Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

8 70. Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete. 317 
zwecken; auch ist den Gesellschaften die rechtliche Möglichkeit ge- 
geben, statutenmäßig eine Nachschußpflicht der Mitglieder zu begrün- 
den. Das Gesetz vom 15. März 1888, 8 8 stellt zwei Erfordernisse 
auf!). Die Gesellschaft muß den Erwerb und die Verwertung von 
Grundbesitz, den Betrieb von Land- oder Plantagenwirtschaft, den Be- 
trieb von Bergbau, gewerblichen Unternehmungen und Handelsge- 
schäften in den Schutzgebieten?) zum ausschließlichen Gegen- 
stand ihres Unternehmens haben, und sie muß ferner ihren Sitz ent- 
weder im Reichsgebiet oder in einem deutschen Schutzgebiete oder 
in einem Konsulargerichtsbezirk haben. Den unter diese Kategorien 
fallenden Gesellschaften kann vom Bundesrat die Persönlichkeit 
erteilt werden, wenn sie ein dem $ 9 des Gesetzes entsprechendes 
Statut haben und dieses vom Reichskanzler genehmigt ist; sie 
unterliegen der Aufsicht des Reichskanzlers, dessen einzelne Befug- 
nisse in das Statut aufzunehmen sind ?). Den Gläubigern haftet für 
alle Verbindlichkeiten der Kolonialgesellschaft nur das Vermögen der- 
selben. 
Die Errichtung von Aktiengesellschaften oder von Gesellschaften 
mit beschränkter Haftung zum Zweck kolonialer privatwirtschaftlicher 
Unternehmungen ist durch das Gesetz vom 15. März 1888 selbstver- 
ständlich nicht ausgeschlossen. 
XIV. Endlich hat hinsichtlich der kirchlichen Verhält- 
nisse das Schutzgebietsgesetz $ 14 bestimmt, daß den Angehörigen 
der im Deutschen Reich anerkannten Religionsgemeinschaften in den 
Schutzgebieten »Gewissensfreiheit und religiöse Duldung« gewährleistet 
werden. Es fügt hinzu, »daß die freie und öffentliche Ausübung dieser 
Kulte, das Recht der Erbauung gottesdienstlicher Gebäude und der 
Einrichtung von Missionen der bezeichneten Religionsgemeinschaften 
keinerlei gesetzlicher Beschränkung noch Hinderung unterliegen«. 
Hierdurch sind aber die allgemeinen gesetzlichen Befugnisse der 
Behörden zu polizeilichen Sicherheitsmaßregeln usw. nicht ausge- 
schlossen. Dahin gehören z. B. die baupolizeilichen und gesundheits- 
  
1) Durch das Reichsgesetz vom 2. Juli 1899 (Reichsgesetzbl. S. 365) ist die Fas- 
sung der $$S 8 und 10 des Gesetzes vom 15. März 1888 abgeändert worden. Diese 
Bestimmungen sind in die Redaktion des Schutzgebietsgesetzes vom 10. September 
1900, 8 11 fg. aufgenommen. 
2) Oder in dem Hinterland eines deutschen Schutzgebietes oder in sonstigen 
dem Schutzgebiet benachbarten Bezirken. Schutzgebietsgesetz $ 11, Abs. 2. 
3) Ebenda 8 13. Karl Lehmann, Die Statuten der deutschen Kolonialgesell- 
schaften (Zeitschr. für das ges. Handelsr. Bd. 53, S. 1ff.).. Decharme, Compagnies 
et Societes coloniales allemandes. Paris 1903. Besondere Bestimmungen werden den 
Eisenbalhngeseilschaften bei Erteilung der Konzession vorgeschrieben. Vgl. z.B. für 
die ostafrikanische Eisenbahngesellsch. das Statut im RGBl. 1904, S. 339 ff. Der Ge- 
sellschaft „Deutsche Ostafrikanische Bank“ in Berlin, mit der Hauptniederlassung in 
Daressalam ist das Recht zur Ausgabe von Banknoten verliehen worden. Kon- 
zession des Reichskanzlers vom 15. Januar 1905 (Kolonialbl. S. 132).
	        
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