422 $ 43. Die richterlichen Reichsbehörden.
sondern daß es auf Lebenszeit erteilt wird’). In allen Fällen, gleich-
viel ob das Amt als ein volles oder als ein Nebenamt übertragen wird,
ist es ein besoldetes.
Die Zuständigkeit des Bundesamtes für das Heimatwesen ergibt
sich aus $ 41 und $ 52 des Gesetzes vom 6. Juni 1870 (30. Mai 1908).
Das Bundesamt entscheidet nach 8 41 in letzter Instanz in Streitig-
keiten zwischen verschiedenen Armenverbänden über die öffentliche
Unterstützung Hilfsbedürftiger, sofern die streitenden Armenverbände
verschiedenen Bundesstaaten angehören. Soweit jedoch die Or-
ganisation oder örtliche Abgrenzung der einzelnen Armenverbände
Gegenstand des Streites ist, bewendet es endgültig bei der Entscheidung
der höchsten landesgesetzlichen Instanz. Da das Gesetz in Bayern
nicht eingeführt ist, so ergibt sich, daß die Kompetenz des Bundes-
amtes für das Heimatwesen sich auf Bayern nicht erstreckt.
Nach 852 cit. ist es ferner den Einzelstaaten überlassen, im Wege
der Landesgesetzgebung zu bestimmen, daß die Entscheidung letzter
Instanz in Streitigkeiten zwischen Armenverbänden desselben Staa-
tes über die Pflicht zur Unterstützung Hilfsbedürftiger dem Bundes-
amt übertragen werde. Von dieser Ermächtigung haben Gebrauch
gemacht: Preußen, Hessen, Sachsen-Weimar-Eisenach, Oldenburg,
Braunschweig, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Koburg-Gotha, Anhalt, beide
Schwarzburg, Reuß j. L., Lippe, Lübeck, Bremen und Waldeck.
Sowohl die materiellen Rechtsgrundsätze als das zu beobachtende
Prozeßverfahren sind durch das Gesetz vom 30. Mai 1908 geregelt ?);
der Geschäftsgang ist durch ein Regulativ geordnet, welches das Bun-
desamt selbst zu entwerfen und dem Bundesrate zur Bestätigung ein-
zureichen hatte).
Eine gültige Entscheidung des Bundesamtes erfordert die Anwesen-
heit von mindestens drei Mitgliedern, von denen mindestens eines die
richterliche Qualifikation haben muß. Die Zahl ist sonach keine ge-
schlossene; in allen Fällen aber muß die Zahl der Mitglieder, welche
bei der Fassung eines Beschlusses eine entscheidende Stimme führen,
eine ungerade sein ®).
Die Entscheidung des Bundesamtes erfolgt gebührenfrei in öffent-
1) Da aber das Bundesamt in Berlin seinen Sitz hat, so geht die Mitglied-
schaft verloren, wenn ein Mitglied ein Amt annimmt, mit welchem ein außerhalb
Berlins gelegener dienstlicher Wohnsitz verbunden ist. Vgl. Protokoll des Bundes-
rats 1875, $ 73.
2) Vgl. Eger in Gruchots Beiträgen zur Erläuterung des deutschen Rechts
Bd. 19 (Neue Folge Bd. 4), S. 87 ff.
8) Gesetz $ 45. Das Regulativ ist vom 6. Januar 1873 datiert und im Zentral-
blatt für das Deutsche Reich 1873, S. 4ff. gedruckt.
4) Gesetz $ 44. „Ist die Zahl der bei der Erledigung einer Sache mitwirkenden
Mitglieder eine gerade, so führt dasjenige Mitglied, welches zuletzt ernannt ist, und
bei gleichem Dienstalter dasjenige, welches der Geburt nach das jüngere ist, nur eine
beratende Stimme.“