Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

Vorwort zur zweiten Auflage. VII 
von dem Landesstaatsrecht nicht streng durchführen; beide 
ergänzen sich gegenseitig und stehen zu einander in vielfachen Wech- 
selbeziehungen. Eine große Zahl von wissenschaftlichen Begriffen und 
Rechtsinstituten ist dem Reichsrecht und dem Staatsrecht der einzelnen 
Bundesstaaten gemeinsam, so daß auch die theoretische Erörterung 
derselben Reichsrecht und Landesstaatsrecht umfassen muß. Endlich 
ergibt sich, daß auf dem Gebiete des Staatsrechts zahlreiche Begriffe 
wiederkehren, welche ihre wissenschaftliche Feststellung und Durch- 
bildung zwar auf dem Gebiete des Privatrechts gefunden haben, 
welche ihrem Wesen nach aber nicht Begriffe des Privatrechts, son- 
dern allgemeine Begriffe des Rechtes sind. Nur müssen sie allerdings 
von den spezifisch privatrechtlichen Merkmalen gereinigt werden. Die 
einfache Uebertragung zivilrechtlicher Begriffe und Regeln auf die 
staatsrechtlichen Verhältnisse ist der richtigen Erkenntnis der letzteren 
gewiß nicht förderlich; die »zivilistische« Behandlung des Staatsrechts 
ist eine verkehrte. Aber unter der Verurteilung der zivilistischen Me- 
thode versteckt sich oft die Abneigung gegen die juristische Be- 
handlung des Staatsrechts, und indem man die Privatrechtsbegriffe 
vermeiden will, verstößt man die Rechtsbegriffe überhaupt, um sie 
durch philosophische und politische Betrachtungen zu ersetzen. Im 
allgemeinen hat die Wissenschaft des Privatrechts vor allen anderen 
Rechtsdisziplinen einen so großen Vorsprung gewonnen, daß die letz- 
teren sich nicht zu scheuen brauchen, bei ihrer reiferen Schwester zu 
lernen, und bei dem heutigen Zustande der staatsrechtlichen und ins- 
besondere reichsrechtlichen Literatur ist weit weniger zu fürchten, daß 
sie zu zivilistisch, als daß sie unjuristisch wird und auf das Niveau 
der politischen Tagesliteratur hinabsinkt. 
Von diesen Gesichtspunkten aus ist die folgende Darstellung des 
Staatsrechts des Deutschen Reiches unternommen worden. 
(Straßburg im Januar 1376.) 
Vorwort zur zweiten Auflage. 
Die Aufgabe, welche bei der vorliegenden Umarbeitung der ersten 
Auflage zu lösen war, ist eine komplizierte gewesen. Zunächst mußte 
selbstverständlich die Masse der in dem letzten Dezennium ergangenen 
Gesetze, Verordnungen, Entscheidungen nnd Verfügungen berücksich- 
tist und die Darstellung dem gegenwärtigen Bestande des positiven 
Rechts angepaßt werden. Dieses neu hinzugekommene Material ist 
sehr umfangreich, und die vollständige und umfassende Be- 
rücksichtigung desselben war durch seine Bedeutung für das positive
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.