Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

244 8 68. Das Reichsland. Die Organisation des Reichslandes. 
Pekuniäre Rechte sind für den Kaiser mit der Ausübung der Staats- 
gewalt im Reichslande nicht verbunden; es gibt keine elsaß-lothringische 
Zivillistee Doch wird ihm durch das Etatsgesetz ein Dispositionsfonds 
zugewiesen. 
2. Während der Reichstag in elsaß-lothringischen Landesangelegen- 
heiten gar keine, auch keine subsidiäre, Zuständigkeit mehr hat, gilt 
dies vom Bundesrat nicht in gleichem Maße. Er ist allerdings bei 
der Gesetzgebung durch den Landtag ersetzt und zwar bei allen in der 
Form der Gesetzgebung ergehenden Akten ohne Unterschied ihres 
Inhalts. Dagegen enthält das Gesetz vom 31. Mai 1911 keine allge- 
meine Vorschrift, daß wo in Gesetzen oder Verordnungen vom Bun- 
desrate die Rede ist, das Ministerium oder der Landtag oder die erste 
oder die zweite Kammer zu verstehen sei. Diese Anordnungen be- 
halten daher ihre Geltung bis sie durch besondere Gesetze aufgehoben 
werden. Dahin gehört die Vorschrift des Gesetzes vom 30. Dez. 1871 
& 9 Abs. 1, daß der Bundesrat über Rekurse wegen Mißbrauchs in 
kirchlichen Angelegenheiten nach Vernehmung des Ausschusses für 
Justizwesen entscheidet!,, Sodann die im Gesetz vom 19. Juni 1901 
(Gesetzbl. S. 43) 8 8, 10 betreffend die Landesschuldenverwaltung dem 
Bundesrat zugewiesene Kompetenz. Ferner entscheidet der Bundesrat 
gemäß 8 24 Abs. 2 des Reichsgesetzes vom 31. Mai 1911 über Meinungs- 
verschiedenheiten zwischen der Reichs- und der Landesverwaltung 
über den Umfang der auf den Bau und Betrieb der Eisenbahnen sich 
beziehenden Rechte der Reichsverwaltung. 
Außerdem hat dasselbe Gesetz im 8 6 die etwas sonderbare Be- 
stimmung, daß der Bundesrat die vom Kaiser zu ernennenden Mit- 
glieder der ersten Kammer vorschlägt. Auch bedarf die Kaiserliche 
Verordnung über die Bildung der Wahlkreise für die zweite Kammer 
der Zustimmung des Bundesrats. Wahlgesetz 8 1 Abs. 4. Es sind dies 
geringe Reste der Zuständigkeit, welche der Bundesrat bisher in elsaß- 
lothringischen Landesangelegenheiten gehabt hat, gleichsam Zeichen 
der Erinnerung, daß Elsaß-Lothringen noch immer Reichsland ist. 
3. Der Kaiserliche Statthalter. Diese Institution beruht 
auf dem Gesetz vom 4. Juli 1879; der Statthalter ist in elsaß-lothrin- 
gischen Angelegenheiten an die Stelle des Reichskanzlers getreten (siehe 
oben S. 228). Der Statthalter ist wie der Reichskanzler ein Minister 
des Kaisers und hinsichtlich des Wartegeldes und der Pension finden 
auf ihn die für den Reichskanzler geltenden gesetzlichen Vorschriften 
und Etatsbestimmungen Anwendung’). Das Gesetz vom 4. Juli 1879 
bestimmt aber ferner im 8 1, daß der Kaiser landesherrliche 
Befugnisse, welche ihm kraft Ausübung der Staatsgewalt in Elsaß- 
Lothringen zustehen, dem Statthalter übertragen kann. Die Befugnisse 
1) Ges. v. 30. Dez. 1871 (Gesetzbl. 1872, S. 49) 8 9. 
2) Reichsges. v. 28. April 1886. (Reichsgesetzbl. S. 129). Dieses Gesetz ist durch 
das RG. v. 31. Mai 1911 nicht aufgehoben worden.
	        
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