Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

8 75. Das Bankwesen. 141 
Reichspost eine Anstalt des Reiches in der Art ist, daß der Reichsfiskus 
als der Prinzipal derselben durch alle ihre Geschäfte berechtigt und ver- 
pflichtet wird, ist die Reichsbank eine vom Reichsfiskus verschiedene 
selbständige juristische Person des Privatrechts. Das Reich ist an der- 
selben nur als das geschäftsführende Mitglied beteiligt‘. Das Vermögen 
der Reichsbank ist demnach nicht Reichsvermögen und die Geschäfte 
der Reichsbank sind in allen privatrechtlichen Beziehungen nicht als 
Geschäfte des Reiches, sondern als Geschäfte einer Privatperson anzu- 
sehen. Die demReiche zustehende Verwaltungstätigkeit 
beider ReichsbankistnichtVerwaltung eigener, son- 
dernVerwaltung fremder Geschäfte und dadurch von der 
eigentlichen Finanzverwaltung des Reiches wesentlich verschieden und 
tatsächlieh von ihr getrennt. Allerdings geschieht diese Verwaltung 
fremder Geschäfte zugleich im eigenen Interesse des Reiches, da der 
Reichsfiskus an dem Ergebnisse derselben mit einer bedeutenden Quote 
beteiligt ist. 
Eine Folge hiervon ist, daß zwischen dem Reichsfiskus und der 
Reichsbank alle denkbaren vermögensrechtlichen Verhältnisse bestehen, 
insbesondere obligatorische Verträge geschlossen werden können, wäh- 
rend dies zwischen der Reichspost und dem Reiche unmöglich ist, da 
der Reichsfiskus und der sogenannte Postfiskus identisch sind. Ja, die 
Reichsbank kann sogar vom Reiche besteuert werden, was in der Tat 
geschieht. Die Konstituierung der Reichsbank als selbständiger Person 
des Privatrechts hat die weitere Folge, daß obrigkeitliche Rechte ihr 
ganz und gar fehlen und die Reichsbankbehörden zur Ausübung von 
irgendwelchen Hoheitsrechten durchaus unzuständig sind, während 
solche Rechte der Post- und Telegraphenbehörde in gewissem Umfange 
zustehen. Endlich beruht auf diesem Charakter der Reichsbank die 
Tatsache, daß die Reichsbank hinsichtlich ihrer Geschäfte dem allge- 
meinen Recht fast ganz und gar unterworfen ist, und daß nur in einigen 
Punkten Abweichungen von demselben anerkannt sind, welche das 
singuläre Recht der Reichsbank bilden. 
II. Juristische Natur und Verfassung der Reichsbank. 
Die Reichsbank entspricht dem Begriff der Aktiengesellschaft. 
Der Kernpunkt dieses Rechtsinstituts besteht in dem Grundkapital 
und der Haftung desselben für die Verbindlichkeiten der Aktiengesell- 
schaft. Auch die Reichsbank hat ein Grundkapital von 180 Mil- 
lionen Mark, welches in 40 000 Anteile von je 3000 Mark und 60000 An- 
teile von je 1000 Mark geteilt ist?). Die Anteile lauten auf Namen. Die 
1) Vgl. Bd. 1, S. 401 ff. 
2) Das Grundkapital betrug ursprünglich 120 Mill. Mk.; das Gesetz vom 7. Juni 
1899 hat die 60000 Anteile zu 1000 Mk. hinzugefügt. Von diesen ist die eine Hälfte 
bis zum 31. Dezember 1900, die andere bis zum 31. Dezember 1905 zu begeben. Die 
Erhöhung ist hauptsächlich erfolgt zur Erweiterung der Lombardgeschäfte der Bank;
	        
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