458 8 47. Die Pflichten und Beschränkungen der Reichsbeamten.
Der beurlaubte Beamte hat dafür zu sorgen, daß ihm während
der Abwesenheit von seinem Wohnort Verfügungen der vorgesetzten
Behörden zugestellt werden können. Die Urlaubsbewilligung kann
jederzeit zurückgenommen werden, wenn das dienstliche Interesse
es erheischt. Für Militär- und Marinebeamte erlischt jede Urlaubsbe-
willigung, wenn die Kriegsbereitschaft oder die Mobilmachung der be-
waffneten Macht oder einer Abteilung derselben angeordnet wird, mit
der Bekanntmachung dieser Anordnung.
In Krankheitsfällen findet ein Abzug vom Gehalte nicht statt; die
Stellvertretungskosten fallen der Reichskasse zur Last!). Dasselbe gilt,
wenn der Urlaub 1!/; Monate oder weniger beträgt. Bei einem Urlaub
von mehr als 1!/s—6 Monaten (außer in Krankheitsfällen) findet für
den 1!/, Monate übersteigenden Zeitraum ein Abzug von dem Dienst-
einkommen des Beurlaubten im Betrage der Hälfte desselben statt;
bei fernerem Urlaub wird das ganze Diensteinkommen einbehalten ?).
Von diesen Regeln darf nur mit Genehmigung der obersten Reichs-
behörde eine Abweichung bewilligt werden).
Ein Beamter, welcher sich ohne den vorschriftsmäßigen Urlaub
von seinem Amte entfernt hält, oder den erteilten Urlaub überschreitet,
ist, wenn ihm nicht besondere Entschuldigungsgründe zur Seite stehen,
für die Zeit der unerlaubten Entfernung seines (vollen) Diensteinkom-
mens verlustigt).. Wahlkonsuln werden in diesem Falle so ange-
sehen, als ob sie die Enthebung von ihrem Amte nachgesucht hätten
(Konsulatsgesetz vom 8. November 1867, & 6).
Die Reichsbeamten haben das Recht, ohne Nachsuchung von Ur-
laub ihr Amt zu verlassen, um in den Reichstag einzutreten. Reichs-
verfassung Art. 21, Abs. 1°). In diesem Falle findet ein Abzug vom
Gehalte nicht statt; die Stellvertretungskosten fallen der Reichskasse
zur Last°).
Wird ein Beamter zum Verlassen seines Amtes dadurch genötigt,
daß er zur persönlichen Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht be-
rufen wird, z. B. als Geschworener, Landwehroffizier, Zeuge u. dgl.,
so bedarf er zwar keines Urlaubs, ist aber verpflichtet, seinem un-
mittelbaren Vorgesetzten davon Anzeige zu machen ’).
1) Reichsbeamtengesetz 8 14, Abs. 2.
2) Verordn. vom 2. November 1874, 8 6, Abs. 1. Abweichende Bestimmungen
bestehen für die Beamten des diplomatischen Dienstes. Verordn. vom 23. April 1879,
86 fg.
3) Ebendas. Abs. 2. Das gilt auch von den mittelbaren Reichsbeamten, da die-
selben ihren Gehalt auf Reichskosten beziehen.
4) Reichsbeamtengesetz $ 14, Abs. 3. Unberührt davon bleiben die Disziplinar-
folgen. Pieper S. 721g.
5) Nur in den Reichstag, nicht in den Landtag oder einen kommunalen Ver-
tretungskörper eines Einzelstaates. Thudichum in Hirths Annalen 1876, S. 280;
PieperS. 70fg. 6) Reichsbeamtengesetz 8 14, Abs. 2.
7) Erkenntnis des preuß. Oberverwaltungsgerichts v. 21. Januar 1888
(Entsch. Bd. 16, S. 398) bei Perels u. Spilling S. 30; Pieper S. 71.