Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

470 S 48. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. 
fikationsgrund, einen erschwerenden Umstand, bildet. Oder sie können 
in Handlungen bestehen, welche nur dann strafbar sind, wenn ein 
Beamter sie verübt, oder welche tatsächlich nur von Beamten verübt 
werden können, so daß es zum wesentlichen Tatbestand des Delikts 
gehört, daß ein Beamter Täter ist. Die ersteren nennt man uneigentliche, 
die letzteren eigentliche Amtsdelikte!). 
1. Die uneigentlichen Amtsdelikte. 
Die Unmöglichkeit, durch eine logische Begriffsbestimmung die 
Grenze der Amtsdelikte zu bestimmen, tritt bei den uneigentlichen 
Amtsdelikten am deutlichsten hervor; denn bei jeder strafbaren Hand- 
Jung ohne Ausnahme kann der Umstand, daß ein Staatsbeamter sie 
verübt hat, für den Richter ein Strafausmessungsmoment, und mithin 
auch ein Erschwerungsgrund sein. Der Gesetzgeber wird es daher 
bei vielen, ja bei den meisten Kategorien von strafbaren Handlungen 
dem Ermessen des Richters überlassen können, inwieweit dem Um- 
stande, daß ein Staatsbeamter der Täter ist, für die Würdigung der 
subjektiven Schuld Gewicht beizulegen sei. Nur wenn der Gesetzgeber 
für diesen Fall eine erheblich schwerere Strafe androhen will, als 
sie sonst auf die strafbare Handlung gesetzt ist, insbesondere die Neben- 
strafe der Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter, oder wenn 
er auf den Richter einen Zwang ausüben will, die Beamtenqualität des 
Täters unbedingt mit in Betracht zu ziehen, wird er neben die allge- 
meine Strafbestimmung hinsichtlich einer gewissen Handlung noch 
eine spezielle Strafbestimmung für den Fall setzen, daß ein Beamter 
sie verübt. Dadurch entsteht neben dem allgemeinen Delikt ein Amts- 
delikt von identischem oder ähnlichem Tatbestand, aber mit höherer 
Strafdrohung. Es ergibt sich hieraus, daß die uneigentlichen Amts- 
delikte durch ihren objektiven Tatbestand keinerlei Beziehung zum 
Staatsrecht haben; in dieser Hinsicht vielmehr die strafrechtlichen Ge- 
sichtspunkte ausschließlich und vollständig zur Anwendung gelangen. 
Nur der subjektive Tatbestand, die Täterschaft eines Beamten, verleiht 
diesen Delikten eine staatsrechtliche Bedeutung. Die im Reichsstraf- 
gesetzbuch formulierten uneigentlichen Amtsdelikte lassen sich nach 
folgenden Gesichtspunkten gruppieren: 
a) Handlungen strafbarer Natur werden dadurch besonders quali- 
fiziert und in höherem Grade strafbar, daß ein Beamter sie gegen Per- 
sonen oder Sachen verübt, welche demselben in Folge seines Amtes 
zur Fürsorge oder Obhut anvertraut sind. Dies ist das überein- 
1) Die Grenzlinie zwischen beiden ist aber eine schwankende und es hängt viel- 
fach von subjektiven Auffassungen ab, ob ein Delikt zu der einen oder anderen Klasse 
gezählt wird, da man jede Qualifikation eines verbrecherischen Tatbestandes 
auch als besondere Verbrechensart bezeichnen und behandeln kann. Vgl. Rüdorff, 
Kommentar zum Strafgesetzbuch S. 450; Meves in v. Holtzendorffs Handbuch des 
Strafrechts III, S. 946; ferner Schütze a. a.0O.; Berner, Lehrbuch des deutschen 
Strafrechts S. 548 ff.
	        
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