214 8 78. Die Gewerbepolizei.
der Gründe zu eröffnen. Die Entscheidung muß wenigstens in einer
von beiden Instanzen durch eine kollegiale Behörde erfolgen,
welche in öffentlicher Sitzung verhandelt: jedoch kann die Oeffent-
lichkeit unter Anwendung der 88 175—176 des Gerichtsverfassungsge-
setzes ausgeschlossen oder beschränkt werden. Im übrigen sind die
näheren Bestimmungen über die Behörden und das Verfahren in
beiden Instanzen den Landesgesetzen vorbehalten ').
Besondere Vorschriften bestehen überdies für Stauanlagen von
Wassertriebwerken’°), für Privatschlächtereien, für die Anlage und den
Betrieb von Dampfkesseln®) und für die Errichtung oder Verlegung
von besonders geräuschvollen Anlagen‘. Endlich kann für die Er-
richtung von durch Wind bewegten Triebwerken (Windmühlen) die
von benachbarten fremden Grundstücken und von öffentlichen Wegen
inne zu haltende Entfernung durch Polizeiverordnungen der höheren
Verwaltungsbehörden bestimmt werden °).
Ist eine Anlage obrigkeitlich genehmigt, so können die Eigentümer
oder Besitzer benachbarter Grundstücke auf Grund privatrechtlicher
Ansprüche niemals auf Einstellung des Gewerbebetriebes, sondern nur
auf Herstellung von Einrichtungen, welche die benachteiligende Ein-
wirkung auschließen oder, falls dies nicht tunlich ist, auf Schadlos-
haltung Klage erheben °).
2. Zum Betriebe gewisser Gewerbe sind nur diejenigen Personen
befugt, welche eine Approbation auf Grund eines Nachweises der
Befähigung erlangt haben. Eine solche Approbation gilt nicht nur für
1) Die in dem Verfahren vernommenen Sachverständigen sind zur Verschwiegen-
heit über die zu ihrer Kenntnis gekommenen Tatsachen verpflichtet. Gewerbeordnung
21a.
s 2) Gewerbeordnung $ 23, Abs. 1. Essind die landesgesetzlichen Bestim-
mungen in Kraft erhalten.
3) Gewerbeordnung $ 24. Die allgemeinen polizeilichen Bestimmungen, im
Gegensatz zu den in Kraft erhaltenen bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vor-
schriften der Einzelstaaten, sind vom Bundesrat zu erlassen. Dieselben sind ergan-
gen am 5. August 1890 (Reichsgesetzbl. S. 163 ff.), welche an die Stelle der älteren
Vorschriften getreten sind. Wer eine der in den $$ 16 und 24 erwähnten Anlagen
ohne die erforderliche obrigkeitliche Genehmigung errichtet oder die wesentlichen
Bedingungen der Genehmigung nicht innehält, wird mit Geldstrafe bis zu 300 Mark
oder Haft bestraft. 8 147, Ziff. 2. Auch kann die Polizeibehörde die Wegschaffung
der Anlage oder die Herstellung des den Bedingungen entsprechenden Zustandes
derselben anordnen.
4) Gewerbeordnung 8 27. Es ist bei der Genehmigung in Betracht zu ziehen,
ob in der Nähe der gewählten Betriebsstätte Kirchen, Schulen, öffentliche Gebäude,
Krankenhäuser oder Heilanstalten vorhanden sind, deren bestimmungsmäßige Benüt-
zung eine erhebliche Störung erleiden würde.
5) Gewerbeordnung $ 28. Ueber die Zuständigkeit der Behörden und die Form
des Erlasses entscheiden die Landesgesetze.
6) Gewerbeordnung 8 26. Ueber das Verhältnis dieser Anordnung zu älteren
landesgesetzlichen Anordnungen vgl. das Urteil des Reichsgerichts vom 20. Mai 1884.
Entscheidungen in Zivilsachen Bd. 11, S. 183 ff.