$ 104. Die Militärverwaltung. 119
schließen, erfolgt die Bestellung der militärischen Mitglieder und deren
Stellvertreter, beziehentlich die Feststellung der Reihenfolge, in welcher
sie zu den Gerichtssitzungen berufen werden, vor dem Beginn des Ge-
schäftsjahres!),. Sämtliche Gerichte sind Kollegialgerichte, in welchen
jeder Richter eine Stimme hat; zu einer jeden dem Angeklagten nach-
teiligen Entscheidung, welche die Schuldfrage betrifft, ist eine Mehr-
heit von zwei Dritteilen der Stimmen erforderlich 2. Als Richter kön-
nen nur Offiziere im aktiven Dienst, welche seit mindestens einem
Jahre dem Heere oder der Marine angehören, mitwirken °).
7. Die Zuständigkeit und Zusammensetzung der erkennenden Ge-
richte ist folgende:
a) Die Standgerichte. Sie sind zuständig für die Strafsachen
der niederen Gerichtsbarkeit‘) und bestehen aus drei militärischen
Richtern, und zwar einem Stabsoffizier, einem Hauptmann und einem
Oberleutnant >).
b) Die Kriegsgerichte. Sie sind zuständig in erster Instanz
für die Verhandlung und Entscheidung in den nicht zur Zuständig-
keit der Standgerichte gehörigen Strafsachen und in zweiter Instanz
über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urteile der Standgerichte®).
Sie bestehen aus fünf Richtern, nämlich einem Kriegsgerichtsrate und
vier Offizieren, wenn jedöch der Gerichtsherr nach den Umständen
des Falles annimmt, daß auf Todesstrafe oder auf Freiheitsstrafe von
mehr als sechs Monaten zu erkennen sei, so ist das Kriegsgericht mit
zwei Kriegsgerichtsräten und drei Offizieren zu besetzen. Die Rang-
klassen, denen die militärischen Richter angehören müssen, richten
sich nach dem Range des Angeklagten‘). In der Hauptverhandlung
hat der rangälteste Offizier den Vorsitz; dagegen führt der dienstälteste
Kriegsgerichtsrat die Verhandlungen‘).
c) Die Oberkriegsgerichte entscheiden in zweiter Instanz
über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urteile der Kriegsge-
richte in erster Instanz’). Sie werden bei den Generalkommandos
und bei dem Oberkommando der Marine gebildet und bestehen aus
sieben Richtern, nämlich zwei Oberkriegsgerichtsräten und fünf Offi-
zieren, deren Rang sich ebenfalls nach dem des Angeklagten be-
stimmt !°).
1) 8 41, 53, 68. Vgl. auch $ 88. Die Bestellung erfolgt vom Gerichtsherrn;
ist jedoch der Angeklagte ein General, so erfolgt die Berufung der militärischen
Richter durch den zuständigen Kontingentsherrn, im Felde durch den Kaiser.
Hinsichtlich der Admirale und der Generale der Marine erfolgt die Berufung durch
den Kaiser. $ 18, Abs. 4.
2) 8 323.
3) 8 40. Sanitätsoffiziere, Ingenieure des Soldatenstandes und obere Militär-
beamte sind an Stelle der Offiziere des niedrigsten Dienstgrades zu berufen, wenn
der Angeklagte einer dieser Klassen angehört. 8 55.
4) 5 45, 5) $ 38. 6) 8 62. 7) $ 49—51, 54, 57.
8) 8 61. 9) 8 65, Abs. 1. 10) 8 65, Abs. 2—67.