Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

8 70. Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete. 305 
schen Schutztruppe sind geregelt durch die Verordnung des Reichs- 
kanzlers vom 7. September 1910 (Kolonialbl. S. 787). 
Oberster Kriegsherr der Schutztruppen ist der Kaiser !); 
sie sind dem Reichskanzler unterstellt, welcher mit der er- 
forderlichen Anzahl von Offizieren und Beamten das Oberkom- 
mando der Schutztruppen bildet. Im Schutzgebiete steht dem Go u- 
verneur die oberste militärische Gewalt zu; er kann die Schutz- 
truppe nach eigenem Ermessen sowohl im ganzen wie in ihren ein- 
zelnen Teilen zu militärischen Unternehmungen verwenden. An der 
Spitze der einzelnen Schutztruppe steht der Kommandeur, welcher für 
die Leistungsfähigkeit, Disziplin, Ausbildung der Truppe verantwort- 
lich ist?). Die Bearbeitung der Angelegenheiten der Schutztruppen 
gehört zum Ressort des Reichskolonialamts ?). Auf Grund des Ge- 
setzes vom 7. Juli 1896 Art. VI hat der Reichskanzler am 25. Juli 1898 
unter Aufhebung aller entgegenstehenden Bestimmungen »Organi- 
satorische Bestimmungenfürdie kaiserlichen Schutz- 
truppen in Afrika« erlassen, welche die jetzt geltenden Vor- 
vorschriften zusammenfassen ®). 
Schutztruppen bestehen jetzt in Ostafrika, Südwestafrika und Ka- 
merun’); die Umwandlung der Polizeitruppe in Togo in eine Schutz- 
truppe ist nicht erfolgt °). 
Die Polizeitruppen unterscheiden sich von den Schutz- 
truppen dadurch, daß sie von den Gouverneuren angeworben, von 
ihnen auf die verschiedenen Bezirke verteilt und den Behörden der 
Zivilverwaltung unterstellt sind; sie dienen im wesentlichen 
zur Durchführung polizeilicher Maßregeln ’). Sie bestehen in allen 
Schutzgebieten, auch in denjenigen, in welchen Schutztruppen er- 
richtet sind. Die Polizeitruppe in Kamerun ist seit 1909 militärisch 
organisiert und der Schutztruppe ist eine Polizeistammkompagnie: zur 
Ausbildung der Polizeisoldaten angegliedert worden). 
In Kiautschou bestehen vollkommen andere militärische Ein- 
richtungen. Es besteht dort eine militärische Besatzung, welche einen 
Bestandteilderkaiserlichen Marine bildet undiin ober- 
1) Gesetz vom 22. März 1891 und 18. Juli 1896, 8 1. 
2) Verordnung vom 16. Juli 1896 (Kolonialbl. S. 477; Zimmermann II, S. 251). 
3) Verordnung vom 20. August 1896 (Kolonialbl. S. 551; Zimmermann II, S. 269). 
Vgl. auch den Erlaß vom 18. August 1897 (Kolonialbl. S. 510; Zimmermann II, S. 355). 
4) Sie sind abgedruckt bei Zimmermann III, S. 49 ff. 
5) Die Stärke und Organisation der einzelnen Schutztruppen ist aus den Etats 
für die Schutzgebiete zu ersehen und wird nach Maßgabe der Etatsgesetze jährlich 
festgestellt. 
6) Vgl. die Erläuterung zum Etat für Togo für 1900 zu Titel 3 der Ausgaben. 
7) Vgl. den Gouvernementsbefehl vom 1. Februar 1892 betreffend die Teilung 
der Schutztruppe von Ostafrika in eine eigentliche Schutztruppe und Polizeitruppe 
bei Riebow S. 354 ff. 
8) Vgl. Sassen S. 55.
	        
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