Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

248 8 68. Das Reichsland. Die Organisation des Reichslandes. 
sowie auch der Reichskanzler sich durch die Staatssekretäre der ober- 
sten Reichsämter im Reichstage vertreten lassen kann. Diese Praxis 
hat ihren Grund in dem Umstande, daß der Statthalter zugleich 
landesherrliche Befugnisse auszuüben hat. Durch diese Praxis wird 
aber das Recht des Statthalters, an den Verhandlungen des Landtages 
sich persönlich zu beteiligen, nicht ausgeschlossen !). 
So wenig es für den Reichskanzler ein Verantwortlichkeitsgesetz 
gibt und eine Anklage desselben wegen seines politischen Verhaltens 
zulässig ist, ebensowenig ist dies hinsichlich des Statthalters der Fall. 
Es kann auch durch L.andesgesetz eine solche Einrichtung nicht ge- 
troffen werden, da dadurch mittelbar die reichsgesetzlich begründete 
Machtbefugnis des Kaisers, z. B. hinsichtlich der Abberufung eines 
Statthalters, beschränkt und verändert werden würde. 
e) Die Jlandesherrlichen Befugnisse sind ihrem Um- 
fange nach gesetzlich nicht bestimmt; sie werden dem einzelnen Statt- 
halter für seine Person durch eine vom Reichskanzler gegengezeichnete 
kaiserliche Verordnung verliehen ($ 3 Abs. 1). Insoweit der Statthalter 
Befugnisse des Staatsoberhauptes ausübt, handelt er nicht mit der 
Verantwortlichkeit eines Ministers, sondern in der rechtlichen Qualität 
des Staatsoberhaupts selbst, ähnlich wie ein Regent, d. h. frei von 
konstitutioneller Verantwortlichkeit. Aus diesem Grunde sind seine 
Verordnungen vom Staatssekretär gegenzuzeichnen, welcher dadurch 
die Verantwortlichkeit übernimmt ($ 3 Abs. 2). Eine Vertretung des 
Statthalters in diesen Angelegenheiten ist unzulässig. Von den lan- 
desherrlichen Befugnissen, welche dem Statthalter verliehen werden, 
sind zu unterscheiden diejenigen, nach den französischen Gesetzen 
dem Staatsoberhaupt vorbehaltenen Akte, welche nach dem Gesetz 
vom 30. Dezember 1871 8 18 durch kaiserliche Verordnung den Zentral- 
oder Bezirksbehörden, also event. dem Statthalter, übertragen wurden. 
Die Uebertragung landesherrlicher Befugnisse auf Grund des Gesetzes 
vom 4. Juli 1879 und 31. Mai 1911 läßt den Charakter der Geschäfte 
als Akte des Staatsoberhauptes unverändert, während eine Uebertragung 
auf Grund des 8 18 die Geschäfte von der Zuständigung des Ober- 
hauptes loslöst und in Geschäfte der Behörden umwandelt. Jene ist 
eine persönliche Ermächtigung, diese eine institutionelle. Der $ 18 
zit. steht daher noch in Geltung. 
f} Die pekuniäre Ausstattung des Statthalters ist gesetzlich nicht 
geregelt; sie wird durch den Etat bestimmt. Nur hinsichtlich des 
Wartegeldes und der Pension ist der Statthalter durch das Reichsgesetz 
vom 28. April 1886 (Reichsgesetzbl. S. 129) dem Reichskanzler gleich- 
gestellt. Landesgesetzlich kann dies nicht abgeändert werden und ist 
für die Aufstellung des Landesetats maßgebend. 
4. Der Staatssekretär und das Ministerium für Elsaß- 
1) Vgl. die Erklärung des Regierungsvertreters im Kommissionsbericht S. 19.
	        
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