8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht. 185
Offizieraspirant zur Offizierwahl stellen. Die Wahl erfolgt durch das
Offizierkorps des Landwehrbataillens, welchem der Aspirant angehört;
falls er aber zum Dienst einberufen ist, durch das Offizierkorps des
Truppenteils. Nur diejenigen Offizieraspiranten werden zur Wahl ge-
stellt, welche mit ihrer Beförderung zum Offizier sich schriftlich
einverstanden erklären, die Charge eines Vizefeldwebels oder
Vizewachtmeisters bekleiden und den gedachten Vermerk im Ueber-
weisungsnationale haben!). Die gewählten Offizieraspiranten werden
hierauf dem Kontingentsherrn durch den Landwehrbezirkskomman-
deur auf dem Waffendienstwege mittelst Gesuchsliste in Vorschlag ge-
bracht?) und geeignetenfalls zu Offizieren des Beurlaubtenstandes
ernannt’).
Die Dienstpflichten der Reserve- und Landwehroffiziere
sind im allgemeinen nicht analog denjenigen der Berufsoffiziere, son-
dern denjenigen der Mannschaften des Beurlaubtenstandes, d. h. sie
sind im Frieden nur verpflichtet zur Meldung des Wohnungswechsels,
zur Gestellung zu Kontrollversammlungen und zur leilnahme an
Uebungen‘). Hinsichtlich der Meldungen besteht nur die aus dem
Rangverhältnis sich ergebende Modifikation, daß sie nicht an den Be-
zirksfeldwebel, sondern an das Landwehrbezirkskommando zu richten
sind). In betreff der Kontrollversammlungen gilt für die
Vizefeuerwerker, Vizemaschinisten ernannt werden, wer sich zu solcher Beförderung
eignet. — Offizieraspiranten, welche nach dem Ausfall der Uebung das Einverständnis
des Truppenbefehlshabers nicht erlangen, dürfen im nächsten Jahre zu einer erneuten
Uebung eingezogen werden.
1) Die näheren Anordnungen über die Wahl sind enthalten in der Heerordnung
$ 47; Marineordnung 8 57. Bemerkenswert ist darunter besonders der Satz: „Gewählt
dürfen nur diejenigen ÖOffiziersaspiranten werden, welche bei ehrenhafter Gesinnung
eine dem Ansehen des Offizierstandes entsprechende Lebensstellung besitzen.“
2) Offizieraspiranten des Beurlaubtenstandes dürfen zu Reserve offizieren nur
dann in Vorschlag gebracht werden, wenn dieselben sich schriftlich ver-
pflichtet haben, nach event. Ernennung noch mindestens drei Jahre in der
Reserve zu verbleiben; zu Landwehr offizieren dürfen sie nur in Vorschlag ge-
bracht werden, wenn sie sich schriftlich verpflichtet haben, eine
besondere Uebung bis zur Dauer von acht Wochen bei Linientruppenteilen abzuleisten.
Heerordnung $ 48, Ziff. 3 u. 4. — Die besonderen Verpflichtungen der Offiziere
werden also nicht — nach der von Meyer und anderen aufgestellten Theorie —
durch eine Verfügung des Staates, sondern durch einen Willensakt des Wehrpflich-
tigen begründet.
3) Analoge Vorschriften gelten für die Unterärzte, welche Sanitätsoffiziere
(Assistenzärzte) des Beurlaubtenstandes werden wollen. Verordnung über die Orga-
nisation des Sanitätskorps vom 6. Februar 1873, $ 12. Ebenso sind analoge — im
einzelnen jedoch vielfach abweichende — Vorschriften über die Ergänzung: und Aus-
bildung der Seeoffiziere des Beurlaubtenstandes ergangen durch die Verord-
nung vom 2.Juni1874, an deren Stelle jetzt die Marineordnung $ 55ft.
getreten ist.
4) Die Dienstverhältnisse der Offiziere des Beurlaubtenstandes sind geregelt
durch die Heerordnung $ 51ff. und die Marineordnung $ 61 ff.
7 5) Wehrordnung $ 114, Ziff. 10; Heerordnung $ 51, Ziff. 2; Marineordnung $ 61,
if. 1, 8.