Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

152 & 76. Das Münzwesen. 
staaten betriebenen in Reichsverwaltung übernommen, sondern es hat 
gesetzlich den Grundsatz sanktioniert, daß die Reichsmünzen auf den 
Münzstätten der Bundesstaaten, welche sich dazu bereit 
erklären, ausgeprägt werden!). Auch ist der Privatindustrie die Aus- 
prägung nicht freigegeben worden; das Monopol der Bundesstaaten ist 
vielmehr anerkannt und durch eine sehr strenge Strafandrohung gegen 
Verletzung geschützt). 
Eine Verpflichtung einzelner Staaten, Münzanstalten zu betreiben 
und Reichsmünzen auf denselben anzufertigen, besteht nicht; die Aus- 
prägung wird nur denjenigen Staaten übertragen, welche sich zur Ueber- 
nahme derselben bereit erklären. Die Errichtung von Münzstätten 
steht aber jedem deutschen Staate frei, auch denjenigen, welche bei 
Erlaß des Münzgesetzes keine Münzstätten hatten °). 
2. Die Münzstätten müssen die Münzen genau nach den vom Reich 
aufgestellten Vorschriften ausprägen, sowohl in Beziehung auf Gewicht 
und Feingehalt, als auch hinsichtlich der Form, der Inschriften und 
Verzierungen, der Ränder usw. Soweit diese Vorschriften nicht durch 
Reichsgesetz erteilt sind, hat der Bundesrat dieselben zu erlassen *). 
Jedes Münzstück muß mit dem Münzzeichen versehen sein’). Auf den 
Goldmünzen und auf den Silbermünzen über 1 Mk. ist auf der einen 
Seite der Münzen (Avers) das Bildnis des Landesherrn bzw. das Hoheits- 
zeichen der freien Städte mit einer entsprechenden Umschrift anzu- 
bringen ®). 
Welche Landesherren auf den Münzen abzubilden seien, ist in 
den Münzgesetzen nicht bestimmt; es versteht sich von selbst, daß 
jede Münzanstalt mit dem Bildnis des Landesherrn prägt, dem sie an- 
gehört ’); die Fassung der Gesetze läßt es aber zu, daß eine Münzan- 
1) Gesetz vom 4. Dezember 1871, 8 6, Abs. 1. Münzgesetz $ 7, Abs. 1. 
2) Das Strafgesetzbuch $ 146 bedroht mit Zuchthaus nicht unter 2 Jahren 
Jeden, der inländisches oder ausländisches Metallgeld „nachmacht“, ohne zu unter- 
scheiden, ob das nachgemachte Geld dem echten an Gehalt gleichsteht, oder ob es 
hinter ihm zurückbleibt. Es bestraft die Privatherstellung vollwertigen Geldes (so- 
genannte Nachprägung) ganz so wie die eigentliche Münzfälschung. 
3) Anwendung von dieser Befugnis hat Hamburg gemacht, welches seit Be- 
ginn des Jahres 1875 eine Münzstätte in Betrieb gesetzt hat. 
4) Münzgesetz 8 4—6. 
5) Das Münzzeichen besteht in einem großen lateinischen Buchstaben; die für 
die einzelnen Münzstätten bestimmten Buchstaben richten sich nach der im Art. 6 
der Reichsverfassung festgestellten Reihenfolge der Staaten, so daß die Buchstaben 
A, B, C den drei preußischen Münzstätten, D Bayern, E Sachsen usw. zukommen. 
Bundesratsbeschluß vom 7. Dezember 1871, Ziff. 1 und vom 16. Oktober 1874. 
6) Münzgesetz 8 5, Abs. 1. 
7) Mit der Souveränität der deutschen Staaten hat das Bildnis der Fürsten 
auf den Münzen nichts zu tun; diejenigen Staaten, welche keine Münzstätten haben, 
sind genau ebensosehr oder ebensowenig souverän wie die andern. Eher könnte man 
das Bildnis der Landesherren mit der Ausübung des Münzmonopols in Verbin- 
dung bringen. Die volkstümliche Anschauung hat sich freilich seit Jahrhunderten
	        
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