Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

8 81. Die Medizinal- und Veterinärpolizei. 283 
ten über die Anwendung und Ausführung der gesetzlich zulässigen 
Schutzmaßregeln zu erlassen. Auch können die obersten Landesbe- 
hörden oder mit deren Ermächtigung die höheren Polizeibehörden 
weitergehende Vorschriften innerhalb der Schranken dieses Gesetzes 
anordnen. Vor Erlaß solcher Vorschriften sind Vertretungen der be- 
teiligten Berufsstände zu hören. Im übrigen liegen die Anordnung 
und Durchführung der Bekämpfüngsmaßregeln den Landesregierungen 
und deren Organen ob'). Die Ueberwachung der Ausführung des Ge- 
setzes liegt dem Reichskanzler ob; er hat insbesondere, wenn die 
Seuche im Auslande in einem für den inländischen Viehbestand be- 
drohlichen Umfang auftritt, die beteiligten Bundesstaaten zur Durch- 
führung der erforderlichen Abwehrmaßregeln zu veranlassen ($ 4, 
Abs. 1 und 2). Nur für den Fall, daß die Seuche in einer solchen 
Gegend des Reichsgebiets oder in solcher Ausdehnung auftritt, daß von 
den zu ergreifenden Maßregeln notwendig die Gebiete mehrerer 
Bundesstaaten getroffen werden müssen, ist die Zuständigkeit des Reichs 
über die regelmäßigen Grenzen erweitert. In einem solchen Falle 
hat der Reichskanzler oder ein von ihm bestellter Reichskom- 
missar für Herstellung und Erhaltung der Einheit in der seitens 
der Landesbehörden zu treffenden oder getroffenen Maßregeln zu 
sorgen und das Erforderliche anzuordnen, auch nötigenfalls die Landes- 
behörden unmittelbar mit Anweisung zu versehen. (8 4, Abs. 3). 
2. Eingreifende Bestimmungen enthält bereits das Gesetz des Nord- 
deutschen Bundes vom 7. April 1869 (Bundesgesetzbl. S. 105) in Betreff 
der Maßregeln gegen die Rinderpest?. Das Gesetz ver- 
pflichtet und ermächtigt die Verwaltungsbehörden der Bundesstaaten, 
wenn die Rinderpest in ihrem Gebiete oder in einem an das Bundes- 
gebiet angrenzenden oder mit demselben in direktem Verkehr stehenden 
Lande ausbricht, alle Maßregeln zu ergreifen, welche geeignet sind, die 
Einschleppung und Weiterverbreitung der Seuche zu verhüten und die 
Seuche zu unterdrücken, und gibt im 8 2 eine Aufzählung solcher 
Maßregeln. Das Gesetz begründet eine Anzeigepflicht ($ 4) und eine 
Pflicht der Einwohner von der Rinderpest betroffener Orte zur Unter- 
stützung der Behörden bei Ausführung der polizeilichen Maßregeln 
($ 5), sowie die Verpflichtung der Bundesregierungeu zur Meldung und 
Berichterstattung an die Reichsregierung ($ 9, 11) und zur gegenseitigen 
Hilfsleistung ($ 13). Zur Durchführung der Absperrungsmaßregeln ist 
militärische Hilfe zu requirieren; die Kommandobehörden haben den 
1) An die Stelle der Landesbehörde treten die Militärbehörden rücksichtlich 
der eigenen Viehbestände der Militärverwaltung. Auch können den Vorständen der 
landesherrlichen und Staatsgestüte und der tierärztlichen Lehranstalten, sowie mit 
Zustimmung des Reichskanzlers anderen Anstalten von ähnlicher Art von den Landes- 
regierungen die gleichen Befugnisse rücksichtlich aller dort aufgestellten Viehbe- 
stände übertragen werden. Gesetz $ 3. 
2) Das Gesetz ist zum Reichsgesetz erklärt worden und im ganzen Reichsge- 
biet in Kraft getreten.
	        
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