigen Gerichtsbarkeit handelt 7“3) 
Der Wahblprotest kann als Klage in zweierlei Form vor- 
kommen: Einmal können einer oder mehrere Wähler ver- 
langen, festzustellen, daß sie in ihrem Wahlrecht verkürzt seien. 
In diesem Falle haben wir eine bloße Feststellungsklage vor 
1) Jellinek System S. 168. 
2) Laband S. 337. 
3) Drucksachen des Reichstags 1900—1902 Nr. 169, S. 1108.
	        
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