8 73. Das Post- und Telegraphenwesen. 93
Beschädigung oder die verzögerte Beförderung oder Bestellung her-
beigeführt worden ist:
a) durch die eigene Fahrlässigkeit des Absenders ') oder
b) durch die unabwendbaren Folgen eines Naturereignisses?) oder
c) durch die natürliche Beschaffenheit eines Gutes.
Es fällt ferner die Haftung der Postverwaltung für teilweisen Ver-
lust der beförderten Güter fort, wenn der Verschluß und die Ver-
packung der Postsendung bei der Aushändigung an den Empfänger
äußerlich unverletzt und zugleich das Gewicht mit dem bei der
Einlieferung ermittelten übereinstimmend gefunden wird’).
4. Das Postgesetz schließt die Haftung der Postverwaltung aus,
wenn der Verlust, die Beschädigung oder Verzögerung auf einer aus-
wärtigen*), Beförderungsanstalt sich ereignet hat, für welche die Post-
verwaltung nicht durch Vertrag die Ersatzleistung ausdrücklich über-
nommen hat’), und verpflichtet nur die deutsche Postanstalt, bei wel-
cher die Einlieferung erfolgt ist, dem Absender Beistand zu leisten,
wenn er seine Ansprüche gegen die auswärtige Beförderungsanstalt gel-
tend machen will °).
5. Der Frachtführer ist verpflichtet, das Frachtgut dem rich-
tigen Adressaten auszuhändigen; er muß also die Identität derjenigen
Person, welcher er die Güter Ausliefert, mit dem Adressaten resp. ihre
Legitimation zur Vertretung der letzteren prüfen‘). Für die Post be-
steht auch in dieser Hinsicht ein abweichendes Recht; sie ist nur ver-
pflichtet, das Formular zum Ablieferungsschein oder den Begleitbrief
dem Adressaten regelmäßig auszuliefern und darauf zu achten, daß
dieser Schein mit dem Namen des Adressaten versehen werde, da-
gegen braucht sie weder die Echtheit der Unterschrift und des etwa
1) Dahin gehören insbesondere äußerlich nicht erkennbare Mängel der Verpackung;
ferner unrichtige Adressierung usw.
2) Postgesetz $ 11. Der Einredebeweis der Postverwaltung muß dreierlei um-
fassen: 1. das Naturereignis, 2. den Kausalzusammenhang zwischen demselben und
der Beschädigung des Postfrachtguts, 3. daß diese Folge nach Lage des konkreten
Falles unabwendbar gewesen ist.
3) Postgesetz 87. Vgl. Wolff S.147; Mittelstein S.4öff. Ueberdies wird
im $ 7 die Rechtsvermutung aufgestellt, daß wenn die Sendung ohne Erinne-
rung angenommen worden ist, Verschluß und Verpackung unverletzt und das
Gewicht mit dem bei der Einlieferung ermittelten übereinstimmend gewesen seien.
Die Vermutung kann durch Gegenbeweis widerlegt werden. Urteil des Reichsober-
handelsgerichts vom 2. Dezember 1874. Entscheidungen Bd. 17, S. 126.
4) D.h. außerdeutschen. Die Postverwaltungen des Reiches, Bayerns und
Württembergs haften für einander.
5) Dies ist geschehen durch den Vertrag mit Oesterreich-Ungarn Art. 43, Abs. 1
(Reichsgesetzbl. 1873, S. 25); ferner für eingeschriebene Sendungen, Briefe mit Wert-
angabe und Pakete durch den Weltpostvertrag, Art. 8.
6) Postgesetz 8 6, Abs. 3, Ziff. c. Schott S. 553.
7) Das Postgesetz 8 50, Ziff. 7 ermächtigt den Reichskanzler, Anordnungen über
die Art der Bestellung der durch die Post beförderten Gegenstände zu treffen.
Diese Vorschriften sind in der Postordnung $ 39fg. enthalten.